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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eugen Freund
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Bogen, danach kam der aufregendste Teil: der Flug über das Wasser, nicht zu hoch und nicht zu niedrig, damit die Boeing 737 die Landebahn, die weit ins Meer hinaus gebaut worden war, an der richtigen Stelle traf. Auch diesmal klappte es, David war erleichtert, als er spürte, wie erst das rechte, dann das linke Rad auf dem Asphalt aufsetzte und die Maschine nach einem kräftigen Umkehrschub langsam ausrollte.
    Im Hotel ging David noch einmal im Kopf seinen Plan durch – wobei er den wildesten ohnehin verworfen hatte. Als Peter noch mit Feuer und Flamme dabei war, hatten sie alle möglichen Überlegungen angestellt, wie man Jörg Haider am besten – und am unauffälligsten – aus dem Weg räumen könnte. Natürlich gab es beim Marathonlauf immer wieder Läufer, die es mitten auf der Strecke nicht mehr schafften. Entweder sie blieben einfach stehen oder – auch solche hatte es jedes Jahr einige gegeben – sie brachen auf der Straße zusammen, meist mit geringen Nachwirkungen, aber da, so hatten sich Peter und David überlegt, könnte man nachhelfen: Ursprünglich hatten sie angenommen, Haider würde ein eigenes Getränk mit sich tragen, in das sie ein Gift schütten könnten, doch als sie sich das Video des letztjährigen Marathons anschauten, war ihnen klar, dass sich jeder mit der notwendigen Flüssigkeit versorgte, die am Straßenrand angeboten wurde. Außerdem war es extrem schwierig, zum Startplatz zu kommen, ohne als Teilnehmer registriert zu werden, denn dafür war es schon zu spät. Selbst wenn sie sich mit gefälschten IDs an ihn heranpirschten, die Gefahr, entdeckt zu werden, war groß.
    Eine andere Möglichkeit, die sie ins Auge fassten, erwies sich ebenfalls nicht als praktikabel: Ein Scharfschütze, den sie engagieren würden, könnte Haider von einem Wolkenkratzer aus in Queens ins Fadenkreuz nehmen. Doch auch da war die Gefahr groß, dass selbst bei allergrößter Präzision ein Unbeteiligter getroffen werden könnte – außerdem war ein derart offensichtlicher Mordanschlag mit Komplikationen verbunden – vom schwarzen Schatten, der damit auf den berühmten New York Marathon fallen würde, ganz abgesehen.
    Am Ende, vor allem, nachdem Peter das eindeutige Nein seines Vorgesetzten und entsprechende Signale aus höchsten Regierungskreisen bekommen hatte, war er abgesprungen, und auch David deutete ihm gegenüber an, dass er in nächster Zeit nicht weiter daran arbeiten würde. Aber es hatte ihm keine Ruhe gelassen: Die Berichte aus Europa mit Haiders Tendenzen, die Rechte auf dem Kontinent zu vereinen und damit eine bedeutende politische Kraft zu bilden, waren nicht weniger geworden, ebenso hatte er seine Beziehungen mit arabischen Diktatoren (oder auch mit dem einen oder anderen Sohn dieser Tyrannen) eher intensiviert als aufgegeben. Gleichzeitig ließ er auch seine Abneigung gegenüber den USA – oder zumindest gegenüber der politischen Führung in Washington – immer wieder anklingen. David wusste, dass alles nun ganz in seiner Hand lag, das war er sich und seiner Familie schuldig – nie, das hatte er sich geschworen, durfte das, was seine Urgroßmutter in Wien unter den Nazis erlebt hatte, wieder passieren. Und wenn es nur darum ging, den Anfängen zu wehren.
    David verließ das Hotel und ging die Lexington Avenue nach Süden. Nur zwei Straßen weiter stand er vor Bloomingdale’s, schon die wunderbar dekorierten Schaufenster waren einzigartig und verlockend. Da fiel ihm ein, dass sich diese Shopping Mall bis hinüber zur Third Avenue erstreckte, wohin er ohnehin unterwegs war, und ging hinein. Gleich beim Eingang war er betört vom Duft der riesigen Parfümerieabteilung mit ihrem schachbrettartigen, schwarz-weißen Fußboden. Er überlegte kurz, ob er Eleanor ein Eau de Toilette oder eine Gesichtscreme kaufen sollte, doch er entschied sich dagegen, sein Hotel lag schließlich so nahe, dass er jederzeit noch einmal zum Shoppen zurückkehren konnte. In der Männerabteilung konnte er freilich der Versuchung nicht widerstehen: Zwei Hemden und zwei Krawatten erschienen ihm so günstig, dass sie schließlich im „Big Brown Bag“ landeten.
    Als er die Drehtür am Ausgang zur 58. Straße anschob und einen Blick auf den abendlichen Stoßverkehr auf der Third Avenue warf, war es ihm, als würde er auf der anderen Seite des Drehkreuzes ein ihm bekanntes Gesicht sehen. David schob die Türe weiter und landete wieder im Geschäft. Jetzt war der Mann, dessen Gesicht er im Augenwinkel wahrgenommen

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