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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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einziges Mal Eure Voreingenommenheit beiseite und bedenkt die sachlichen Fragen. Womit sollen die Falken unterwegs ernährt werden?»
    Auf Margarets Wangen bildeten sich rote Flecken. «Mit Tauben, Möwen, Schafen und Fisch!»
    Wayland hatte den Hühnerhabicht vergessen. Unversehens flatterte der Vogel heftig mit den Flügeln und zog damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. Der Fleischgeschmack hatte ihm die Angst genommen. Er stürzte sich gierig auf die Taubenbrust, die Wayland mit in den Palas genommen hatte, riss mit dem Schnabel Fleischbrocken ab und würgte sie angestrengt hinunter.
    Wayland hatte in enger Verbundenheit mit der Natur gelebt und schätzte an jeder Situation schnell ihre Gefährlichkeit ein. Der Blick des Franken, zugleich bohrend und gleichgültig, wies ihn als äußerst gefährlich aus. Der Grieche dagegen stellte keinerlei Bedrohung dar. Seine hervortretenden Augen erinnerten Wayland an einen schreckensstarren Hasen.
    «Der Falkner», verkündete Olbec.
    «Ich hatte einen älteren Mann erwartet», sagte Vallon.
    Olbec setzte sich auf. «Er ist kräftig und kann unglaublich gut mit Tieren umgehen. Dieser Hühnerhabicht zum Beispiel. Er hat ihn erst vor ein paar Tagen gefangen, und schon lässt er sich füttern wie eine Haustaube. Ich schwöre, dass dieser Bursche Tiere verhexen kann.» Der Graf trank schlürfend von seinem Ale. «Wenn irgendjemand die Gerfalken sicher an ihren Bestimmungsort bringen kann, dann ist er es.»
    «Weiß er denn, was ein Gerfalke ist?», fragte Hero.
    Drogo stieß ein verächtliches Lachen aus. «Selbst wenn er es wüsste, könnte er es nicht sagen. Er ist nämlich stumm wie ein Fisch.»
    «Es stimmt, dass er nicht sprechen kann», sagte Olbec. «Elfen oder dergleichen haben ihm die Zunge gestohlen, als er noch im Wald lebte. Walter hat ihn gefangen, als er flussaufwärts jagte. Die Jagdhunde haben ihn vor einer Höhle umgerannt. Er war in Felle und Federn gekleidet und sah mehr nach einem Tier als nach einem Christenmenschen aus.»
    Hero riss die Augen auf. «Wie lange hat er in der Wildnis gelebt?»
    «Das weiß nur Gott. Vermutlich seit seiner Geburt.»
    «Von Wölfen gesäugt», stieß Hero aus. «Nennt Ihr ihn Romulus?»
    «Romulus? Wir nennen ihn Wayland, weil dieser Name in ein Holzkreuz geschnitzt war, das er um den Hals trug. Ein dänischer Name, aber englisch geschrieben. Er hatte einen Hund bei sich. Ein schauriges Vieh, so groß wie ein Bullenkalb. Er hat ihn immer noch. Ein erstklassiger Jagdhund. Und dieses Biest ist genauso stumm wie er.»
    Drogo wandte sich an Hero. «Weil er ihm die Stimmbänder durchgeschnitten hat, damit er ihn nicht verraten konnte, wenn er unsere Rehe gewildert hat. Wenn ich ihn erwischt hätte, wäre er noch viel mehr losgeworden als seine Zunge.»
    «Und warum hat Walter Gnade vor Recht ergehen lassen?», fragte Hero an Olbec gewandt.
    «Ah», sagte Olbec, der es offensichtlich genoss, diese Geschichte zu erzählen. «Walter meinte, das Ganze wäre wie ein Bild aus einem Märchen gewesen. Als er den Hunden nachritt, hatte er erwartet, dass sie einen Wolf gestellt hätten. Doch stattdessen saßen sie im Kreis um den Jungen. Er hatte sie verzaubert.»
    «Und seine Bestie hatte dem Rudelführer die Kehle herausgebissen. Man hätte sie der Meute zum Fraß vorwerfen sollen.» Drogos Kopf fuhr herum. «Seht Ihr? Ganz gleich, wie lange man einen Wolf füttert, er will immer zurück in den Wald. Bei Gott, sieh mich noch einmal so an, und ich lasse dich auspeitschen.»
    Wayland senkte den Blick. Sein Herz raste.
    «Schau mich an», sagte Hero. «Wayland, schau mich an.»
    «Tu, was er verlangt», befahl Olbec.
    Langsam hob Wayland den Kopf.
    Hero runzelte die Stirn. «Er versteht, was wir sagen.»
    Olbec rülpste. «Es gäbe keinen Grund, ihn hier durchzufüttern, wenn er nicht nur stumm, sondern auch noch taub wäre.»
    «Ja, aber wenn er einmal gesprochen hat, wird er das wohl auf Englisch oder Dänisch getan haben. Trotzdem versteht er Französisch, und das muss er in Eurem Haus gelernt haben.»
    «Wo denn sonst?»
    «Was ich sagen will, ist, dass er die Fähigkeit zum Erlernen einer Sprache besitzt, obwohl er nicht sprechen kann.»
    «Wen kümmert das?», fuhr Margaret dazwischen. «Sagt ihm, was er zu tun hat.»
    Olbec streckte seinen Becher zum Nachfüllen vor. «Hör genau zu, Wayland. Sir Walter, dein Herr, wird von Barbaren in einem fremden Land gefangengehalten. Du musst ihm seine Freundlichkeit vergelten, indem du dabei

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