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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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lagen Papiere, zumindest eines erkannte er als jenes wieder, das er gerade ausgedruckt hatte, daneben stand ein Computer mit eingeschaltetem Bildschirm. Und dann fiel ihm noch etwas auf. Auf dem Schreibtisch war deutlich ein Familienfoto zu sehen, aber er konnte die Gesichter der vier Personen nicht identifizieren, sie waren einfach zu klein. Er blickte auf den Computer-Bildschirm, dort war das gleiche Foto zu sehen, er legte den Cursor auf „Zoom in“ und klickte zwei- oder dreimal. Und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Das war die Familie Kropfitsch, Georg, seine Frau Margarethe und die Kinder, deren Namen ihm jetzt nicht einfielen. Stefan Stragger – Bugelnik war hundertprozentig überzeugt, dass nur Stefan Stragger die Fotos gemacht haben konnte – wollte damit beweisen, dass die Papiere tatsächlich vom Schreibtisch seines HNA-Kollegen stammten.
    Der Kommissar mühte sich wieder unter den Schreibtisch, zog das Kabel aus dem Stecker und rief den Kollegen Hoinig an, um ihm mitzuteilen, dass er sein Handy wieder haben könne. Das wartete Bugelnik noch ab, bevor er die Schriftstücke genauer unter die Lupe nahm.

Von: [email protected]
An: [email protected]
    Jakov Scherenbaum war zurück nach Jerusalem gefahren, wo er in der Ben Azzai eine kleine Werkstätte hatte. Sie lag in einem Hinterhof, war nicht größer als vier mal vier Meter, die Tische waren voll mit Glasgerätschaften und Eprouvetten, Gummischläuche zogen sich von Gasflaschen, die zu dritt in einer Reihe am Boden standen, hinauf zu Bunsenbrennern, die hellblau flackerten. An der Wand hing das obligate Plakat vom „Periodischen System der Elemente“. Zwei Studentinnen, Aviva und Esther, hielten gerade abwechselnd zwei Erlenmeyerkolben, die wie Blumenvasen aussahen, über die Flammen. Die grellrote Flüssigkeit kochte bereits, Luftbläschen stiegen rasch nach oben, der eigentümliche Geruch machte sich in dem Raum, in dem es ohnehin nach Chemikalien stank, nicht sonderlich bemerkbar.
    Mit einem strahlenden Gesicht verkündete Jakov: „Wir haben einen neuen Auftrag!“ Dann schilderte er, ohne genauer auf die Auftraggeber einzugehen, das Projekt. Es unterschied sich ohnehin nicht sehr von dem, an dem sie schon länger, aber auch erfolgreich, gearbeitet hatten. Die Chemikalien für eine kleine Sprengung, die nicht zu entdecken sein sollte, lagen alle irgendwo in den Schubladen und Metallschränken. Das viel Schwierigere an dem neuen Auftrag war, jenen Metallteil so nachzubauen, dass er in das Lenkgestänge eines VW Phaeton passen würde. Als ihm Avner Fohlt, Yossi Galem und Rachel Hagev erzählt hatten, dass der Wagen, für den die Explosion gedacht war, ein Phaeton sei, musste er innerlich auflachen – er hatte sich nicht erklären können, warum man ihm als Codewort ausgerechnet dieses Wort gegeben hatte. Er wusste zwar noch aus seinem Schulunterricht, dass Phaeton ein Sohn des griechischen Gottes Helios war, doch weil er neugierig geworden war, was dahinter stecken könnte, hatte er das Internet zu Hilfe genommen. Dort fand er heraus, dass Phaeton mit dem Viergespann seines Vaters auf die Sonne zugerast war und dabei sein Gefährt außer Kontrolle geriet. Ovid schrieb darüber: „Die Erde geht in Flammen auf, die höchsten Gipfel zuerst … die große Feuersbrunst verwandelt ganze Völker zu Asche.“ Das passt hervorragend, dachte Jakov, doch er hatte keine Ahnung, ob es nun tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Namen des Volkswagens und dem Fahrer gab, der darin zu Tode kommen würde.
    Die schwierigste Aufgabe, die Jakov zu lösen hatte, war, eine detailreiche Zeichnung des Lenkgetriebes dieses Phaeton zu bekommen, vom Lenkrad bis hin zu den Schubstangen. Erst wenn er jeden Zentimeter auf maßstabgetreuen Plänen nachvollziehen konnte, würde er in der Lage sein, seinen manipulierten Metallteil anzufertigen und dann später einzubauen. Er öffnete seinen Laptop und durchsuchte das Internet nach Zeichnungen, die für ihn in Frage kämen. Aber die Autofirmen ließen sich nicht so leicht in die Karten blicken: Betriebsspionage – vor allem aus China –, das wusste auch Jakov, war zu einem derart großen Problem geworden, dass man es den Konkurrenten nicht zu leicht machen wollte. Jakov war rasch klar, dass es nur eine Alternative gab. Er musste zu einem Volkswagen-Händler und ihn überreden, ihm so einen Plan zu überlassen.
    Jakov stieß gegen eine Wand. So viele VW-Händler gab es in Jerusalem ohnehin nicht, aber die

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