Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
Vom Netzwerk:
könnten, würde unsere Zeitung neue Auflagenhöhen erreichen“, aber er sah Jasmin in die Augen und sagte in dem unvergleichlich sachten Ton, den sie so an ihm schätzte: „Stillschweigen, natürlich. Und du bestimmst, wenn einmal etwas an die Öffentlichkeit gehen soll oder kann. Von mir erfährt jedenfalls niemand etwas, kein Wort. Kann ich irgendetwas für dich tun, Jasmin?“
    Sie war unterdessen schon wieder aufgestanden und hatte die Türklinke in der Hand. „Nein, eigentlich nicht“, sagte sie, doch dann fiel ihr doch etwas ein: „Sag, Herbert, kennst du eigentlich den Kropfitsch, mit dem Stefan im HNA arbeitet?“ Herbert überlegte kurz, was er ihr sagen konnte, und entschied sich dann für Vertrauen gegen Vertrauen. Er deutete auf den Stuhl, von dem sich Jasmin gerade erhoben hatte, sie kam zurück, setzte sich und Katterer erzählte ihr, dass er in den vergangenen Monaten Seltsames über Kropfitsch erfahren hatte. Ein Unbekannter habe ihm in einem Schreiben mitgeteilt, Kropfitsch sei ein enger Verbündeter des Landeshauptmanns gewesen, sein Verbindungsmann zu den Rechts-Außen. Wenn Haider selbst keine Kontakte knüpfen wollte, weil ihm die Sache zu heiß gewesen war, dann habe er Kropfitsch an die Front geschickt.
    Worum es dabei konkret gegangen sei, wisse er noch nicht, politisch sei es ja mittlerweile ziemlich irrelevant, nachdem Haider tot sei. „Unabhängig davon“, fügte Katterer hinzu, „dass es natürlich bedenklich ist, wenn ein Geheimdienstmitarbeiter des Bundesheeres mit dem Obmann einer – wie soll ich sagen – eher rechtsgerichteten Partei so eng zusammenarbeitet. Das ist jedenfalls nicht seine Aufgabe, das macht ihn für diesen Job untauglich – schließlich ist es wichtig, dass Geheimdienstleute politisch eine weiße Weste haben. So etwas ist absolut disqualifizierend. Auch wenn diese Zusammenarbeit jetzt schon einige Zeit her ist.“
    Von: [email protected]
An: [email protected]
    Am nächsten Tag stand Jakov wieder an der Bar. Er blickte auf die Uhr, es war knapp vor 18 Uhr, Mordechai hatte schon eine halbe Stunde Verspätung. Jakov bestellte ein weiteres Bier, während er den Eingang im Auge behielt. Durch die offene Tür sah er Dutzende Menschen vorbeigehen, sie wirkten wie Schattenrisse, die sich gegen die tief stehende Sonne abzeichneten. Manchmal gelang es ihm, sich den Körper der einen oder anderen jungen Frau ohne verhüllende Kleidung vorzustellen, obwohl diese Passantinnen nicht mehr als eine Sekunde lang von seinen Augennerven ausgehend den emotionalen Teil seines Gehirns beschäftigten.
    Jakov schaute erneut auf seine Armbanduhr, wieder waren fünf Minuten vergangen, er war knapp daran aufzugeben. Da spürte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. Er zuckte zusammen, es war tatsächlich Mordechai. Er musste gerade in dem Augenblick ins Lokal gekommen sein, als er auf die Uhr geblickt hatte. Sie begrüßten einander fast wie alte Freunde. „Willst du auch ein Bier?“, fragte Jakov, er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, auch wenn er darauf brannte herauszufinden, ob der Mechaniker das Reparaturbuch mitgebracht hatte. Mordechai nickte, fragte aber gleichzeitig: „Können wir uns setzen? Ich habe den ganzen Tag schwer gearbeitet.“ Sie gingen an den benachbarten Tisch, Jakov fiel erst jetzt auf, dass der Raum leer war, so sehr hatte er sich auf die Eingangstür konzentriert. Sie sprachen über Politik, zu seinem Erstaunen war Mordechai ziemlich genau informiert – vor allem hatte er auch mitbekommen, dass am Tag zuvor ganze Berge von Dokumenten im Rathaus von Jerusalem beschlagnahmt worden waren. Sie standen im Zusammenhang mit einem Bestechungsskandal, in den niemand Geringerer als der frühere Bürgermeister und derzeitige Ministerpräsident Ehud Olmert verwickelt worden sein soll. „Sie sind doch alle Gauner, unsere Politiker“, sagte Mordechai mit einer Verachtung, die weit über das hinausging, was man vom Durchschnitts-Israeli gewohnt war. Jakov wollte irgendetwas zur Verteidigung der Repräsentanten des Staates vorbringen, doch es fiel ihm nichts Passendes ein. So wechselte er das Thema: „Apropos Gauner“, sagte er mit einem breiten Grinsen, „hast du mir die Mappe mitgebracht?“ „Apropos Gauner“, erwiderte Mordechai, „wir müssen noch einmal über das Geld sprechen. Ich habe nachgedacht, 5000 Schekel sind mir zu wenig. Das Risiko ist zu groß, wenn mich jemand sieht, oder wenn jemand draufkommt, flieg’ ich raus. Dann

Weitere Kostenlose Bücher