Der Thron der Welt
Flügel. Drogo hielt die Beine seines Bruders fest.
Hero wusste nicht genau, auf welcher Höhe die Pfeilspitze steckte. Seine Hand zitterte, als er die Klinge auf die Haut aufsetzte. Doch er musste entschlossen arbeiten. Seine Hand wurde ruhig. Dann zog er einen kräftigen, schrägen Schnitt mitten durch den Bluterguss. Er spürte, wie die Klinge auf Knochen traf. Blut spritzte empor. Richards Körper wollte sich aufbäumen.
Hero streckte die Hand aus. «Wasser.»
Caitlin reichte ihm ein Tuch, das mit kaltem Flusswasser durchtränkt war. Vorsichtig betupfte er damit die Schnittwunde, doch sie hörte nicht auf zu bluten.
«Noch ein Tuch.»
Schließlich gelang es ihm, die Blutung fast vollständig zu stoppen. Darauf zog er die Wundränder auseinander, wischte sie ab, und sah das helle Schimmern eines Rippenknochens, bevor erneut Blut darüberlief.
«In dem Knochen ist eine Fraktur. Die Pfeilspitze muss direkt dahinter sitzen.»
«Hast du sie gesehen?»
«Nein. Ich muss danach tasten.»
Er drückte die Skalpellspitze links neben der Fraktur zwischen die Rippen und zog die Klinge nach rechts. Doch er war nicht tief genug vorgedrungen, und musste einen zweiten Versuch machen. Blut lief über seine Hände. Dieses Mal spürte er einen Widerstand.
«Ich glaube, ich habe sie gefunden.»
Er sondierte noch einmal, dieses Mal von rechts nach links, bis die Klinge hängen blieb. Hoffnung keimte in ihm auf.
«Die Pfeilspitze klemmt zwischen den Rippen.»
«Wie willst du drankommen?»
«Ich muss die Rippen aufbrechen.»
Vallon zuckte zusammen. «Die Schmerzen wären mehr, als ein Mensch ertragen kann. Lass mich versuchen, sie vom anderen Ende aus durchzuschieben.»
«Aber seid vorsichtig. Der Schaft steckt in der Lunge. Er wird brechen, wenn Ihr zu stark schiebt.»
Vallon nahm den Pfeil dicht an der Eintrittswunde und drückte, zuerst sanft, dann mit mehr Kraft. Richard schrie auf wie ein gequältes Tier.
«Er bewegt sich nicht.»
Hero wischte das Blut ab. «Versucht, ihn ganz leicht zu drehen.»
Erneut kam ein mitleiderregender Schrei von Richard.
«Ich glaube, er kommt», sagte Hero. «Dreht weiter. Die Ränder der Pfeilspitze sind vermutlich umgebogen.
Vallon ließ sich zurücksinken. «Verdammt.»
«Was?»
«Der Schaft hat sich von der Spitze gelöst. Ich kann ihn ganz einfach drehen.»
«Dann lasst ihn so, wie er ist», sagte Hero. Er spülte den Schnitt aus und sah eine schmale Stahlzunge zwischen den Rippen herausragen. «Ein Teil ist durch. Genug, um ihn zu fassen zu bekommen. Aber ich muss noch einen Schnitt setzen.»
Er machte einen zweiten Einschnitt parallel zu den Rippen. Er wischte sich den Schweiß weg, der ihm in die Augen zu laufen drohte, und suchte sich eine Zange aus. Erneut säuberte er die Schnitte, packte mit der Zange die Pfeilspitze und zog. Die Zange glitt ab. Er versuchte es ein halbes Dutzend Mal, bekam die Spitze aber nicht richtig zu fassen. Bei jedem Versuch schrie Richard laut auf.
«Ich rutsche immer ab.»
Vallon streckte die Hand aus. «Lass es mich versuchen.»
Hero spreizte die Wundränder, um ihm die Stahlspitze so freizulegen wie möglich, und saugte mit einem feuchten Tuch das Blut weg.
«Ich hab sie», sagte Vallon. Sein Kinn zitterte vor Anspannung. Er zog, und Richard schrie. Er zog so fest, dass er rückwärts wegkippte, als die Zange abrutschte. «Ich habe gespürt, dass sie sich bewegt hat.»
Hero stellte fest, dass nun die Hälfte des Pfeilkopfes zwischen den Rippen herausragte.
«O Gott!», stöhnte Richard. «Lasst mich sterben!»
Hero wischte Richard die Stirn ab. «Sie ist beinahe raus. Noch einmal durchhalten.»
Vallon setzte wieder mit der Zange an, und dieses Mal zog er die Pfeilspitze ganz heraus. Muskeln und Blutgefäße rissen. Arterielles Blut schoss aus der Wunde, und es sah so aus, als würde Richard verbluten, bevor die Umschläge mit kaltem Wasser den Blutfluss stoppen konnten. Er hatte das Bewusstsein verloren, und sein Herz raste wie das eines gefangenen Vogels. Vallon zog den Pfeilschaft aus Richards Rücken, und ein weiterer Blutstrahl spritzte aus dem Körper und versiegte. Hero drehte die verformte Pfeilspitze zwischen den Fingern.
«Du bist tapferer als ich», sagte Vallon. «Und Richard genauso.»
Sie waren schon zurück auf dem Fluss, als Richard wieder zu Bewusstsein kam. Er atmete etwas leichter und konnte schluckweise Wasser trinken. An diesem Abend schlugen sie ihr Lager auf einer Insel weiter flussab auf und wechselten
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