Der Tod des Landeshauptmanns
helfen mir die 5000 Schekel auch nichts.“ Jakov sah ihn erstaunt an. Gestern schien er noch ganz zufrieden gewesen zu sein mit der Summe – das war immerhin so viel, wie er sonst in einem Monat nach Hause brachte. „Unmöglich, wir haben das doch vereinbart. Aber was hast du dir denn vorgestellt?“ „Wenn du nicht doppelt so viel aufbringst, dann können wir das Ganze vergessen.“ Jakov war ziemlich sicher, dass ihm Yossi Galem auch diese Summe zugestehen würde, aber er wollte nicht so schnell klein beigeben. „Mordechai, ich bitte dich, das geht nicht, ich bin doch auch kein Krösus …“ „Wer einen Phaeton fährt“, unterbrach der ihn, „der kann so arm nicht sein. Aber ich mach dir einen anderen Vorschlag: Ich repariere dir dein Fahrzeug, dann brauchst du mir nur das zu zahlen, was es an Stunden kostet, und ich habe keine Schwierigkeiten in der Firma.“ Jakov spürte, wie eine gewisse Röte in seinem Gesicht aufstieg. Jetzt brauchte er rasch eine Ausrede. „Ah, nein, vielen Dank, ich brauche auch mal wieder eine Herausforderung, ich habe früher immer meine Autos selbst repariert, außerdem ist der schon ein paar Jahre alt, ich habe ihn gebraucht übernommen.“ Jakov wollte sich nicht weiter in diese Diskussion einlassen. Er stimmte der Summe zu und ließ den VW-Mechaniker schwören, er würde am nächsten Tag nicht mit einer neuerlich erhöhten Forderung zum Treffen erscheinen.
Während Jasmin Köpperl mit ihrem Chefredakteur die Causa Kropfitsch besprach, war Kriminalkommissar Franz Bugelnik mit der Lektüre der Seiten fertiggeworden, die er von der Mikro-Speicherkarte ausgedruckt hatte. Es war eine Art Gedächtnisprotokoll, das Georg Kropfitsch über seine Reise nach Mecklenburg-Vorpommern verfasst hatte. Er hatte dort mit einem NPD-Gruppenleiter, einem gewissen Gerd Pistor („groß gewachsen, schon leicht angegraut, aber scharf gezogener Scheitel …“), eine längere Aussprache gehabt. Pistor hatte ihm von der hohen Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands erzählt, vor allem junge Menschen mit schlechter Ausbildung hätten kaum eine Chance, einen Job zu finden. Dazu komme der Hass auf alles, was im Westen gut funktioniere, und natürlich auf die „Ausländer“, worunter dort alle verstanden wurden, die nicht in der ehemaligen DDR aufgewachsen waren. Die Jungen seien besonders zugänglich für rechtes Gedankengut, Pistor versuche mit ihnen in Kleingruppen zu arbeiten („bei ein paar Flaschen Bier hören sie sich gerne die Reden unserer Funktionäre an …“), und sie lockten dann immer neue Gesinnungsgenossen an.
Auch von einer NSU war die Rede, Bugelnik erinnerte sich, dass es einmal flotte Motorräder und Kleinfahrzeuge dieser Marke gegeben hatte, aber darum handelte es sich hier eindeutig nicht. NSU war auf diesem Papier die Abkürzung für „Nationalsozialistischer Untergrund“, eine Neonazi-Gruppe, deren Mitglieder von den deutschen Behörden wegen mehrerer Morde gesucht bzw. zum Teil auch verhaftet worden waren. Kropfitsch hatte ganz offensichtlich auch Kontakt zu diesen Leuten geknüpft („Pistor führte mich mit Rainer W. zusammen, der wegen angeblicher NS-Wiederbetätigung gerade erst aus dem Gefängnis gekommen war.“) Aber Kropfitsch war doch vorsichtiger, als es Bugelnik erhofft hatte: Es war zwar ziemlich eindeutig, dass er mit dieser Ideologie sympathisierte, aber aus den Unterlagen war kein Hinweis zu entnehmen, dass er mit den deutschen Neonazis gemeinsame Sache machte. Aber es schien ihm zu imponieren, dass es die NPD in den Landtag in Schwerin geschafft hatte. Und er zog hier eine Parallele zu Klagenfurt, er schrieb, beide Städte seien etwa gleich groß, nur das Schloss, in dem der Landtag untergebracht ist, sei um einiges protziger als der Landtag in Kärnten. Noch etwas machte Bulgenik stutzig: Mehrere Male war hier auch von „Objekt 21“ die Rede. Einmal wurde ein Treffen in Steyr beschrieben, bei dem Kropfitsch „Fahnen und einschlägige Schriften“ angeboten wurden, und, offenbar um ihm zu imponieren, hatte man ihm auch ein ganzes Waffenlager mit Pistolen und Schnellschuss-Gewehren gezeigt.
Eines war dem Kriminalkommissar aber klar: Als Mitarbeiter des Heeresnachrichtenamtes war Georg Kropfitsch untragbar, wenn das bekannt wurde, was er nun in der Hand hatte. Das würde zumindest das Ende der Karriere seines alten Freundes bedeuten.
Bugelnik war gerade dabei, im Internet ein Foto des Schlosses Schwerin zu suchen, als es an der Tür klopfte. Herein kam
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