Der Tod aus dem Norden
Rolle fiel und nicht als normal eingestuft werden konnte. Das war eine Figur, die bestimmte Kräfte besaß, die sich auskannte auf dem weiten Feld der Magie. Ist doch klar. Sie konnten nicht jeden nehmen. Es mußte schon etwas dahinterstecken, kann ich mir vorstellen.«
»Sie hat überlebt und ist von Ihren Eltern gefunden worden?«
»Richtig! Die beiden Braddocks gruben sie aus.«
»Was geschah dann?«
»Wieso fragen Sie mich das? Sie haben selbst erlebt, daß die Wikinger kamen. Mein Eltern müssen den magischen Bann gelöst und das Zeitloch geöffnet haben. Das ist alles. Als ich die verfluchten Kerle zum erstenmal sah, war mir einiges klar geworden. Ich bin zu meinen Eltern gefahren und fand sie tot. Die Mörder waren schneller gewesen. Das ist die ganze Geschichte.«
»Die ich Ihnen sogar glaube.«
»Bleibt uns denn eine Wahl?«
»Wohl kaum.«
»Viel habe ich nicht sehen können, Braddock, nur eben den Feuerschein. Ich gehe allerdings davon aus, daß wir uns nicht mehr in unserer Zeit befinden.«
»Darauf können Sie Gift nehmen.«
»Also müssen wir wieder zurück.«
Er lachte kichernd. »Klar doch. Nebenan steht der Zug. Steigen Sie ein, Sinclair, und fahren Sie wieder in die Gegenwart, wo man Sie jubelnd empfangen wird.«
»Werden Sie nicht albern, Braddock. Sie hätten nicht auf das Schiff zuzustürzen brauchen.«
»Sind Ihre oder meine Eltern gestorben, Sinclair? Auch wenn der Kontakt nicht optimal gewesen ist, ich habe doch an ihnen gehangen, und ich wollte diesem verdammten Spuk ein Ende machen.«
»Schon gut.« Wenigstens hatte man mir die Waffen gelassen. Wie es weitergehen sollte, wußte ich nicht.
»Feinde haben die früher geköpft. In alten Sagen habe ich gelesen, daß sie sogar auf einen Spieß gesteckt und gebraten worden sind. Es gab auch noch andere Methoden, den Feind vom Leben in den Tod zu befördern. Man klopft ihm mit einer Keule die Knochen zu Brei, man…«
»Es reicht.«
»Schwache Nerven?«
»Nicht immer.«
Ich hatte keine Lust mehr, in der stinkenden Hütte hocken zu bleiben. Auch wenn mich Braddock gewarnt hatte, mußte ich versuchen, das Gefängnis zu verlassen und einen Weg finden, um auf das Drachenschiff zu gelangen.
»He, Sinclair, bleiben Sie.«
»Ich hole Sie später.«
»Ohne Kopf, was?«
Er bekam keine Antwort. Mittlerweile hatte ich mich bis dicht an den Ausgang herangeschoben und beobachtete die Wachen. Als ich ihren Rhythmus bemerkte, stellte ich fest, daß sie immer in der gleichen Folge gingen und zwischen ihrem Auftauchen große Lücken blieben.
Das mußte ich ausnutzen.
Ich wartete noch ab, denn die Krieger waren in der Routine erstarrt. Nicht einmal bückten sie sich, um einen Blick in das kleine Holzhaus zu werfen.
Braddock hatte natürlich gesehen, was ich wollte. »Das schaffen Sie nicht, Sinclair!« flüsterte er. »Das geht nicht gut. Verlassen Sie sich darauf.«
»Ich verlasse mich lieber auf mein Können!« gab ich ebenso leise zurück. Auf Braddock konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich war ihm dankbar, daß er mich über gewisse Dinge aufgeklärt hatte. Daß die Wikinger schon eine Verbindung zum Voodoo-Zauber gefunden hatten, war mir neu gewesen. Darauf wäre ich nicht im Traum gekommen. Wieder schritten die Aufpasser vorbei. Von links nach rechts ging der Kerl; ein zweiter erschien nicht.
Ich wagte es und huschte aus der Hütte. Mein Plan stand bereits fest. Nur nicht auf das Feuer zulaufen, wo man mich sofort entdeckt hätte. Ich mußte weg von den Flammen, in die dunklen Ecken des Lagers, die es bestimmt auch gab.
Ich hatte mich dafür entschieden, nach links zu laufen, und geriet in die Dämmerung des allmählich ausklagenden Tages. Als erste Deckung diente mir eine weitere Hütte. An die Außenwand preßte ich mich, so dicht, daß ich mit ihr zu verschmelzen schien.
Mein Herz klopfte schneller. Ich wartete auf Alarmschreie, die nicht zu hören waren. Demnach mußte der erste, wichtige Teil meiner Flucht geklappt haben. Die Wikinger hatten mich aus der Orkanhölle entführt. Von einem scharfen Sturm merkte ich hier nichts, obwohl der Wind noch wehte. Hinter mir klangen die typischen Geräusche einer Brandung auf. Das laute Rauschen, dazwischen ein hartes Donnern, wenn die Wellen gegen die Felsen schlugen.
Nachdem ungefähr eine Minute vergangen war, drehte ich mich, um in Richtung Meer zu schauen.
Die Küste malte sich felsig, schroff und zerklüftet ab. Die Natur hatte einen natürlichen Hafen geschaffen, in dem das
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