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Der Tod des Teemeisters

Der Tod des Teemeisters

Titel: Der Tod des Teemeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasoushi Inoue
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an dem er Ukon als einzigen Gast empfangen hatte.
    Wenn wir schon von Todesahnungen sprechen: Warum wußte Meister Rikyū nichts von seinem eigenen Tod, der ihn kaum zwei Monate später ereilen sollte. Und warum war Herr Ukon auf seinen Tod vorbereitet, als stünde er am nächsten Tag bevor, obwohl er ihn erst zweiundzwanzig Jahre später in der Verbannung finden sollte?Wie dem auch sei, Meister Rikyūs lobendem Urteil entsprechend, halte auch ich Takayama Ukon für eine herausragende Persönlichkeit. Müßte ich einen in der Teekunst herausragenden Mann nennen, würde ich mich für Takayama Ukon entscheiden. Ich weiß nicht, ob er möglicherweise dem christlichen Glauben anhängt, jedenfalls verfügte er über die ständige Bereitschaft zu sterben. Vermutlich war Meister Rikyū der Ansicht, er könne es zumindest in dieser Hinsicht nicht mit ihm aufnehmen.
    Demnach bekannten Meister Rikyū und Herr Uraku ganz offen ihre Unzulänglichkeit – der eine gegenüber Takayama Ukon, der andere gegenüber Statthalter Kimura. Diese Einsicht, glaube ich, ist das Kennzeichen eines Meisters unter Meistern.
    Noch etwas, das Herr Uraku über meinen Meister gesagt hat, geht mir nicht aus dem Sinn: »Rikyū war beim Tod etlicher Samurai anwesend. Wie viele von ihnen sind in die Schlacht gezogen, nachdem sie bei Meister Rikyū Tee getrunken hatten? Und fanden den Tod. Wenn man so viele gewaltsame Tode vorbereitet hat, kann man doch nicht auf seinem Lager sterben.«
    Diese Worte und Herrn Urakus Tonfall sind mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Er sagte auch, daß er selbst anwesend war, als Statthalter Kitamura den Entschluß faßte zu sterben. Zweifellos richtete Meister Rikyū für viele Samurai derartige Gelöbniszeremonien aus. Ich selbst kenne keinen von ihnen, aber es waren große Namen wie Matsunaga Hisahide, Miyoshi Jikkyū, Seta Kamon und Akechi Hyūganokami darunter. Zumindest hat mein Meiter sie erwähnt. Diese Krieger, alle in der Teekunst beschlagen, hatten vor meiner Zeit bei Meister Rikyū den Tod in der Schlacht gefunden.
    Meister Rikyū erzählte mir einmal, daß Taikō Hideyoshi seine kühnsten Auftritte bei den Teezeremonien in den Jahren Tenshō zehn und elf 53 gehabt habe. Im Jahre zehn schlug er Fürst Akechi von Yamazaki und elf besiegte er Shibata Katsuie in Kitanosho. Vor beiden Schlachten hatte Hideyoshi sich in Anwesenheit Meister Rikyūs darauf vorbereitet, in der Schlacht zu sterben.
    »Rikyū war herausragend. Er ging seinen Weg allein. Er hatte seine eigene Philosophie des Tees. Er hat aus der leichten Teekunst, die dem reinen Vergnügen diente, etwas Ernsthaftes geschaffen. Das bedeutet, er hat den Teepavillon in einen Raum für Zenmeditation verwandelt. In einen Raum, in dem man das Schwert gegen sich selbst richtet«, sagte Herr Uraku mir an dem Abend, an dem er mich zum ersten Mal zu einer Teezeremonie einlud. Es war das erste und letzte Mal, daß er Meister Rikyū rückhaltlos als herausragend pries, doch diese Äußerung hatte zur Folge, daß ich ihn danach noch viele Male im Shōden-in besuchte.
    Aber was hieß das eigentlich? Unbestreitbar ist Meister Rikyū seinen eigenen Weg gegangen. War er nicht auch in meinem Traum ganz allein jenen kalten, kahlen einsamen Weg gegangen?
    »Er hat aus der leichten Teekunst, die nur dem Vergnügen diente, etwas Ernsthaftes geschaffen«, sagte Uraku. Was bedeutete das? »Er hat das Teezimmer zu einem Raum gemacht, in dem man sich tötet.« Das verstehe ich noch weniger. Gleichwohl klangen seine Worte in meinen Ohren weder ärgerlich noch höhnisch. Ihren Inhalt verstehe ich nicht, aber sie scheinen Meister Rikyū weder anzugreifen noch herabzusetzen.
    Mein Meister, der die entscheidende Tat beging, das Teehaus zu einem Ort des Freitodes zu machen, ist nicht mehr, und auch Herr Uraku, der dies erkannte, weilt nicht mehr unter uns. Keinen von beiden kann ich mehr fragen, aber Meister Rikyū besaß mit seiner Teekunst gewiß die Fähigkeit, auf den Tod vorzubereiten. Wenn nicht, hätten mich Herrn Urakus Worte sicher unangenehm berührt, was sie jedoch nicht taten.
    Was ist bloß dieser einsame Weg, den ich als Weg in die andere Welt bezeichne? Was ist das für ein Weg, der vom Myōkian in Yamazaki endlos geradeaus führt? Warum geht mein Meister ihn ganz allein? Ich versuche zu verstehen, aber ich verstehe es nicht. Dennoch bin ich diesen Weg bereits zum zweiten Mal mit meinem Meister gegangen. Einmal im Traum und einmal in den Fieberphantasien in jener

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