warten wir einmal ab.“
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[email protected] Das Essen auf der „Madeleine“ konnte sich sehen lassen. Niko hatte schon vor der Abfahrt aus Poreč den Auftrag bekommen, alles einzukaufen, was man einem angesehenen Gast vorsetzen konnte. Geld spielte ohnehin keine Rolle, Bogdan Milotović , der Chef der kroatischen Reskro-Bank, hatte sich nicht lumpen lassen und ihm ein gelbes Kuvert mit einigen Hundert-Euro-Scheinen übergeben: „Nur das Beste, wir wollen schließlich nicht als Dritte-Welt-Land dastehen“, hatte er mit einem Augenzwinkern zu Niko gesagt, der ihm freilich kaum ins Gesicht blicken konnte, so gewaltig war der Größenunterschied zwischen den beiden. Niko verstand etwas von feinen Speisen. Er hatte zwei Jahre auf der „Sea Cloud II“ deutsche und skandinavische Firmenbosse bekocht, die es sich auf der exklusiven Segeljacht gutgehen ließen. Vor allem auch kulinarisch: Ihr exquisites Bordrestaurant hatte sich in Seefahrerkreisen herumgesprochen. Dazu kam, dass der riesige Zweimaster fast lautlos durch die schönsten Gewässer des Atlantiks kreuzte. Niko hatte das zwar sehr genossen, doch bald erkannt, dass er nicht ewig in einer schwankenden Küche stehen wollte und kaum etwas von den Annehmlichkeiten einer Seereise hatte. In Kroatien, wohin er 2004 zurückgekehrt war, war er nur tageweise auf der „Madeleine“ und verdiente dennoch gutes Geld, gezahlt wurde schließlich fast immer in Euro.
„Amuse bouche – Gebratene Steingarnele an Seegrassalat und geschmolzener Kirschtomate“: Das hörte sich nicht nur gut an, das schmeckte den Gästen auch ganz offensichtlich. Als Niko aus der Bordküche kam, um nachzuschenken (es gab auch immer österreichische Weißweine an Bord, die Rotweine kamen teils aus Kroatien, teils aus Italien), waren die Teller schon leer – Sonne, das Meer und die trockene Salzluft hatten bei den Passagieren für Appetit gesorgt. Jörg Haider, braungebrannt, im blauen Poloshirt und der knallgelben Hose, sah eher aus wie ein gut betuchter Tourist am Ende eines entspannenden Sommerurlaubs als wie ein Kärntner Provinzpolitiker, der geschäftliche Interessen verfolgte. Oder besser: der sich die Wünsche seiner Gesprächspartner anhören wollte. Während Niko mit dem Nachschenken und dem Abräumen der Vorspeisen beschäftigt war, sprachen sie freilich nur über Banales: „Ja, in Bad Kleinkirchheim, als Kärntner Landeshauptmann muss ich ja so tun, als gäbe es nichts Schöneres als die Skipisten im eigenen Land“, sagte Haider mit einem verschmitzten Lächeln und beantwortete damit die Frage nach seinen Winterbeschäftigungen. „Aber im Ernst: Auch die Kroaten und – wenn ich das hier sagen darf, hahaha, auch die Slowenen – kommen gern nach Kleinkirchheim, schließlich finden sie dort nicht nur Pisten, sondern auch herrlich warmes und gesundes Thermalwasser.“ Haider war zufrieden, dass es ihm gelungen war, ohne Not auch diese Werbeeinschaltung einzubringen. Er wusste genau, wie sehr der Kärntner Tourismus seit den Siebziger- und Achtzigerjahren an Attraktivität verloren hatte und dass er, als oberster Boss, alles unternehmen musste, um diese wichtige Einnahmequelle wieder zum Sprudeln zu bringen.
Als Niko gegangen war, wandte sich die kleine Runde wieder dem eigentlichen Thema zu. „Von welcher Summe sprechen wir denn?“, fragte Haider und wandte sich an Marko Batović , der als Kabinettchef des Ministerpräsidenten in dieser kleinen Runde quasi den Staat vertrat. „Wir haben das noch nicht ganz durchgerechnet“, antwortete Batović und blickte dabei über die Reling aufs offene Meer, als könnten ihm die Wellen die notwendige Eingebung verschaffen. „Aber über den Daumen gepeilt, ich glaube, mehrere hundert Millionen Euro werden es sicher sein, vielleicht eine halbe Milliarde.“ Mit keiner Miene ließ sich Haider anmerken, dass diese Summe gut zehn Mal so hoch war wie die, die er sich ursprünglich erwartet hatte. Ein neuer Hafen sollte entstehen, dazu mehrere Gebäude mit Luxusappartements, die alle Stücke spielen sollten ( Batović sprach sogar von einem „Concierge-Service“ – Haider machte sich eine gedankliche Notiz, er musste zuhause unbedingt nachsehen, was „Concierge“ bedeutet –, ein Panorama-Restaurant – in seinem kleinen Land rechnete man einfach in anderen Dimensionen. Nicht einmal das Schlosshotel in Velden … ah, wie ein Gedankenblitz schoss es ihm durch den Kopf, vielleicht ließe sich da auch etwas