Der Thron der Welt
Zimmer eine Atmosphäre maßvoll gelebten Wohlstandes. Aaron, angetan mit einem seidenen Gewand und einem Turban, stand bei einem glänzend polierten Tisch, auf dem in einer Schale duftende Rosenblätter lagen. Hinter ihm war eine Feuerstelle in die Wand gemauert, in der wärmende Flammen züngelten. Neben dem geschlossenen Glasfenster zwitscherte ein Goldfinkenpärchen in einem Käfig.
«Bitte», sagte er. «Nehmt Platz.»
«Ich glaube, Ihr habt von meiner Mutter einige Briefe bekommen», sagte Richard.
Aaron strich glättend über ein gerolltes Pergament und ließ es dann wieder zusammenschnellen. «Lady Margaret wünscht Ländereien in der Normandie als Sicherheit für einen Kredit zu verpfänden.»
Richard griff unter seinen Umhang. «Hier habe ich die Urkunden. Nach meinem Verständnis ist der Besitz mehr als dreihundert Pfund wert.»
Aaron legte die Dokumente unters Kerzenlicht auf seinen Schreibtisch. «Auf dem Papier schon, aber ich muss meinen Mittelsmann um eine unabhängige Bewertung bitten.»
«Wie lange dauert das?»
«Schwer zu sagen. Nicht länger als sechs Wochen.»
«Sechs Wochen!»
«Es hängt davon ab, wie die Überfahrt verläuft. Als ich das letzte Mal in die Normandie gefahren bin, musste ich acht Tage auf günstigen Wind warten.»
Richard warf Vallon einen entsetzten Blick zu. «Die Frist für die Zahlung des Lösegeldes rückt immer näher. Das Leben meines Bruders steht auf dem Spiel.»
Aarons dunkler Blick blieb unergründlich. «Der Zustand des Besitzes kann sich inzwischen verschlechtert haben. Ich muss außerdem sicher sein, dass er nicht durch eine Fideikommissbestimmung gebunden ist. Es könnten auch noch andere Grundstücksbelastungen vorliegen.»
Vallon berührte Richards Handgelenk. «Ich bin der Mann, der Lady Margaret die Bedingungen für die Freilassung ihres Sohnes überbracht hat», sagte er. «Es bestehen familiäre Verwicklungen, die Richard aus Verlegenheit nicht zur Sprache bringt. Sir Walter hat einen gleichaltrigen Stiefbruder. Die beiden waren schon immer Konkurrenten. Bevor ich ankam, hatte der Stiefbruder allen Grund zu der Annahme, dass sein Bruder tot ist, sodass er sich selbst für den unangefochtenen Erben hielt.»
«Ich verstehe.»
«Er hat uns bereits einige Steine in den Weg gelegt. Wenn er genügend Zeit hat, wird er versuchen, unser gesamtes Vorhaben zu verhindern.»
Aaron faltete die Hände auf dem Tisch. «Das ist nicht die erste Lösegeldforderung, mit der ich zu tun habe. Und Ihr seid nicht die Ersten, die in einen Familienzwist verwickelt werden. Es tut mir leid, aber das ändert für mich nichts. Wenn alles gutgeht, sollten wir in drei Wochen so weit sein, dass wir den Vertrag besiegeln können.» Er zog die Augenbrauen hoch und sah an seinen Gästen vorbei. «Ja, Moise?»
Sein Sohn murmelte etwas auf Ladino, der spanisch-hebräischen Mischsprache, die von den Sepharden auf der Iberischen Halbinsel gesprochen wurde.
«Entschuldigt mich», sagte Aaron und ging zur Tür.
«Wir können nicht drei Wochen lang warten», flüsterte Richard.
«So lange sind wir vielleicht gar nicht mehr hier», sagte Vallon und beobachtete die beiden an der Tür. Die Unterbrechung kam überraschend. Aaron wirkte beunruhigt, dann niedergeschlagen, doch als er an den Schreibtisch zurückkehrte, war sein Gesichtsausdruck wieder höflich und unergründlich.
«Ein junger Mann hat sich an der Haustür gemeldet – ein Grieche, der hervorragend arabisch spricht. Er behauptet, Euer Diener zu sein.»
Vallon war sicher gewesen, dass der Besucher Drogo oder einer seiner Helfershelfer sein musste, daher brauchte er einen Moment, um diese Mitteilung zu begreifen. «Hero ist nicht mehr mein Diener. Ich habe ihn vor drei Tagen weggeschickt. Nein, ‹weggeschickt› klingt zu hart. Ich habe ihn freigegeben, damit er sein Studium fortsetzen kann.»
Aaron erkundigte sich höflich: «Was studiert er?»
«Medizin. Aber es gibt keinen Wissenschaftszweig, der seine Neugier nicht erregen würde.»
«Soll ich ihn abweisen lassen?»
«Mit Eurer Erlaubnis, es wäre besser, wenn er zu uns stoßen könnte.»
Aaron nickte Moise zu. Kurz darauf trottete Hero ins Zimmer. Er wirkte völlig erschöpft, und seine Augen waren so riesig und schwarz wie die eines Nachtfalters. Richard stieß besorgt die Luft aus und eilte zu ihm. Als Hero Vallon sah, begann er zu weinen. Gerade noch konnte Vallon den Sizilianer daran hindern, vor ihm auf die Knie zu fallen und ihm die Hände zu
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