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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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Niemand auf dem Schiff rührte sich, und abgesehen von der Stimme in seinem Kopf lag über allem unheilvolles Schweigen. Vallon stand im Bug und sah aufs Meer hinaus. Hero hatte sich wie eine schlaffe Puppe auf den Bauch geworfen. Auf Richards Gesicht lag ein fassungsloser Ausdruck. Da begegnete Raul Waylands Blick, und er spuckte kräftig aus.
    Wayland griff nach dem Dollbord, und beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich daran hochzuziehen. Die Normannen bewegten sich wie Schatten auf dem immer weiter in die Ferne rückenden Ufer. Wayland schüttelte den Kopf und bohrte sich den Finger ins Ohr.
    Es war Drogos körperlose Stimme, die nicht verschwinden wollte.
    «Ihr fahrt allesamt zur Hölle. Euer Anführer heißt nicht Vallon. Sein Name ist Guy de Crion. Er hat seine eigene Frau umgebracht und den Neffen des Herzogs von Aquitanien ermordet. Hört ihr mich? Ihr fahrt allesamt zur Hölle!»

[zur Inhaltsübersicht]
    Nordwärts
    XV
    D ie
Shearwater
trieb im Nebel auf der Gezeitenströmung. Jemand schrie herum. Es war Snorri. Er tobte im Laderaum, stampfte mit den Füßen und schüttelte seine Faust. «Gott», stöhnte Vallon. Er ging ins Heck und stolperte, als das Schiff in der Dünung rollte.
    «Was zum Teufel ist los mit dir?»
    «Dieses Mädchen, Hauptmann. Es muss vom Schiff.»
    «Beruhige dich. Wir setzen sie bei der ersten Gelegenheit an Land.»
    «Nein, nein. Sie ist verhext. Wir kommen nicht von der Stelle, solange sie an Bord ist.»
    Vallon spähte durch den Laderaum. Das Mädchen saß in eine Decke gewickelt zwischen Wayland und dem Hund. Es musste schon ein sehr tapferer Mann sein, der es wagte, sich zwischen sie zu drängen.
    «Was erwartest du denn von mir? Soll ich sie über Bord werfen?»
    Snorri packte Vallon am Ärmel. «Sie kann auf meinem Stechkahn zurückpaddeln.»
    «Den Normannen in die Arme? Bist du wahnsinnig?»
    «Hauptmann, ich schwör’s. Wir sind dem Tod geweiht, wenn wir sie nicht loswerden.»
    «Wir sind dem Tod geweiht, wenn du dieses Schiff nicht in Fahrt bringst.» Mit großer Anstrengung gelang es Vallon, einen versöhnlichen Ton anzuschlagen. «Du bist der Herr über die Segel. Wir verlassen uns auf dich.» Er drückte Snorri die Schulter und setzte leise hinzu: «Keine Sorge. Ich kümmere mich um das Mädchen.»
    Snorri sah ihn mit leiser Hoffnung an. «Versprochen? Das ist ein durchtriebenes Weibsbild.»
    Vallon drehte sich um. «Wayland, an Deck.»
    Wayland stieg herauf und ging Richtung Heck. Vallon hielt ihn auf. «Ihr anderen, hier herüber. Wir setzen Segel.»
    Raul sah lustlos auf. «Wir haben keinen Wind.»
    «Das weiß ich, du Schwachkopf. Aber wir müssen bereit sein, wenn welcher aufkommt.»
    Raul hievte sich auf die Füße. Hero und Richard rappelten sich hoch wie verletzte Insekten.
    «Ihr glaubt, ihr hättet kein bisschen Kraft mehr», sagte Vallon zu ihnen. «Aber ich garantiere euch, dass ihr eure Schwäche augenblicklich vergesst, wenn uns die Normannen angreifen.» Er trat einen Schritt zurück. «Meister Snorri, setz den Mast.»
    Snorri kicherte schrill. «Dazu haben wir nicht genügend Leute.»
    «Was? Wie viele brauchst du denn?»
    «Sechs, um ihn hochzuziehen, vier, um ihn aufrecht zu halten, und zwei, um ihn ins Kielschwein runterzulassen. Hab noch nie gesehen, dass es mit weniger als acht Männern gemacht wurde, und das war in einem Hafen, wo die Leute vom Ufer aus noch mit Seilen geholfen haben.»
    Vallon starrte den Mast an – einen Kiefernstamm von vierzig Fuß Länge und dick wie ein Männerbauch. Sie hatten ein Dutzend Männer gebraucht, um ihn an Bord zu hieven und sein unteres Ende in den Laderaum zu senken. Und nun mussten sie ihn mit halb so vielen Leuten um siebzig Grad aufrichten – und zu diesen Leuten gehörten ein Einarmiger und zwei Jünglinge, die so schwach waren wie Novizen nach einer Fastenwoche.
    «Raul hat Kraft für drei. Irgendwie bekommen wir ihn schon hoch.»
    «Hauptmann, wenn er umfällt, zerschmettert er mein Schiff, und was machen wir dann?»
    Hero trat vor. «Wir könnten den Mast zentriert halten, indem wir zwei Holzschienen längs im Laderaum verzurren.» Er deutete auf die Rah und die Ersatzrah an der Backbordseite. «Die sehen lang genug aus.»
    «Wenigstens einer, der hier seinen Grips einsetzt.» Vallon wandte sich an die Übrigen. «Also, worauf wartet ihr?»
    Raul drehte seine Kappe in den Händen. «Hauptmann, im Ernst, keiner von uns hat seit gestern irgendetwas gegessen.»
    «Gut. Zieht euch etwas Trockenes an und

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