Der Thron der Welt
dazu. Das ist mein letztes Wort.»
Snorri verzog das Gesicht. «Ihr verhandelt hart. Wie viele von euch sind Seeleute?»
Nur Raul hob die Hand.
«Ist das alles? In der Gegend hier gibt’s keine Männer mit Erfahrung auf dem offenen Meer.»
«Du bist der Schiffsmeister. Die Mannschaft zu finden ist deine Angelegenheit.»
«Kann sein, dass ich ein paar Männer in Humberside kriege. Aber bis dorthin müssen wir auch erst mal kommen.»
«Das schaffen wir schon. Wayland ist stark und sehr geschickt. Und für Richard und Hero finden wir auch eine Aufgabe.»
Snorri scharrte mit dem Fuß auf dem Boden. Dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. «Also, die Herren, morgen geht’s früh los, und ich geh jetzt erst mal schlafen.» Damit verschwand er in seiner Hütte.
«Es ist eine Belohnung auf uns ausgesetzt», sagte Richard. «Traut Ihr ihm?»
«Nein, aber ich glaube, er braucht noch eine Weile, bis er einen Plan ausgebrütet hat. Raul, du gehst morgen mit ihm zur Küste und behältst ihn im Auge. Du wechselst dich mit Wayland ab.»
Mit dem Abend war es kühl geworden. Ein schneidender Ostwind fuhr durchs Schilf. Raul legte noch ein Stück Treibholz aufs Feuer. Alle betrachteten gedankenversunken die im Wind zuckenden Flammen. Hero überlief ein Schauer, der nichts mit der Kälte zu tun hatte.
«Du hast ja Gänsehaut.»
«Ich habe an die Überfahrt gedacht. Wir werden tagelang kein Land sehen.»
Raul nagte an einem Knochen. «Es ist gar nicht so schlimm, wenn man das Kotzen erst mal hinter sich hat.»
Vallon stocherte mit einem Zweig im Feuer herum. Der Wind trug Funken davon. «Wo bist du gesegelt?»
«Auf einem baltischen Sklavenschiff.»
«Bist du auch einmal in Russland an Land gegangen?»
«Wir haben ein paarmal das Küstenland überfallen. Da wohnen lauter Heiden. Ziehen einem bei lebendigem Leib die Haut ab, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen.»
Richard setzte sich empört auf. «Heiden oder nicht, der Sklavenhandel ist ein unwürdiges Geschäft.»
Raul sah ihn unter halbgeschlossenen Lidern heraus an. «Kann sein, lohnt sich aber.» Er deutete mit dem Knochen auf Vallon. «Wo wir gerade davon sprechen, Ihr habt nicht gesagt, was für uns dabei herausspringt.»
«Wir müssen sparsam mit dem Geld umgehen, wenn wir noch ein anderes Schiff mieten und Handelswaren kaufen wollen.» Vallon sah, dass sich Rauls Miene verdüsterte. «Von jedem Gewinn, den wir machen, bekommen du und Wayland ein Zehntel.»
Raul verschluckte sich. «Ihr sagt also, ich und Wayland bekommen ein Zehntel.»
«Jeder von euch. Wenn ihr all die Risiken auf euch nehmt, verdient ihr auch einen ordentlichen Anteil am Gewinn.»
Raul sah Wayland überrascht an.
«Und warum hast du damit aufgehört?», fragte ihn der Falkner.
«Womit aufgehört?»
«Mit dem Sklavenhandel.»
Raul warf den Knochen ins Feuer. «Wir haben Schiffbruch erlitten. Deshalb.»
Snorri brach beim Hellwerden auf und verkündete, in drei Tagen sei er zurück. Vallon und Hero begannen Weidenruten und Binsen zu schneiden, um einen Unterschlupf zu bauen, während sich Wayland daranmachte, das Schilf an dem Wasserlauf abzumähen. Am späteren Vormittag ruderten vier Männer aus den Marschen auf die Insel zu, die zwei Boote mit Wasserfässern und Feuerholz im Schlepp hatten. Die Männer stiegen mit Schaufeln, Hippen und Hacken aus ihrem Boot. Sie grinsten scheu, vermieden es, irgendwem direkt in die Augen zu sehen, und wirkten wenig beeindruckt von der Knochenarbeit, die Vallon von ihnen verlangte.
Um die Mittagszeit nahm Wayland eines der übrigen Boote und machte sich auf den Weg, um Raul abzulösen. Er fand den Deutschen beim Wasserlauf, wo er im Dünengras saß und einen Messergriff schnitzte.
Wayland teilte mit ihm Brot und Käse. Raul schälte eine Zwiebel und aß sie, als wäre sie ein Apfel. Die ersten Schwalben waren zurückgekehrt und jagten übers Wasser. Eine Schar Kormorane zog Richtung Norden auf eine Wolkenbank zu. Es wehte ein frischer Ostwind, doch die Wolken schienen nicht näher zu kommen.
«Island», sagte Raul. «Ein langer Weg, um an ein paar Falken zu kommen.»
«An weiße, die nur Könige und Kaiser halten dürfen.»
«Dass es die überhaupt gibt, glaube ich erst, wenn ich einen sehe.»
Raul hob seine Armbrust und legte auf eine Robbe an, die sich im seichten Wasser sonnte. Wayland legte eine Hand auf die Waffe. Raul senkte die Armbrust. «Wenn du es bis nach Miklagard schaffst, was machst du dann mit deinem
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