Der tiefe Brunnen: Astrologie und Märchen (German Edition)
gemeinsam einen spirituellen, religiösen Weg. Das Ziel einer Beziehung ist Entwicklung und nicht etwa, ein Nest zu bauen, nach Hause zu kommen und dann friedlich vor sich hin zu leben. Die Schütze-betonte Beziehung lebt von der gemeinsamen Vision, und wenn der Glaube an den Sinn der Beziehung stirbt, ist das ein Trennungsgrund. Das große Potenzial eines Schütze-betonten Menschen ist, dass ihm der Glaube an die Liebe in die Wiege gelegt ist: Irgendwann begegne ich dem für mich bestimmten Seelenpartner, meinem Idealpartner, meiner Idealfrau. Und so wichtig hohe Ideale sind, um große Ziele zu erreichen, so belastend sind sie für die Alltagswirklichkeit einer Beziehung. Im besten Fall findet sich eine Möglichkeit, große Stunden, lichte Momente auch im Alltag zu erleben, vielleicht durch Rituale, durch gemeinsame Meditation, durch alles, was aus dem Alltäglich-Normalen etwas Heiliges macht. Allerdings kann sich da leicht falsches Pathos einschleichen.
Die Bereitschaft, in einer Partnerschaft den mühsamen Übungsweg zu gehen, ist oft gering. Märchen lehren uns ja, dass Beziehungen immer im Dreierschritt voranschreiten: die Anfangsverliebtheit, die harte Beziehungsarbeit und im besten Fall die Wiederbegegnung auf einer höheren Ebene. Es ist nur auf den ersten Blick paradox, so weit wandern zu müssen, um etwas wiederzufinden, was immer schon da war.
Mars in Schütze
Mars ist hier kein Krieger, der wie bei Widder einfach die Urkraft symbolisiert, sondern ein Gotteskrieger. Ein Krieger für Werte, ein Kreuzritter. Positiv gesehen findet sich hier die Bereitschaft, für die eigenen Werte mutig einzutreten, etwa in Form von Zivilcourage. Ein Schütze-Mars ist kein Petrus, der seinen Herrn verleugnet, ehe der Hahn dreimal kräht. Das mutige Eintreten für seine Ideale kann ihn allerdings auch zum Überzeugungstäter werden lassen, mit der Gefahr der Selbstgerechtigkeit und des Fanatismus, was ja auch die Schattenseite des Kreuzritters ist. Hierzu passt das Bild des mutigen Pilgers, der für seinen Glauben alles aufs Spiel setzt, und wir finden hier eine enorme Begeisterungsfähigkeit und Siegeszuversicht. Der Schütze-Mars ist ein optimistischer Held – ich werde es schaffen, was auch immer das Ziel ist.
Männer mit Mars in diesem Zeichen haben oftmals ein ausgeprägtes Gefühl für männliche Würde, eventuell verbunden mit dem Anspruch, ein Held, ein Supermann zu sein. Wer diese grandiose Männlichkeit von sich selbst verlangt, ist oft in der Tiefe sehr unsicher, denn je höher der Anspruch, desto größer die Angst davor zu versagen, kein Held zu sein, schwach zu sein. Dann entsteht das Bild des Helden auf tönernen Füßen. Auch hier ist Mut zur Aufrichtigkeit sehr wichtig. Wenn man sich keine Angst oder Schwäche zugesteht, kann das Klischee des Supermanns auf Dauer große Probleme bereiten.
Frauen mit Schütze-Mars zieht es hin zu Männern, die Zivilcourage haben, Robin-Hood-Typen, ämpfer für das Gute und Gerechte, souveräne, aufrechte Männer. Auch hier haben wir es mit einem anspruchsvollen Männerbild zu tun, ähnlich wie bei Schütze-Sonne, aber auf der Ebene des Geliebten. Eine Frau, die es schafft, diesen Robin Hood in sich selbst zu erwecken, die bereit ist, mutig zu ihren Visionen zu stehen, auch wenn sie damit polarisiert, kann für ihren Gott, ihren Guru, ihren Glauben eintreten.
Der Weg ist das Ziel
Die folgende Geschichte unterscheidet für mein Gefühl sehr gut den hellen Schützen vom dunklen, den reifen vom unreifen. Ein alter Mann lebt in einem kleinen Dorf irgendwo im Osten. Er ist sehr arm, aber er hat ein weißes Pferd, das so schön ist, dass selbst Könige ihn darum beneiden und ihm ungeheure Summen für das Tier bieten. Aber er sagt nur: »Dieses Tier ist mein Freund, und einen Freund verkauft man nicht.« Die Zeit vergeht, und eines Morgens, als er wie üblich in den Stall geht, um sein Pferd zu füttern, ist es verschwunden. Da sagen die Leute aus dem Dorf: »Du dummer alter Mann, wir haben dir gleich gesagt, verkauf dein Pferd, dann wärest du jetzt sorgenfrei. Jetzt ist es weg, so ein Unglück.« Der alte Mann bleibt gelassen und sagt nur: »Geht nicht so weit, zu sagen, es sei ein Unglück, sagt einfach nur, das Pferd ist nicht im Stall.« Die Leute schütteln den Kopf und wissen nicht, was er damit meint. Monate später kommt das Tier tatsächlich zurück; es ist gar nicht gestohlen worden, sondern in die Wildnis ausgebrochen, und es bringt zwölf wunderschöne Wildpferde
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