Der Thron der Welt
Felskehle. «Kommen wir dort mit Pferden rauf?»
«Ja, wenn wir uns anstrengen.»
Vallon legte die gefalteten Hände an die Lippen. Die anderen warteten.
«Wenn wir die Späher töten, verbessern wir unsere Chancen», sagte Drogo.
Vallon schüttelte den Kopf. «Bis wir die Pferde dort hinaufgeschafft, uns um die Späher gekümmert haben und wieder zurück sind, ist es hell.» Er sah Wayland an. «Beschreib uns, wie die Stelle aussieht, an der sie auf der Lauer liegen.»
«Wo die Schlucht endet, senkt sich das Klippenplateau zum Fluss hin. Die Furt liegt am Fuß des Abhangs in einer Flussbiegung. Man sieht sie vom Fluss aus nicht, bis man unmittelbar davor ist.»
«Haben sich die Kumanen an der Furt gesammelt?»
«Ja.»
«Keine weiteren Kampfkräfte im Umkreis?»
«Nur die Spähposten.»
«Gibt es eine Stelle unterhalb der Furt, an der ein Boot landen kann?»
Wayland zögerte. «Das Ufer ist so flach, dass man beinahe überall ein Boot an Land ziehen könnte.»
Vallon ging zum Ufer des Flusses. Als er sich umdrehte, blickte er in ein Dutzend angespannter Mienen. «Wir haben nicht viel Zeit, also nehmt ihr entweder meinen Plan an, oder wir steigen in die Boote und fangen an zu rudern.» Er hielt inne und durchdachte sein Vorhaben im Einzelnen. «Also. Ich nehme fünf Reiter. Drogo, Fulk, Tostig, Olaf und Wulfstan. Wir führen die Pferde in der Felskehle hinauf. Wenn wir oben auf dem Klippenplateau sind, fährt unten der Konvoi auf dem Fluss los. Wir töten die Späher und sichern die Schiffe bis kurz vor der Furt ab. Während sie durchfahren, fallen wir den Kumanen, die dort auf der Lauer liegen, in den Rücken.»
Drogo lachte bloß.
Vallon beachtete ihn nicht. «Im Dunkeln wissen sie nicht, wer ihr Gegner ist. Wir verbreiten so lange Panik und Verwirrung, bis der Konvoi vorbeigerudert ist. Dann reiten wir flussabwärts, und Wayland nimmt uns ins Boot. Wir werden die Pferde verlieren, aber das ist nicht zu ändern.»
Drogo trat einen Schritt vor. «Das ist nicht dein Ernst. Sechs gegen hundert?»
«Es werden mehr als hundert sein, bis wir angreifen.»
Wayland hatte für die Wikinger und Isländer übersetzt. Wulfstan zog seinen Gürtel hoch und spuckte aus. «Ich würde lieber mit einem Schwert in der Hand sterben, als in einem Boot zu sitzen, während hundert Bogenschützen mit mir als Ziel Schießübungen veranstalten.» Er musterte Vallon aus leicht zusammengekniffenen Augen. «Aber denkt dran, das kostet Euch noch ein Pfund Silber und ein paar Becher Honigwein. Zahlbar im Voraus.»
Vallon lachte. «Einverstanden.»
Caitlin schob Tostig und Olaf vor. «Sie reiten mit dir.» Dann baute sie sich vor Drogo auf und beschimpfte ihn auf Nordisch.
Er sah Vallon an. «Was sagt sie?»
Vallon zuckte mit den Schultern. «Du hast geschworen, sie zu beschützen. Sie möchte wissen, wie du das anstellen willst, wenn du mit einem Paddel in der Hand mitten auf dem Fluss sitzt.»
Drogos Kiefer arbeiteten. «Ich und Fulk suchen uns unsere Pferde selbst aus. Die meisten sind ohnehin nur noch für den Schindanger gut.»
Wer genügend Kraft hatte, half, die Pferde auf die Klippen hinaufzuschieben. Vallon war schweißgebadet, als sie es endlich geschafft hatten. Bis auf Wayland schickte er alle wieder zum Fluss hinunter, die nicht zu seiner Reitergruppe gehörten. Es war eine Erleichterung, aus der Schlucht heraus zu sein, weg von dem fauligen Gestank des Flusses, der Vallon an seinen Kerker erinnerte. Tief atmete er den Geruch taubenetzter Erde ein. Eine Flotte weißer Wolken segelte über das nächtliche Himmelsmeer. Alles unterhalb des Horizonts war tiefschwarz, mit Ausnahme eines Lagerfeuers, das draußen in der Steppe brannte. Es war unmöglich zu sagen, ob es eine Meile oder einen halben Tagesritt entfernt war.
Wayland deutete auf eine Felsspitze, die über den Fluss ragte. «Dort sind die Späher, links vom höchsten Punkt.»
Vallon prägte sich die Stelle ein. «Schieß einen Pfeil ab, wenn die Boote losfahren. Und weil wir euch von hier oben aus nicht im Blick behalten können, gibst du uns mit dem Horn ein Signal, kurz bevor ihr bei der Furt seid. Auf dieses Signal hin greifen wir an, also achte auf den richtigen Moment. Falls du uns unterhalb der Furt nicht am Ufer siehst, fahrt ihr weiter.»
Wayland verzog das Gesicht. «Ihr meint doch nicht …»
«Doch, das meine ich. Entweder sind wir dort, oder wir sind tot. Hero wird entscheiden, wie es mit der Expedition weitergeht. Folge seinem Befehl
Weitere Kostenlose Bücher