Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
Aufteilung der Hausarbeit, ist oft ausschlaggebend für ihren Bestand. Die große romantische Anfangsverliebtheit können wir alle genießen. Die Bewährungsprobe der Beziehung in der alltäglichen Wirklichkeit hingegen ist ein absoluter Härtetest, auch für unsere Ideale. Die Weisheit der Jungfrau-Venus besteht in der Erkenntnis, dass Liebe auch im Alltag bestehen und sich in ganz konkreten irdischen Lebenssituationen bewähren muss. Der Pragmatismus, mit dem hier Liebesbeziehungen gelebt und bewertet werden, kann ernüchternd, aber auch durchaus wohltuend sein.
Mars in Jungfrau
Hier geht es um den inneren Krieger, die männlich-sexuelle Energie, und im Horoskop der Frau auch um einen Aspekt des Männerbildes, den Geliebten. Mars in Jungfrau ist der geübte Krieger, der sein Handwerk gelernt hat, der viel von Strategie und Berechnung versteht. Das ist kein Ich-kam-sah-und-siegte-Typ wie der Widder-Mars, kein explosiver Blitzkrieger, sondern jemand, der weiß, wie viel Kraft er zur Verfügung hat, und diese einteilt, ohne Energie zu verschwenden, ein guter Arbeiter.
In diesem Zeichen gewinnt Mars etwas, was ihm sehr nützlich sein kann, nämlich den ökonomischen Umgang mit seiner Kraft, und die Ergebnisse, die er auf diese Weise erzielt, sind oft optimal. Aber er verliert auch etwas, nämlich die wilde, ungezähmte Natur, die Ares/Mars in der Mythologie hatte. Eine Waffe des Jungfrau-Kriegers ist Kritik, Nörgeln: Er kann wirklich auch um das Haar in der Suppe einen Kampf inszenieren. Das ist eine Aggressionsform, die wunderbar verpackt, man könnte sagen rationalisiert ist. Jungfrau-Mars wird selten plump aggressiv wie ein ehrlicher Feuer-Mars, seine Strategie ist vielmehr: »Pass mal auf, ich will dir nicht zu nahe treten, aber in der letzten halben Stunde hast du ungefähr 35 Fehler gemacht, die ich dir genau aufzählen kann, denn ich habe alles notiert.«
Es gibt eine Art von Vernunft, gegen die man keine Chance hat, weil der andere immer die besseren Argumente zu haben scheint. Das ist die weise und zugleich die problematische Seite von Jungfrau-Mars. Positiv gesehen werden hier Riesen getötet: Riesen im Märchen sind meist sehr dumme Gestalten, die deswegen auch mit den Riesenaffekten im Menschen verglichen werden. Wenn wir uns von unseren Riesengefühlen leiten lassen, werden wir dumm, verlieren den Kopf. Ein Jungfrau-Krieger hat die Möglichkeit, Riesen zu töten und der Wucht der unmittelbaren Affekte die Macht zu nehmen, auch ihre destruktive Macht. Ein vernünftiger Krieger hat die eine und die andere Seite.
Bei Mars geht es auch um das Thema der männlichen Sexualität. Der geübte Krieger wird hier zum geübten Mann. Wir alle haben einen Körper, wir alle haben jede Menge sexuelle Energie in uns, und trotzdem will der Umgang damit gelernt und geübt sein. Einem Jungfrau-Mars ist das von vornherein mehr bewusst als anderen Mars-Stellungen. Im Extremfall haben wir es hier mit dem perfekten Mann zu tun, dem perfekten Liebhaber, der alles richtig macht und der genau weiß, wann, wo und wie oft er seine Partnerin berühren muss. Das kann zu einer Art technischer Perfektion werden, die aber, wenn sie zu einseitig wird, nicht mehr an die Energie des Herzens angebunden ist. Das Bett wird oft zum Schauplatz von Leistungsnachweisen. »War ich gut?« Ein Jungfrau-Mars ist jedoch auf jeden Fall ein aufmerksamer, fürsorglicher Liebhaber, und Frauen mit dieser Konstellation haben eher zu solchen Männern einen Draht als zu Obelix-Typen.
Angst
Ein zentraler Begriff bei Jungfrau ist »Angst«. Mein Vater hat das Buch Grundformen der Angst geschrieben, und die Wahl des Titels erscheint mir bezeichnend in diesem Zusammenhang. Angst hat insofern mit Jungfrau zu tun, als im Jungfrau-Monat September Vergänglichkeit und Tod ins Bewusstsein treten. Der Winter kündigt sich an, die dunkle Jahreshälfte steht vor der Tür. Aus diesem Zusammenhang erklärt sich die Tendenz, eher das halb leere Glas als das halb volle Glas zu sehen. Angst ist wichtig, weil sie im guten Sinne vorsichtig machen kann. Aus Jungfrau-Sicht würde man sagen: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wozu also, wenn es nicht nötig ist. Eine grundsätzlich wichtige Unterscheidung ist jedoch: Wo ist die Angst dein Freund und Helfer, ein Frühwarnsystem, das hilft, Unglück zu vermeiden, und wo hemmt und erstickt sie das Leben, wo mauert man sich so fest in Sicherungssysteme ein, dass man gar nicht mehr am Leben teilnimmt.
Die »Ohnmacht des
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