Der Thron der Welt
gesegelt, durch die Wälder des Nordens gezogen, und haben namenlose Flüsse bewältigt. Wer braucht schon einen Lotsen?»
Am nächsten Morgen arbeiteten Hero und er sich am Kai entlang, fragten in jeder Herberge, jedem Gasthaus und jeder Garküche nach. Die Antwort war stets ein glattes Nein oder ein Kopfschütteln. Einmal sahen sie den Zöllner, doch er verzog sich, bevor sie ihn ansprechen konnten. Zur Mittagszeit waren sie zurück im Haus und teilten sich in dem staubigen Palas etwas Brot und Wein. Ein Ruf des russischen Haushälters kündigte Besuch an.
Ihr Besucher war ein Sklavenjunge, der ihnen auf Griechisch erklärte, dass sein Meister, Fyodor Antonovich, vor der Treppe wartete und sie in Geschäftsangelegenheiten zu sprechen wünsche.
«Er soll heraufkommen», sagte Vallon und zu Hero, der übersetzt hatte, «du übernimmst das Reden.»
Bald ertönte ein Keuchen auf der Treppe, und ein kleiner, fetter Mann tauchte auf, dem die Bestechlichkeit aus jeder Pore zu triefen schien. Seine schwarzen Augen und Hängebacken verstärkten den Eindruck von Unzuverlässigkeit noch. Sein Blick wanderte zwischen Hero und Vallon hin und er, als wolle er entscheiden, wen von beiden er übers Ohr hauen sollte.
«Chairete, o philoi.»
«Kyrie, chaire»
, gab Hero zurück.
«Empros.»
Fyodor schob sich in den Raum. «Ich habe gehört, dass Ihr einen Empfehlungsbrief von meinem geschätzten Freund Herrn Vasili von Nowgorod habt.»
«Es stimmt, dass wir mit seinen guten Wünschen nach Süden reisen.»
Fyodor nahm Heros Hand und küsste sie. Mit zitternden Fettwangen tat er das Gleiche bei Vallon. «Jeder Freund meines teuren Freundes Herr Vasili ist auch
mein
Freund.»
Hero deutete auf die Bank. «Bitte.»
Fyodor ließ sich vorsichtig nieder. «Man hat mir gesagt, Ihr seid auf dem Weg nach Konstantinopel, könnt aber keinen Lotsen finden.»
Hero zuckte mit den Schultern. «Wir haben mit der Suche gerade erst angefangen.»
Fyodor sah an ihm vorbei. Vallon stand am Fenster, sein Gesicht lag im Schatten. «Wie viele Kämpfer habt Ihr?»
«Ein Dutzend.»
«Erfahrene Krieger?»
«Bis zum letzten Mann hartgesottene Kämpfer.»
Fyodor warf erneut einen Blick auf Vallons hagere Gestalt.
Hero beugte sich vor. «Vielleicht wärt Ihr so freundlich uns mitzuteilen, wo sich unsere Interessen überschneiden.»
«Natürlich, natürlich.» Fyodor tippte sich an die Stirn. «Ich habe eine Ladung erstklassiger Sklaven nach Konstantinopel zu bringen. Die Sklaven sind aus Petschora, das liegt weit im Nordosten, und sie sind nicht rechtzeitig in Kiew angekommen, um mit der Sommerflotte mitsegeln zu können. Um nur drei Tage haben sie die Flotte verpasst.»
«Wie ärgerlich.»
Fyodor sah Hero mit leidvoller Miene an. «Eine Katastrophe.»
«Ach?»
Wie sich herausstellte, war durch dieses Missgeschick ein umfangreiches Handelsgeschäft ins Stocken geraten. Die Sklaven sollten an einen Geschäftspartner in Konstantinopel gehen. Für den Erlös hatte Fyodor geplant, Seidenstoffe und Ikonen zu erwerben und sie an den Kiewer Adel zu verkaufen. Er breitete die Arme aus. «Versteht Ihr nun, vor welchem Problem ich stehe? Bevor ich die Sklaven verkauft habe, kann ich die Seidenstoffe nicht einkaufen.»
«Warum verkauft Ihr die Sklaven nicht in Kiew? Hier erzielt Ihr möglicherweise keinen so hohen Preis wie in Konstantinopel, aber einen Gewinn macht Ihr bestimmt.»
«Es ist kompliziert», sagte Fyodor. «Sehr kompliziert.» Einen Moment lang ruhte sein Blick auf dem Weinkrug. Er seufzte. «Ich habe die Sklaven mit Geld erworben, das ich mir bei meinem byzantinischen Partner geliehen habe. Es handelt sich um einen kurzfristigen, hochverzinsten Kredit. Ich hatte vor, ihn innerhalb von sieben Monaten zurückzuzahlen, eben sobald die Sklaven in Konstantinopel angekommen wären. Zusammen mit dem Gewinn aus dem Verkauf der byzantinischen Waren habe ich mir eine gute Rendite ausgerechnet. Aber wegen dreier Tage sind aus den sieben Monaten zwölf geworden, und wenn ich auf die Handelsflotte des nächsten Jahres warten muss, verdiene ich achtzehn Monate lang keinen Penny. Und stellt Euch vor, was ich am Ende für Zinsen zahlen muss. Außerdem muss ich natürlich für den Unterhalt der Sklaven aufkommen. Wenn ich sie nicht diesen Monat losschicke, bin ich ruiniert.»
«Ihr wollt also, dass wir Eure Fracht nach Konstantinopel begleiten.»
«Es wäre in beiderseitigem Interesse.»
«Über wie viele Sklaven reden wir?»
«Einunddreißig.
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