Der Tod des Teemeisters
wünsche sich, daß der Tee ihr darin gleiche. Und immer wieder fragte ich mich, ob ich diesen Zustand der Strenge und Kälte erreicht hätte.«
»...«
»Ich sehe die vielen berühmten Krieger unserer Zeit, die gesammelten Geistes vor mir saßen. Ich, Sōeki, dagegen verließ mich auf die Macht Eurer Exzellenz und entfernte mich damit am weitesten vom Teeweg. Dessen schäme ich mich.«
»Ich weiß, ich weiß. Schöpft wieder Mut und bereitet noch einen Tee. Habt Ihr kein besseres Geschirr?«
»Ich habe eine Teeschale, eine Teedose und einen Teespatel. Sonst nichts. Seit der Errichtung des Myōkian habe ich mich entschlossen, mich nacheinander all meiner Stücke zu entledigen. Doch auch wenn man alles fortgibt, bleibt zum Schluss immer noch das eigene Selbst. Nun scheint die Zeit gekommen, auch sich selbst aufzugeben.«
»Reicht es jetzt nicht? Seid wieder mein Teemeister wie bisher. Warum macht Ihr ein so ergebenes Gesicht?«
»Weil Ihr so gütig seid, mein Fürst. Seit wir uns zum ersten Mal in der Burg Azuchi begegnet sind, wart Ihr mir stets gewogen. Ihr seid es, der mir auf dieser Welt die größte Güte entgegengebracht hat.«
»Ich werde mein Schwert nicht mehr ziehen.«
»Sprecht nicht so! Denn dann seid Ihr nicht mehr Ihr selbst. Euer Zorn hat Euch dazu gebracht, das Schwert zu ziehen, und das ist Euer gutes Recht, wenn man Euch erzürnt. Ihr allein, mein Fürst, könnt auf dieser Welt jedem den Tod befehlen. Um dies zu erreichen, habt Ihr immer wieder Euer Leben aufs Spiel gesetzt.«
»Ich verstehe. Gleichwohl, Ihr braucht Euch nicht zu töten.«
»Es geht nicht anders. Viele warten darauf, Sōekis letzte Teezeremonie zu sehen.«
»Wo?«
»Im Schreibpavillon drängt man sich bereits. Und ich glaube, unter den Gästen sind viele, gegen die Ihr gekämpft und die Ihr getötet habt. Ihr solltet Euch vorsehen.«
»Wie meint Ihr das?«
»Habt die Güte, Euch zu entfernen. Exzellenz, laßt uns nun voneinander Abschied nehmen.«
»...«
»Lebt wohl, mein Fürst.«
In diesem Moment wird es still im Teezimmer. Eigentlich müßte der Taikō sich nun erheben, aber es ist nichts zu hören. Wie ist er hinausgelangt, wenn nicht durch die Tür? Es ist, als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Was tut Meister Rikyū nach seinem Verschwinden wohl ganz allein? Kaum denke ich dies, höre ich seine Stimme.»Wer ist da?«
»Ich bin es, Herr – Honkakubō .«
»Ach, du. Wie schön, daß du kommst. Ich bin dir sehr dankbar.«
Ich kann nicht sofort antworten.
»Ich möchte Euch Lebewohl sagen«, stoße ich schließlich hervor.
»Wir hatten schon Abschied genommen, damals auf dem einsamen, steinigen Weg. Ich dachte, das sei unser Lebewohl gewesen. Nun bist du noch einmal gekommen.«
»Aber damals konnte ich mich nicht von Euch trennen und bin Euch doch von weitem gefolgt. Ich zog mich zurück, aber dann bin ich Euch doch gefolgt.«
»Jener Weg war nur mein Weg. Du durftest ihn nicht gehen.«
»Warum denn nicht?«
»Es war der Weg des Teemeisters Rikyū . Jeder Teemensch geht seinen eigenen Weg. Meister Jōō, Herr Sōkyū und dein Freund, der gute Tōyōbō, sie alle haben ihren eigenen Weg. Ich weiß nicht, ob er gut ist oder schlecht, aber ich, Rikyū, habe in dieser kriegerischen Zeit jenen kalten, kahlen, steinigen Weg gewählt.«
»Wohin führt dieser Weg, Meister?«
»Er ist endlos. Doch wenn eine Zeit ohne Krieg kommt, wird ihn wahrscheinlich niemand mehr gehen. Aber da er allein Rikyūs Weg ist, kann er ruhig mit ihm verschwinden.«
»Er ist nur Euer Weg, Meister?«
»Nicht ganz, Yamanoue Sōji hat ihn kurz vor mir beschritten. Und nach mir ging ihn Furuta Oribe. Aber er war der letzte.«
An dieser Stelle bricht Meister Rikyūs Stimme ab, und ich habe sie nie wieder gehört.
Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergeht. Vielleicht sind es nur wenige Augenblicke. Im Garten sind die Schritte vieler Menschen zu vernehmen. Gleich beginnt die letzte Teezeremonie. Eigentlich müßte der Gehilfe bereits zur Stelle sein, aber aus dem Teeraum dringt kein Laut. Nur äußerste Anspannung geht von ihm aus. Mir ist, als sähe ich Meister Rikyūs Gestalt auf dem Platz des Gastgebers sitzen. Wer wird sich als erster ins Zimmer ducken? Ich werfe einen Blick auf die niedrige Pforte. Für gewöhnlich kann ich sie vom Küchenkabinett aus nicht sehen, doch seltsamerweise habe ich heute freie Sicht darauf. Als erster trifft Shōgun Ieyasu ein. Er ist etwas füllig geworden und bewegt sich deshalb nicht sehr geschmeidig.
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