Pferdefuhrwerke-Zeitalters nicht mehr rentiert und sei dann aufgelassen worden. In diesem Augenblick hob ihr Mann, der die ganze Zeit über völlig teilnahmslos in einem bequemen Fauteuil saß und dessen Alzheimer-Krankheit schon deutliche Spuren hinterlassen hatte, den Kopf: „Und der Opa“, sagte er mit rauer Stimme, die er dem jahrzehntelangen Zigarettenkonsum, aber auch seinem Schweigen verdankte, „der hat eine kleine Hütte in Grafenbach g’habt, die sollt’ eigentlich noch stehen.“
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[email protected] Jakov stand in der kleinen Werkstatt, die er vor einiger Zeit gemeinsam mit einem Feinmechaniker namens Gil eingerichtet hatte. Sie hatten beide die Köpfe über die Reparaturpläne gebeugt, die Mordechai schließlich doch aus dem Volkswagen-Betrieb entwendet hatte. Er war, wie vereinbart, am nächsten Tag wieder in der Bar erschienen, tat aber kurz so, als würde er mit leeren Händen dastehen. „Und?“, fragte Jakov schon mit etwas Wut und Ungeduld in der Stimme, die noch verstärkt wurden, als Mordechai beide Hände Richtung Boden ausstreckte und sie zweimal hin und her drehte. Nicht schon wieder, dachte Jakov, ein weiteres Mal lasse ich mich nicht erpressen – wenn er jetzt die Pläne nicht mit hat, muss ich mir eine andere Lösung ausdenken. Doch es kam anders: Mordechai ließ gleich danach sein schönstes Lächeln erstrahlen (sogar ein Goldzahn blitzte zwischen den Zähnen durch), hob seine rechte Hand und griff damit in die Brusttasche seiner deutlich verschmutzten Windjacke.
„Das Problem ist“, sagte Gil, nachdem er die beiden Seiten, die das Lenkgestänge des Phaeton in jedem Detail wiedergaben, genau studiert hatte, „das Problem ist, dass alles so furchtbar verbaut ist. Beim Peugeot – du erinnerst dich – konnte man von der Spritzwand bis zum Lenkgetriebe jeden Zentimeter sehen. Hier geht nichts, ohne dass man vorher den halben Motor auseinandernehmen muss. Vielleicht“, und Gil blickte an Jakov vorbei, als würde er sich von der Wand, an der zahlreiche leicht verblasste Fotos halbnackter Pin-up-Girls hingen, Erkenntnisse erwarten, „vielleicht kommt man von unten besser heran, aber das sollten wir uns an einem echten Wagen einmal ansehen.“ Jakov nickte: Er hatte sich das nicht so kompliziert vorgestellt. Jedenfalls würde der Einbau der kleinen Bombe um vieles schwieriger werden als das Basteln des Sprengsatzes. Dazu kam noch, dass er ja kaum Zeit haben würde, denn wie lange würde der Dienstwagen eines österreichischen Politikers – der noch dazu ständig unterwegs war – unbeobachtet herumstehen? Sie blickten wieder auf die Zeichnungen: Die „Zahnstangen-Hydrolenkung mit Drehschieberventil und Seitenantrieb“ (wie fast alle komplexen Getriebe war auch dieses von der Zahnradfabrik Friedrichshafen konstruiert worden) bestand aus einer Zahnstange mit einem Antriebsritzel, das war jener Teil, der den Übergang vom Lenkrad beziehungsweise der Lenksäule zu den Vorderrädern bildete. „Siehst du diese Öldruckleitung hier?“, fragte Jakov seinen Kollegen und zeigte auf einen schwarzen, dicken Strich, der von einer Flügelpumpe direkt zum Drehstab führte. „Was passiert, wenn wir die Ölzufuhr kappen? Hier kämen wir viel leichter dazu.“
Doch Gil musste ihn enttäuschen: „So schnell passiert da nichts, das Fahrzeug kann noch längere Zeit ohne Öldruck weiterfahren – am ehesten spürt man, dass sich das Lenkrad schwerer drehen lässt, so, als würde die Servolenkung ausfallen. Aber du weißt ja, das merkt man am ehesten noch beim Einparken, aber sonst?“ Ihre Blicke richteten sich wieder auf den Plan. „Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir befestigen unseren Sprengsatz an der Lenkspindel – wo genau, das müssen wir uns einmal an einem Phaeton im Detail ansehen – oder am Lenkgestänge. Wenn du mich fragst, ist das sicher die einfachste Lösung. Und außerdem: Wenn es dann zu einem Unfall kommt, dann fällt ein gebrochenes Lenkgestänge nicht so auf, denn die Kräfte, die dann auf dieses Stück Metall einwirken, sind gewaltig. Nicht beim normalen Fahren, aber bei einer Kollision – und zu der kommt es ja in jedem Fall, wenn der Fahrer sein Auto nicht mehr beherrschen kann.“
Jakov hatte Glück: Ein Anruf bei Yossi Galem genügte und er hatte die Zusage, dass ihm am nächsten Tag ein Phaeton zur Verfügung gestellt werden würde. Jakov hatte im Internet herausgefunden, dass es ein Baujahr 2006 sein müsse, denn sehr oft