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Der Tod des Teemeisters

Der Tod des Teemeisters

Titel: Der Tod des Teemeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasoushi Inoue
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Es ist nicht weiter verwunderlich, daß der Shōgun nach der Zeremonie, bei der nur Hideyoshi und Meister Rikyū als Gast und Gastgeber zugegen waren, an der offiziellen letzten Teezeremonie teilnimmt.
    Nach Ieyasu kommen Maeda Toshiie, dann Meister Jōō. Als nächste treffen nacheinander Mōri Terumoto, Matsui Sado, der Apotheker, Oda Uraku, Hosokawa Sansai, Shimai Sōshitsu, Takayama Ukon, Toda Tamibe, Chaya Shirojirō, Sōwa Hariya und Yorozuya Sōan ein; alle Freunde, die zwischen dem Herbst Tenshō achtzehn und Anfang Tenshō neunzehn 58 den letzten Teezeremonien Meister Rikyūs beigewohnt haben. Daimyō, Adlige und Teeliebhaber aus der Stadt umgeben Meister Rikyū.
    Als nach einer Weile noch die Herren Kōkei und Shunoku vom Daitokuji erscheinen, frage ich mich, wie eszugeht, daß so viele Menschen in dem nur zwei Tatami großen Teezimmer Platz finden. Es halten sich bereits mindestens zwanzig Personen darin auf. Während ich mich noch darüber wundere, sehe ich die Herren Sōkyū und Sōkiu durch die kleine Tür eintreten. Selbst wenn man jeden verfügbaren Winkel ausnutzt, kann das Teehaus so viele Menschen nicht fassen.
    In meiner Jugend im Mii-dera habe ich gehört, daß sich Hunderte, ja Tausende von Menschen in einer kleinen Tempelhalle versammelten, um die Predigten von Yuimakitsu zu hören. Hier geschieht heute das gleiche. Um Meister Rikyūs letzte Teezeremonie zu sehen, drängt sich eine wahre Menschenmenge in dem nur zwei Tatami großen Raum.
    Während ich darüber nachdenke, treffen die Samurai Matsunaga Hisahide, Akechi Hyūganokami, Miyoshi Jikkyū, Seta Kamon und Ishida Mitsunari ein. Bereits auf dem Schlachtfeld gefallene und solche, die noch fallen würden, sind anwesend. Als letzter Krieger tritt Tomita Sakon ein. Inzwischen faßt der kleine Raum etwa scheinbar vierzig bis fünfzig Personen.
    Wieder hüllt das heftige Prasseln von Hagel Himmel und Erde ein. Meister Rikyū schickt sich an, mit der Teezeremonie zu beginnen. Ich denke, daß ich etwas tun muß. In diesem Augenblick sehe ich, wie Yamanoue Sōji durch die niedrige Tür späht. Er hat sich ein wenig verspätet. Natürlich ist kein Platz mehr frei, so daß er nur seinen gebeugten Oberkörper in den Raum schieben kann. Er blickt in meine Richtung. Er ist blutüberströmt und bietet einen grausigen Anblick.
    Als ich hinzuspringen will, um Bruder Sōji aufzuhalten, schrecke ich aus meinem Traum auf.
    Kaum aufgewacht, erhob ich mich von meinem Lager. Würde mein Traum weitergehen, würde Meister Rikyū nun mit der Zeremonie beginnen? In dem Wunsch, ihr beizuwohnen, richtete ich den Kragen meines Schlafkimono und setzte mich aufrecht auf mein Lager.
    Es sind noch immer zahlreiche Menschen im Teezimmer. Meister Rikyū muß Macht haben, um all diese Leute in einem nur zwei Tatami großen Raum zu versammeln.
    Es war überaus seltsam, im Traum Meister Rikyūs Freitod vor dreißig Jahren zu sehen. Hatte ich diesen Traum, weil ich seit einem Monat Tag und Nacht über das nachdenke, was Herr Uraku über Meister Rikyū gesagt hat, über den Hintersinn seiner Worte nachgrüble und über den kalten, kargen, einsamen Weg? Man sagt, Träume entstünden durch eine Ermüdung der Eingeweide. Tatsächlich fühlt sich mein ganzer Leib so erschöpft an, daß ich fürchte, den Winter nicht zu überstehen.
    Nach einer Weile ging ich zum Abort. Ich öffnete das kleine Fenster und sah draußen die weißen Flocken tanzen. Es mußte ungefähr vier Uhr morgens sein. Es war noch tiefe, dunkle Nacht.
    Ich setzte mich wieder auf mein Lager. Es herrschte schneidende Kälte, aber ich hatte keine Lust, mich wieder hinzulegen. Nach seiner letzten Teezeremonie muß mein Meister seine allerletzte Aufgabe in diesem Leben erfüllen. Er wird ins Schreibzimmer gehen, seine drei Zeugen begrüßen und sich auf den vorgeschriebenen Platz setzen.
    Wenn die Zeit in meinem Traum mit der in der Wirklichkeit übereinstimmt, müßte mein Meister schon dort angekommen sein. Der Augenblick seines Todes rückt immer näher.
    Etwa eine Stunde blieb ich so sitzen, dann erhob ich mich und entfachte das Feuer, um meine erstarrten Glieder zu wärmen. Als ich mich wieder einigermaßen wohlfühlte, fragte ich mich, wo die Ereignisse in meinem Traum sich abgespielt hatten. Da es sich um einen Traum handelte, war die Örtlichkeit ein wenig verschwommen und sonderbar, hatte aber eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Myōkian in Yamazaki. In dem Teeraum, in dem Yamanoue Sōji einstmals sagte, daß das

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