Der Thron der Welt
den Sattel. «Die Trappen. Los, komm mit.»
Sie galoppierten zu dem Hügelkamm, über den die Trappen geflogen waren. Die Tücke dieser Wildnis aus endlosen, weiten Ebenen bestand darin, dass es keine Landmarken gab, an denen man sich orientieren konnte. Wenn man auch nur eine kurze Strecke in irgendeine Richtung zurücklegte, stellte man beim Umdrehen fest, dass die Stelle, die man sich ganz genau hatte merken wollen, unauffindbar mit der Landschaft verschmolzen war.
Wayland versuchte, beim Reiten den Falken nicht ganz aus dem Blick zu verlieren. Er schien ihm zu folgen, aber so etwas wusste man nie genau. Als sie den Hügelkamm erreicht hatten, sprang er vom Pferd und gab Syth die Zügel. «Pass auf den Falken auf. Lass ihn nicht aus den Augen. Gib Bescheid, wenn er weiter wegfliegt.»
Er musterte das Gelände, und sein Mut sank. Flache Steppe mit kniehohem Gras, so weit das Auge reichte. Beim ersten Mal war er schon mitten in dem Trappenschwarm gewesen, als die Vögel aufflogen, und wenn sein Pferd nicht beinahe auf eines der Tiere getreten wäre, dann hätte er zwischen den am Boden sitzenden Vögeln hindurchreiten können, ohne überhaupt zu bemerken, dass sie da waren.
Er watete durch das Gras. Als er die Trappen zuletzt gesehen hatte, waren sie anscheinend dabei gewesen, sich wieder niederzulassen, aber Wildvögel landeten gewöhnlich weiter weg, als man erwartete, und dann liefen sie noch ein Stück auf dem Boden, um Fressfeinde irrezuführen, die sie beobachteten. Wayland sah zum Himmel auf. Der Falke kreiste im Suchflug über ihm. Sein bedrohlicher Umriss würde die Trappen dazu bringen, wie festgeschmiedet im Gras sitzen zu bleiben. Wayland streifte weiter herum, spähte in alle Richtungen. Wenn er nur den Hund dabeihätte.
Dann begann er herumzurennen, weil er hoffte, die Trappen so aufscheuchen zu können. Zuerst lief er methodisch im Geviert, doch je länger nichts passierte, desto zufälliger und verzweifelter wurde seine Laufstrecke. Dann hörte er Syth rufen, und er sah, dass der Falke Höhe gewonnen hatte und außer Sicht zu gleiten drohte. Schluchzend vor Enttäuschung fiel Wayland auf die Knie und musterte das Gras in Augenhöhe, und der Falke über ihm war kaum noch auszumachen.
Da sah Wayland eine kurze Bewegung. Links von ihm. Er ließ seinen Blick zu der Stelle wandern. Da war es wieder – eine Trappe hob den Kopf. Er musste mitten in dem Schwarm sitzen.
Er schaute zum Himmel auf. Der Falke war nicht mehr zu sehen. Sosehr er es auch versuchte, er konnte ihn nicht mehr erkennen. Er stand auf, drehte sich zu Syth um, breitete die Arme aus und deutete dann zum Himmel hinauf. Auch sie breitete die Arme aus, um zu signalisieren, dass der Falke verschwunden war.
Enttäuscht vergrub Wayland das Gesicht in den Händen und taumelte einen Schritt nach rechts. Er trat beinahe auf eine unsichtbar im Gras kauernde Trappe. Der Vogel flog auf, und wieder erhob sich der große Schwarm mit lärmendem Flügelklatschen. Wayland sah ihn in der Ferne kleiner werden und stöhnte.
Doch da ließ ein winziges Geräusch seinen Nacken prickeln. Der Ton wurde lauter, ein langgezogenes, flehendes Seufzen, das sich in ein durchdringendes Rissgeräusch von solcher Schärfe verwandelte, dass man glauben konnte, das Himmelszelt würde zerrissen. Waylands Blick zuckte gerade noch rechtzeitig nach oben, um den weißen Falken mit einer Geschwindigkeit, die jede Entfernung auslöschte, wie einen Eiskometen niederstoßen zu sehen. Direkt über ihm breitete der Vogel die Schwingen wieder aus und stabilisierte sich in der Luft, um seinen Angriff genau auszurichten. Im einen Augenblick waren die Trappen eine Viertelmeile vor dem Falken, im nächsten jagte er schon mitten durch den Schwarm hindurch, sodass die Nachzügler panisch nach rechts und links flüchteten. Der Falke beachtete sie nicht. Er hatte seine Beute schon in dem Moment ausgewählt, in dem sie aufgeflogen war, und nichts konnte ihn davon ablenken.
Wayland war zu weit weg, um den Aufprall zu hören, mit dem der Falke auf sein Ziel traf. Die Trappe stürzte, einen Schwanz aus Innereien hinter sich herziehend, zur Erde. Der Falke schoss noch mehr als hundert Fuß weiter, bevor er wendete und niederfegte, um seine Beute endgültig zu töten.
Wayland gab Syth mit einer Geste zu verstehen, dass sie zurückbleiben sollte. Auch jetzt standen seine Chancen, den Falken wieder einzufangen, noch sehr schlecht. Wayland schätzte, dass der Beutevogel kaum mehr als zwei
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