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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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schüttelte ihn wie ein Terrier eine Ratte. Das Messer flog aus Leofrics Hand. Wayland griff in die Nackenfalten des Hundes und versuchte ihn wegzuziehen.
    Nein!
    Er zerrte das bockende Tier, das weiter angreifen wollte, auf den Hinterläufen von dem Köhler weg.
    Lass ihn!
    Der Hund sah Wayland mit blutrünstigem Blick an.
    Lass ihn.
    Lauernd zog sich der Hund zurück. Der Köhler kroch auf den Ellbogen weiter von ihm weg. Wayland folgte ihm und stellte sich mit gezogenem Messer über ihn. Der Köhler sah zu dem Falkner empor, seine Kapuze war verdreht, und der Stoff über seinem Mund wurde mit jedem Atemzug eingesogen und wieder weggepustet. Wayland bückte sich und zog dem Mann die Kapuze vom Kopf. Dann streifte er seine eigene ab. Der Köhler verdrehte die Augen und ließ den Kopf nach hinten fallen.
    Wayland fesselte ihm Hände und Füße und band ihn an einem Baum. Dann zeriss er die Kapuze des Mannes und benutzte die Stoffstreifen, um ihm die Augen zu verbinden und ihn zu knebeln.
    Anschließend machte er sich auf die Suche nach dem Jungen.
     
    Vallon ließ den Blick prüfend rechts und links an den Bäumen entlangwandern. Der Wald war still wie ein Grab. Raul hielt seine Armbrust schussbereit; von Zeit zu Zeit drehte er sich um und ging rückwärts, während er den Weg hinter ihnen kontrollierte.
    «Wie weit sind wir schon gegangen?», fragte Vallon.
    «Mindestens zwei Meilen. Es muss jetzt bald Mitternacht sein.» Raul deutete mit einer Kinnbewegung auf Hero und Richard. «Die beiden sind zum Umfallen müde.»
    «Noch nicht.»
    «Hauptmann, wenn Ihr glaubt, dass uns ein Hinterhalt erwartet, warum führt Ihr uns dann direkt hinein?»
    «Wayland weiß, dass wir diesen Weg nehmen.»
    «Vielleicht sehen wir ihn bis morgen früh nicht mehr. Ihr kennt ihn doch. Vielleicht ist er jagen gegangen. Aber noch wahrscheinlicher hat er sich irgendwo ein gemütliches Plätzchen zum Schlafen gesucht.»
    «Wenn er das gemacht hat, bringe ich ihn um.»
    Sie gingen in der beklemmenden Stille des Waldes weiter.
    «Ich war schon einmal in so einem Wald», sagte Raul. «In der Normandie, mitten im Winter, kurz vor dem Julfest. Ich hatte eine Woche Ausgang und meinen Lohn, und den wollte ich in Rouen ausgeben. Ich bin früh aufgebrochen, aber nachmittags hat es angefangen zu schneien, und ich habe die falsche Abzweigung genommen. Es war ein trüber Tag, der Himmel so schwarz, als sollte gleich das jüngste Gericht stattfinden, und nirgends ein Haus oder eine Menschenseele. Ich kam an einen Wald und folgte einem Weg, der hineinführte. Als es dunkel wurde, war ich immer noch in dem Wald, und meine einzige Orientierung waren die Sterne am Himmel. Und als ich so durch diesen Winterwald ging, hatte ich das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein, also habe ich meine Flöte herausgeholt und mir ein Liedchen vorgespielt, um wenigstens die Musik zur Gesellschaft zu haben. Dann hörte ich auf zu spielen, weil ich das Gefühl bekam, dass ich auf einmal viel mehr Gesellschaft hatte, als mir lieb sein konnte.
    Es waren die Bäume. Es war, als würden sie sich nach mir umdrehen, nachdem ich an ihnen vorübergegangen war. Ich beobachtete sie aus dem Augenwinkel, und ich schwöre, dass sie sich über mir zueinanderneigten. Das war schon schlimm genug, aber dann … Dann berührte etwas meinen Rücken. Ich sprang vor Schreck in die Luft und drehte mich um. ‹Wer ist da?›, habe ich gerufen, aber niemand antwortete. Da war nichts außer Bäumen und Schnee. ‹Beachte die Kobolde und Gespenster einfach nicht, klar?›, habe ich zu mir selbst gesagt. Aber das ist leichter gesagt als getan, Hauptmann. Als ich weiterging, kribbelte mir der ganze Rücken, so sehr rechnete ich mit noch einer Berührung. Tja, es kam keine, aber dafür kam etwas anderes. Ich hörte es auf mich zuschleichen – der Schnee hinter mir knirschte und knarrte.
Knirsch-knarr, knirsch-knarr.
Vor lauter Angst konnte ich keinen Schritt mehr tun. Was immer auch hinter mir gewesen sein mag, blieb ebenfalls stehen. Dieses Mal wagte ich es nicht, mich umzudrehen, denn ich wusste, das Wesen hinter mir hatte Flügel und Hörner und Augen so groß wie Holzteller. Mit schlotternden Knien ging ich weiter, und das Ding folgte mir. Jedes Mal, wenn ich stehen blieb, blieb es auch stehen, und jedes Mal, wenn ich weiterging, folgte es mir.
    Es kam immer näher.
Knirsch-knarr, knirsch-knarr.
Ich ging schneller, dann noch schneller, aber es hielt sich immer ein paar Schritte hinter mir.

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