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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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begegnete. Mythor erkundigte sich danach.
    »Es sind Kriegerinnen«, sagte die Stockherrin. »Möglich, daß sie irgendwo gebraucht werden.«
*
    Sie kamen aus der Richtung des Schlundes, und niemand hatte sie kommen sehen.
    Es waren ihrer viele – sie griffen an, ohne zu zögern.
    Dämonen mochten mit ihnen im Bunde sein, daß es gelungen war, die Späher der Nesfar zu überwältigen. So wurde die Überraschung nahezu vollkommen.
    Bevor die Verteidiger sich sammeln konnten, starben etliche von ihnen. Erst dann griffen die Kriegerinnen aus dem Innern des Stockes ein und wendeten das Blatt scheinbar zu ihren Gunsten.
    Die Angreifer zogen sich vor der drohenden Niederlage auf den Felsanker zurück. Dort gab es viele Verstecke, viele Möglichkeiten, das Kriegsglück doch noch zu wenden. In Spalten, Höhlen und Kratern lauerten sie den Nesfar auf, die sich schon bald allein aufs Beobachten beschränkten.
*
    Der Stock war eine eigene kleine Welt, ein Labyrinth, in dem man sich hoffnungslos verirren konnte. Mythor hatte versucht, sich den Weg einzuprägen; er mußte sich eingestehen, daß es ihm nicht gelungen war.
    Immer wieder dachte er an Inscribes letzte Worte. Wovor hatte das sterbende Löwenweib ihn warnen wollen?
    »Traue den Haryien nicht. Geh nicht mit ihnen in ihren Stock. Achte meine Worte, ich weiß, was ich sage. «
    Noch war nichts geschehen, was Anlaß zur Besorgnis gegeben hätte. Im Gegenteil. Asmilai und die Ihren zeigten sich äußerst zuvorkommend.
    Wenn sie den Tod der Menschen wollten, hätten sie das leichter haben können, hätten sie diese keinesfalls in ihren Stock holen dürfen. Schon vier Amazonen konnten es innerhalb der Gänge mit einer Heerschar von Haryien aufnehmen.
    Mythors Bedenken verflogen, als er plötzlich Fronjas Hand auf seinem Arm spürte.
    »Du starrst mich so an«, bemerkte sie überrascht.
    »Weil ich den Eindruck habe, du möchtest mir etwas mitteilen.«
    Fronjas Stimme klang weicher als während der letzten Tage – gelöster. Mythor bemerkte es wohl, indem mußte er seine Aufmerksamkeit wieder Asmilai zuwenden.
    Vor ihnen öffnete sich ein großer Dom. Auf den ersten Blick konnte man meinen, unter freiem Himmel zu stehen, und erst nach und nach erfaßte man die tatsächlichen Gegebenheiten. Da war eine hohe, kuppelförmig gewölbte Decke, die gut vierzig Schritt emporragte, und die jenseitigen Wände blieben hinter knorrigen Bäumen verborgen.
    Nicht, daß sich irgendwo das Grün eines einzigen Blattes gezeigt hätte. Ein toter Wald erwartete Mythor und dessen Begleiter.
    Dürr und abgestorben waren die Bäume, anklagend breiteten sie ihre morschen Äste aus. Nur vereinzelt hingen Rindenfetzen an den zerkratzten Stämmen, ansonsten häufte sich Vogelmist auf ihnen. Auch der Boden war bedeckt davon.
    Der Gestank wurde hier so intensiv, daß Mythor unwillkürlich zurückwich. Nur Asmilais herausfordernder Blick hielt ihn davon ab, sich einfach umzuwenden. Gerrek stöhnte und wedelte mit beiden Händen vor seinen Nüstern.
    Es bedurfte einiger Willensanstrengung, bis man die Ausdünstungen nicht mehr als so abstoßend empfand. Mythor schluckte ein paarmal, dann ging er kurzentschlossen weiter.
    Überall saßen Haryien auf den Bäumen. Sie verhielten sich tatsächlich wie ein großer Vogelschwarm und blickten neugierig zu den Menschen herab. Manche von ihnen hüpften flügelschlagend von Ast zu Ast, die sich unter der Last bedrohlich bogen.
    »Sie warten«, erklärte Asmilai. »Das bevorstehende Fest hat sie angelockt.«
    »Hoffentlich kommen nicht alle«, ächzte Gerrek entsetzt.
    »Nur die Ältesten und Erfahrensten unter den Nesfar genießen das Vorrecht, euch zu begrüßen…«
    »… und der Haryion, nehme ich an«, warf Mythor ein.
    Asmilai erwiderte nichts darauf. Durch ein Kopfnicken bedeutete sie dem Sohn des Kometen, daß man ihr weiter folgen sollte.
    Unwillkürlich rückte die kleine Gruppe enger zusammen. Hoch über ihren Köpfen turnten die Haryien umher. Mythor hatte den Eindruck, daß ihre Zahl rasch anstieg. Er sah auch, daß die Amazonen hin und wieder scheue Blicke in die Höhe warfen. Sie waren bereit zu kämpfen.
    Asmilai führte sie zwischen den Bäumen hindurch auf die andere Seite. Aus der Nähe betrachtet, wirkten die vermeintlichen Stämme wie versteinert. Von unzähligen tiefen Rissen durchzogen, bis weit hinauf mit Schuppen bedeckt, wurde die Ausstrahlung des Fremdartigen offenbar. Das waren keine Gewächse, wie man sie von der Lichtwelt her

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