Der Tod des Landeshauptmanns
unternehmen … „Eine halbe Milliarde, das klingt vernünftig. Aber ich kann Ihnen natürlich jetzt nicht endgültig zusagen, ich muss mich da mit den Vorständen der Vier-Länder-Bank ins Einvernehmen setzen, Sie verstehen …“ Und nach einer kleinen Pause, in der er kurz nachdachte, ob das zu seinem Vor- oder Nachteil verstanden werde würde, gab er sich einen Ruck und fügte hinzu: „Aber die machen ja ohnehin, was ich ihnen vorschreibe …“ Und alle drei Passagiere brachen in lautes Gelächter aus.
Nach dem nächsten Gang, einer „Terrine von einem istrischen Schwarzfederhuhn mit kleinem Salatbouquet in Preiselbeerdressing“, und nachdem sich das Gespräch kurzfristig in völlig anderen Bahnen bewegte (irgendwie war der Name des amerikanischen Präsidenten George W. Bush aufgetaucht und der gab genug Anlass für Diskussionen, auch wenn sie in diesem Kreis nicht wirklich kontroversiell verliefen), kam Marko Batović wieder auf das Hauptthema zurück. „Vielleicht kann ich Ihnen die Entscheidung etwas erleichtern, Herr Landeshauptmann.“ Und Batović lehnte sich weit über den Tisch, blickte nach rechts und nach links und sagte dann in ganz leisem Ton, der vom Motorengeräusch aus dem Bauch der „Madeleine“, dem Aufschlag des Schiffes auf den Wellen und dem Wind beinahe übertönt wurde: „Ganz leer sollen Sie dabei ja auch nicht ausgehen. Bei so einer hohen Summe würde natürlich für Sie und – das werden Sie verstehen – auch für uns etwas abfallen. Eine Million sollte da schon drinnen sein. Je eine Million, natürlich.“
Franz Bugelnik beschloss, noch einmal in das Haus von Stefan Stragger zu gehen – irgendetwas musste doch dort zu finden sein, das Aufschluss über das Verschwinden des HNA-Mitarbeiters geben würde. In der Zwischenzeit hatte er auch das OK Kropfitschs erhalten: Die Leiche konnte abtransportiert werden und die Kriminalisten durften das Haus wieder betreten. Bugelnik wunderte sich (nicht zuletzt über sich selbst), wie es möglich war, dass das Heeresnachrichtenamt diese übergeordnete Position einnehmen konnte. Es muss wohl an der absoluten Geheimhaltung liegen, dachte er, er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal etwas in den Medien über diesen Heeres-Geheimdienst gelesen, geschweige denn gesehen hatte. Bugelnik hatte in den vergangenen Stunden Material über das Amt gesammelt, vor allem im Internet nachgelesen, doch auch dort fand er mehr Historisches als irgendetwas, das ihm heute weiterhelfen würde.
Als er bei Stefan Straggers Haus ankam, hatte er den Eindruck, als sei wieder Normalität hergestellt: Die gelben Klebebänder an den Türen waren verschwunden, und noch bevor er ausstieg, sah er sich vorsichtig um: Nichts war da, was ihm verdächtig schien. Nur hinter einem Fenster im Nachbarhaus bewegte sich kurz ein Vorhang. Bugelnik schmunzelte, das musste Frau Schindler sein, die konnte ganz offensichtlich ihre Neugierde nicht zügeln. Er stieg aus, ging zum Eingang und schloss die Tür auf – Jasmin hatte ihm im Restaurant ihren Schlüssel übergeben. Bugelnik blieb im Vorraum stehen und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen: Die drei Türen kannte er schon von seinen letzten Besuchen, Wohnzimmer, Büro, Küche. Wo sollte er beginnen, wonach suchte er überhaupt? Er verließ sich auf seinen kriminalistischen Spürsinn, und bevor er einen weiteren Schritt machte, dachte er angestrengt nach. „Irgendetwas muss es hier geben, das Kropfitsch und seine Leute gesucht haben“, überlegte Bugelnik. Stefan Stragger war einer von ihnen, er musste genau wissen, dass er, wenn er ein Geheimnis verbergen wollte, dieses so klug verstecken musste, dass niemand auf die Idee kam, es gerade dort zu suchen. Bugelnik war ziemlich sicher, dass er jedenfalls nicht nach einem Aktenordner suchen musste – die Zeit, in der jemand wirklich geheime Unterlagen in Papierform hinterlassen würde, waren wohl endgültig vorbei – nein, er musste nach einer Art elektronischer Speicherkarte Ausschau halten – entweder war dort ein Text gespeichert, etwas, das Stefan Stragger über irgendjemanden verfasst hatte, oder es waren Fotos, mit denen er eventuell jemanden erpressen konnte. Frauengeschichten, Bordelle, Homosexualität – alles war möglich.
Bugelnik entschied sich, erst in die Küche zu gehen. Ja, sicher, die Bücher, die er im Büro gesehen hatte, würden sich auch gut als Versteck eignen, so eine daumengroße Karte könnte man ganz leicht im Karton eines
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