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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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Einzelheiten vom Tatort niedergeschrieben hatte. Die letzte Eintragung bestand aus nur einem Wort: „Dropcam“. Er tippte am Computer den Namen in die Suchmaschine und öffnete die Seite dropcam.com. Er blickte nach links und nach rechts oben, ob es auch eine deutsche Übersetzung der Seite gab, doch alles war auf Englisch verfasst. Dass es sich um eine Überwachungskamera handelte, war ihm schon bewusst, als er das kleine Ding in die Hand genommen hatte. Aber wie sie funktioniert und ob sie ihm helfen könnte, den Fall aufzuklären … dazu reichten weder seine primitiven Englisch-Kenntnisse noch seinen schmählichen Computerfertigkeiten. Doch er wusste eine Lösung.
    Eine Viertelstunde später war Sohn Herbert zur Stelle. Herbert Bugelnik war ein Internet-Freak, er hatte schon zu Beginn des Computer-Zeitalters mit dem Programmieren begonnen und sich so, Stufe für Stufe, nach oben gearbeitet. Seit Jahren leitete er eine eigene kleine Firma, die sich auf Webseiten spezialisierte, aber er war auch ein gefragter Experte, kein Computer-Problem schien für ihn unlösbar. Sein Vater erklärte ihm, wo das Problem lag. Von „Dropcam“ hatte Herbert zwar auch noch nichts gehört, aber nachdem alles in diesem Bereich mit 0 oder 1 zusammenhing, machte das auch keinen Unterschied. Auf der Internetseite der Überwachungskamera entdeckte er schnell, dass es dort ein login gab. Sobald er das angeklickt hatte, wurde nach der E-Mail-Adresse des Benutzers und nach seinem Passwort gefragt. Franz Bugelnik musste ihm natürlich verraten, dass es um einen gewissen Stefan Stragger ging, aber welches Passwort der benutzte, war ihm unbekannt. Herbert fragte ihn nach Straggers Beruf, Freundin, Lieblingsbeschäftigung, Automarke, Zweitwohnsitz, Mädchenname der Mutter, bevorzugtem Urlaubsort … und sein Vater antwortete, so gut es eben ging. Herbert tippte und tippte, der Kriminalinspektor wollte gar nicht wissen, wie sich sein Sohn ins System hineinschwindelte, klar war ihm, dass sie sich beide am Rande der Legalität bewegten. Irgendwann, vielleicht war eine Stunde vergangen, oder auch etwas mehr, blickte Herbert zu seinem Vater auf und sagte: „Ich hab’s!“ Tatsächlich tauchte auf dem Bildschirm das Büro Stefan Straggers auf: der Schreibtisch, der Stuhl, dahinter die Tür – weil es inzwischen dunkel geworden war, hatte die Kamera auf Infrarot umgeschaltet. Viel sagte das dem Inspektor nicht, ja, er war fast ein wenig enttäuscht, denn wie der Raum aussah, davon hatte er sich ja bei seinem Eindringen durch den Keller ohnehin ein Bild machen können. „Schau dir das an“, warf Herbert ein, „hier ist eine ,timeline‘, da ist jede Minute aufgezeichnet worden. Offenbar sollen diese überdimensionierten Beistriche, die du hier siehst“ – und Herbert zeigte auf ein graues Band, das unter dem Videobild in Zehn-Minuten-Abstände eingeteilt war –, „auf ein Event hinweisen, auf etwas, das sich zu dieser Zeit in diesem Raum gerade bewegt hat.“ Bugelnik war erstaunt und erfreut. Sollte das stimmen, so müsste er herausfinden können, was sich in Straggers Haus, oder zumindest in dessen Büro, abgespielt hatte. Er ließ sich von Herbert genau erklären, wie er diese Seite aufrufen und zu den Markierungen gelangen konnte, dann bedankte er sich bei seinem Sohn, umarmte ihn und schickte ihn fort. Franz Bugelnik hatte kein Interesse, seine Erkenntnisse mit irgendjemandem, und sei es auch mit seinem engsten Verwandten, zu teilen.

J ASMIN BEKAM KAUM L UFT, im Kofferraum war es stickig, sie schwitzte und ihre auf dem Rücken zusammengeschnürten Hände schmerzten. Aus dem Fahrzeuginneren drangen nur nicht identifizierbare Laute zu ihr durch. Weil sie ständig hin und her geschüttelt wurde und der Motor sich anzustrengen schien, schloss sie, dass sie auf einer kurvigen Landstraße irgendwo nach oben unterwegs waren. Die Fahrt dauerte ewig. Sie war durstig und hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Nur das nicht, dachte Jasmin, wie soll das durch meinen zugeklebten Mund hinaus. Doch kurz danach, sie hatte unterdessen jedes Zeitgefühl verloren, blieb der Wagen stehen. Sekunden später waren zwei Männer am Kofferraum, öffneten den Deckel und hoben Jasmin heraus. Als ihre Füße den Boden berührten, spürte sie, dass sie zum Stehen zu schwach war. Sie ließ sich fallen, doch zwei starke Arme packten sie links und rechts unter der Achsel und schleppten sie einige Stufen hinauf in ein Gebäude. Als sie drinnen

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