Der Tod aus dem Norden
Drachenboot der Wikinger ankerte und schaukelnd auf den auslaufenden Wellen dümpelte.
***
Als scharfe Kulisse hob es sich ab und lag nicht einmal tief im Wasser. Mir war bekannt, daß die Wikinger mit diesen Booten nicht nur die Meere durchkreuzt hatten. Sie waren auch in der Lage gewesen, in die Flüsse hineinzufahren. Deshalb durften die Boote keinen großen Tiefgang besitzen.
Die Hütte, die mir als Deckung diente, gehörte zu den äußersten. Vor mir brannten Feuer, hinter mir hatte sich die Dämmerung über den Küstenstreifen gesenkt.
Ich warf einen Blick zum Himmel.
Bleigrau, aber mit großen Lücken, in denen es hell leuchtete, lag er über mir.
Wohin?
Fliegen konnte ich nicht, aber mich persönlich interessierte das Boot. Sollte den Wikingern meine Flucht auffallen, würden sie mich natürlich verfolgen.
Ich nahm mir nicht mehr die Zeit, noch länger darüber nachzudenken. Ein traniger Geruch schwebte über mir. Auf dem größten der Feuer kochten Wikingerfrauen das Essen. In ihrer Kleidung waren sie von den Männern kaum zu erkennen.
Sie sollten ruhig essen und viel trinken. Die anschließende Müdigkeit würde meinen Plänen sehr entgegenkommen.
Braddock hätte ruhig mitkommen können. Wie es mit ihm weiterging, wußte ich auch nicht. Hoffentlich rächten sich die Kerle wegen meiner Flucht nicht an ihm. Dann war ich gezwungen, ihn aus der Gefahr zu holen.
Einen Strand im landläufigen Sinne gab es nicht. Der Boden bestand aus einer Mischung zwischen Steinen und Gras. Sie waren unterschiedlich hoch und bildeten Stolperfallen.
Ich war schnell, achtete dabei auf fremde Geräusche und konnte aufatmen, als ich nur das Rauschen der Wellen mitbekam. Denen lief ich entgegen. Ihre hellen Schaumstreifen auf den Kämmen schimmerten silberfarben.
Um das Schiff zu erreichen, mußte ich ins Wasser. Ich hatte so etwas Ähnliches wie ein Ankertau erkennen können. Jedenfalls hingen dicke Seile über die Bordwand. Sie waren sicherlich mit Steinen oder anderen Gegenständen beschwert.
Die See war kalt. Knie-, dann hüfthoch umspielten mich die Wellen. Ich breitete die Arme aus, hielt so mein Gleichgewicht und kämpfte mich weiter.
Das Wasser zerrte an meinem Körper und wollte mich wieder gegen den Strand zurückschleudern. Dagegen kämpfte ich an.
Mit Kraulstößen schaffte ich es, die Wellen zu überlisten. Wenig später erhob sich die Bordwand vor mir wie ein breiter Schatten. Ich änderte die Richtung etwas und schwamm auf eines der laue zu. Eine Welle packte und schob mich an das Ziel. Mit beiden Händen bekam ich das große Tau zu fassen. An einigen Stellen war es aufgespleißt; nicht gerade gut für die Haut. Ich hielt trotzdem fest und konnte leider nicht vermeiden, daß eine nächste Woge meine Beine gegen die Bordwände prellte.
Wie Schüler im Turnunterricht hangelte ich mich hoch. Die Luft war kühl und klar. Sie schmeckte nach Salz. Der Wind trocknete mein Gesicht. Die Kleidung aber hing wie ein nasser, schwerer Sack an meinem Körper.
Das Drachenschiff war aus mächtigen Planken geziriimert worden. Wenn jetzt ein Krieger als Wache zurückgeblieben war, hatte er beste Chancen, mich zu erledigen, denn ich hatte keine Deckung, als ich an Bord kletterte.
Ich ließ mich über die Bordwand gleiten. Eine Erinnerung an meinen ersten unfreiwilligen Besuch auf dem Schiff hatte ich nicht. Für mich war alles neu, und ich ärgerte mich, als ich auf einer der hölzernen Ruderbänke landete und mir schmerzhaft den Rücken stieß. Die Bänke waren feucht. Ich rutschte noch ein Stück und fiel dann zwischen sie. Ob der Krieger darauf nur gewartet hatte, wußte ich nicht. Jedenfalls hatte er die Gelegenheit als günstig empfunden und war blitzschnell da. Ich schaute in die Flöhe.
Der Kerl war klein, stämmig und gefährlich. Letzteres nicht zuletzt deshalb, weil er eine Streitaxt in der rechten Hand hielt, mit der er mir den Schädel spalten wollte…
***
Die Wikinger waren Meister im Umgang mit diesen Waffen, das wußte ich.
Um an die Beretta zu kommen, blieb mir nicht die Zeit. Zudem klemmte ich zwischen den Sitzreihen und konnte praktisch nur die Füße bewegen.
Das tat ich auch.
Ein Tritt erwischte den Wikinger im Leib. Genau in dem Augenblick, als seine verdammte Streitaxt nach unten raste. Er kippte zurück, konnte den Schlag nicht mehr bremsen. Die Streitaxt rutschte ihm aus der Faust. Im hohen Bogen flog sie über die Bordwand. Besser konnte es nicht laufen!
Bevor sich der Krieger von seiner
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