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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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beziehungsweise linker Seite, die übrigen männlichen Gäste gegenüber, und die Damen um ein Ende der Tafel. Zwei Bedienstete liefen mit Getränken und Appetithäppchen umher, und die Gäste stellten fest, dass sie zwischen Bier, Kwas und vier unterschiedlichen Honigweinen wählen konnten. Dann trug ein Zug Diener die Hauptgerichte auf, und die Geladenen staunten nicht schlecht. Da gab es ein geröstetes Spanferkel, Platten mit Wildbret, Gebäck und Pasteten, Hecht und Lachs in Aspik, Schalen mit Kaviar und Sauerrahm, ein halbes Dutzend Brotsorten, einschließlich Weizenbrote, deren Korn aus dem Süden kam, und ein besonderer Auflauf, der mit Honig und Mohnsamen abgeschmeckt war.
    Während die Gäste ihre Wahl trafen, zog Vasili seine Tischnachbarn ins Gespräch. Er sah die Männer direkt an, erkundigte sich nach ihren Aufgaben und ihrer Stellung und machte ausführliche Bemerkungen, wenn ihre Erfahrungen seine eigenen berührten. Er war ein Mann von Welt, und er liebte die Ferne. Er hatte sein Vermögen durch den Handel erworben; im Süden mit Kiew und Byzanz, mit Deutschland, Polen und Schweden im Westen, und im Osten mit Arabien und Persien. Zweimal war er nach Konstantinopel gereist, und als junger Mann hatte er Handelsgeschäfte mit arabischen Karawanen in Bolgar an der Wolga betrieben.
    Während seine Gäste speisten, hörte er sich Heros Bericht von ihrer Reise und ihren Plänen an.
    «Und mit wie vielen Reisenden werdet ihr das Unternehmen fortsetzen?»
    «Wenn die Wikinger mitkommen, sind wir ungefähr ein Dutzend.»
    Vasili legte eine beringte Hand auf Vallons Arm. «Verehrter Gast, es gefällt mir gar nicht, aber ich muss Euch sagen, dass Euer Vorhaben unmöglich ist. Der Frühsommer, wenn der Dnjepr durch die Schneeschmelze mehr Wasser führt, ist die einzige Zeit, in der die Straße zu den Griechen befahren werden kann. Jetzt ist der Wasserstand auf der nördlichen Strecke zu niedrig für Schiffe. Ihr wartet besser bis nächstes Jahr. Oder, natürlich, Ihr verkauft Eure Waren hier.» Er warf einen Blick auf Wayland, bevor er sich wieder an Vallon wandte. «Ich glaube, mein Verwalter hat erwähnt, dass die Falken rasch an einen meiner arabischen Kunden verkauft werden könnten. Er ist sehr reich.»
    Vallon beobachtete Wayland, der an einem Brocken Schweinefleisch kaute. Er schien der Einzige unter den Gästen zu sein, auf den Vasilis Charme keine Wirkung hatte.
    «Die Falken sind der Anlass für unsere Reise nach Süden. Man könnte sogar sagen, dass nicht wir sie mitnehmen, sondern sie uns dorthin führen.»
    «Hero hat gesagt, dass vier Falken zur Auslösung gefordert werden. Ihr habt sechs. Verkauft mir zwei, einschließlich des erwachsenen weißen Vogels.»
    «Nein», sagte Wayland, ohne dabei auch nur aufzusehen.
    Vallon funkelte ihn an, bevor er lächelte und Vasili entgegnete: «Wir können es uns nicht erlauben, uns auch nur von einem der Falken zu trennen. Wir haben schon zwei an der Küste des Weißmeeres verloren, und in den Wäldern waren wir kurz davor, alle aufgeben zu müssen. Wenn wir hier mit sechs Falken abreisen, schätze ich mich glücklich, mit vier in Anatolien anzukommen.»
    Vasili zog seine Hand zurück. «Dann werde ich dieses Thema nicht mehr ansprechen.» Er tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab.
    Danach war die Atmosphäre etwas angespannt, und Vallon wechselte schnell das Thema. «Wie stehen die Angelegenheiten in Rus?»
    Vasili winkte einen Bediensten weg, der ihm eine Pastete angeboten hatte. Dann neigte er sich zu Vallon und sagte mit gesenkter Stimme: «Nicht gut. Ich bedaure, dass Ihr in einer besonders schlechten Zeit in meinem geliebten Vaterland angekommen seid. Unter Großfürst Jaroslav – Gott behüte seine Seele – war die Föderation vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer geeint. Jaroslav wurde ‹Der Weise› genannt, aber auf seinem Totenbett muss er wohl den Verstand verloren haben. Bevor er starb, hat er das Reich unter seinen fünf Söhnen aufgeteilt. Die drei ältesten haben ein Triumvirat gebildet – und das ist das instabilste aller Bündnisse, sei es in der Liebe, im Krieg oder in Staatsangelegenheiten. Und noch ein Gift bedroht das Reich. Und zwar Vseslav von Polotsk, ein Außenseiter. Er ist der Urenkel Vladimirs des Heiligen. Vseslav ist ein Magier und ein Werwolf. Ihr lächelt, aber ich kenne den Mann und kann beschwören, dass er der Zauberkunst mächtig ist.»
    Vasili nippte an seinem Becher. «Vor fünf Jahren hat das Triumvirat Vseslav in

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