Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
Hoheit«, sagte Hadrian ironisch. »Habt Ihr wohl geruht?«
»Das war die schlimmste Nacht, die ich je durchgemachthabe«, knurrte Alric durch die zusammengebissenen Zähne. »Dieses elende, feuchte, eiskalte Loch! Mir tut jeder Muskel weh, mein Schädel pocht, und ich kann nicht aufhören, mit den Zähnen zu klappern. Heute reite ich nach Hause. Tötet mich, wenn es unbedingt sein muss, aber sonst wird mich nichts davon abhalten.«
»Ich fasse das mal als ein Nein auf.« Hadrian stand auf, rieb sich energisch die Arme und blickte in den Regen hinaus.
»Warum tust du nicht etwas Nützliches und machst ein Feuer, ehe wir erfrieren?«, knurrte der Prinz, zog sich die dünne Decke über den Kopf und linste darunter hervor wie unter einer Kapuze.
»Ich glaube nicht, dass wir in diesem Keller ein Feuer machen sollten. Wollen wir nicht einfach ins Refektorium hinüberlaufen? Dort können wir uns aufwärmen und gleichzeitig etwas essen. Bestimmt haben sie da ein schönes prasselndes Feuer. Diese Mönche stehen früh auf, sind wahrscheinlich schon seit Stunden dabei, frisches Brot zu backen, zu buttern und Eier einzusammeln, eigens für unsereins. Ich weiß, Royce wollte, dass Ihr Euch versteckt haltet, aber er hat bestimmt nicht damit gerechnet, dass der Winter so früh und so nass kommt. Ich würde sagen, wenn Ihr Eure Kapuze hochschlagt, ist das in Ordnung.«
Der Prinz setzte sich eifrig auf. »Schon ein Raum mit einer Tür wäre besser als das hier.«
»Mag wohl sein«, hörten sie Royce irgendwo draußen sagen, »aber hier werdet Ihr keinen finden.«
Gleich darauf erschien der Dieb mit hochgeschlagener Kapuze und regennassem Mantel, den er, kaum dass er zum Eingang hereingeschlüpft war, ausschlug, wie ein Hund sein Fell trockenschüttelt. Ein Tröpfchenregen ging auf Alric und Hadrian nieder. Sie zuckten zusammen, und der Prinz setzteempört an, etwas zu sagen, tat es aber nicht. Royce war nicht allein. Ihm folgte der Mönch vom Vorabend. Seine wollene Kutte war schwer von Wasser, und das Haar klebte ihm am Kopf. Die blauroten Lippen in seinem blassen Gesicht zitterten, und seine Finger waren so verschrumpelt, als hätte er zu lange gebadet.
»Er hat draußen geschlafen«, sagte Royce, während er sich einen Armvoll Brennholz griff. »Myron, zieh diese Kutte aus. Wir müssen dich trocken kriegen.«
»Myron?«, sagte Hadrian mit einem forschenden Blick. »Myron Lanaklin?« Hadrian meinte den Mönch nicken zu sehen, doch bei dem Zittern war das schwer auszumachen.
»Ihr kennt euch?«, fragte Alric.
»Nein, aber wir hatten schon mit seiner Familie zu tun«, sagte Royce. »Gebt ihm die Decke.«
Alric starrte ihn schockiert an und hielt seine Decke fest.
»Gebt sie ihm«, insistierte Royce. »Es ist seine. Dieser Narr hat uns gestern Abend seinen Unterschlupf überlassen und sich selbst in einer windgepeitschten Ecke des Kreuzgangs verkrochen, wo er beinah erfroren ist.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Alric, der sich jetzt widerstrebend von der Decke trennte. »Warum solltest du draußen im Regen schlafen, wenn doch –«
»Das Kloster ist abgebrannt«, erklärte Royce. »Alles, was nicht aus Stein war, ist weg. Das war kein Innenhof, den wir gestern Abend durchquert haben – es war die Klosterkirche. Die Decke fehlt. Die Nebengebäude sind nur noch Aschehaufen. Das alles hier ist nur noch eine ausgebrannte Ruine.«
Der Mönch schlüpfte aus seiner Kutte, und Alric reichte ihm die Wolldecke. Myron legte sie sich schnell um die Schultern, setzte sich hin, zog die Knie an die Brust und wickelteauch seine Beine ein.
»Und die anderen Mönche?«, fragte Hadrian. »Wo sind die?«
»I-ich ha-habe sie begraben. Hauptsächlich im Garten«, sagte Myron durch die klappernden Zähne. »D-da ist der Bboden weicher. Ich g-glaube nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätten. Wir haben den G-garten alle gemocht.«
»Wann ist das passiert?«
»Vorgestern Nacht«, antwortete Myron.
Selbst schockiert von dieser Nachricht, wollte Hadrian nicht weiter in den Mönch dringen, und so breitete sich Schweigen im Kellergelass aus. Royce schichtete nahe am Eingang ein Feuer aus mehreren Holzscheiten auf und brachte es mit Öl aus der Laterne zum Brennen. Als es loderte, reflektierten die Steinwände die Hitze, und bald wurde es wärmer im Raum.
Lange sagte niemand etwas. Royce stocherte mit einem Stock im Feuer, wendete die glimmenden Scheite, sodass sie Funken spien. Sie saßen da, schauten in die Flammen und lauschten
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