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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Schüsse abgegeben. In der Wirtsstube, wo die Kathi so wie jetzt mit dem Fräulein auf der Ofenbank gesessen und ein bissl Radio gehört und geratscht hat, war von den Schüssen nichts zu hören. Und überhaupt, nicht einmal die Dorfköter haben daraufhin zu bellen angefangen. Solch ein kleinkalibriges Ding macht ja auch nur gerade putt-putt-putt...« Veitl knallte mit den Lippen, als flögen drei Sektkorken kurz hintereinander gegen die Decke. »Ja, wenn es vielleicht meine 08 gewesen wäre. Aber auch solch ein Spielzeug haut ganz schön durch, man sollte es nicht für möglich halten...«
    »Was war das für ein Fräulein, mit dem sich die Kathi unterhalten hat?« fragte ich.
    Er probierte das neue Glas und wischte sich den Schaum von den Lippen.
    »No, dem Manueli sein Gschpusi«, antwortete er und kniff ein Auge bedeutungsvoll zu, »eine sehr fesche Person, da kann man nix dagegen sagen...« Und er deutete mit seinen riesigen Pratzen am eigenen Oberkörper und an den Hüften mit kurvenden Handbewegungen die Formen der betreffenden Dame an. Nach seiner Darstellung müßte sie etwa drei Zentner gewogen haben, aber ich führte die von Wunschträumen diktierte, reichlich übertriebene Beschreibung vor meinem inneren Auge auf das wahrscheinliche Format zurück. Trotzdem blieb das übrig, was unsere Väter eine junonische Erscheinung nannten. »Im Gästebuch hat er sie natürlich als seine Frau eingetragen. No ja! Er hatte ein Doppelzimmer genommen. Es ist billiger als zwei einzelne...«
    »Und wer war diese Dame?« fragte ich, bevor er sich allzusehr in die Details begab.
    »Seine Assistentin. Er war doch Zauberkünstler. Und sie nahm ihm auf der Bühne den Zylinder ab, aus dem er die lebendigen Kaninchen hervorzauberte, oder sie war die Dame, die er auf offener Bühne verschwinden ließ. Sie heißt übrigens ganz schlicht Emilie Keckeisen, aber in seiner Nummer trat sie als Miss Arabella auf.«
    Ich hörte Veitl mit gespannter Aufmerksamkeit zu.
    »Nun ja, er hatte ihr gesagt, er würde gegen acht Uhr wieder im Gasthaus sein und mit ihr zu Abend essen...«
    »Das ist ja sehr interessant!« unterbrach ich ihn.
    Aber er winkte ab und schüttelte den Kopf: »Ich weiß genau, Herr van Doorn, was Sie jetzt vermuten und sagen wollen, aber damit ist es nix. Die Miss Arabella hat von halb neun bis halb elf neben der Kathi auf der Bank gesessen und brav gehungert und auf ihren Herrn Manueli gewartet, und hat die Gaststube in der ganzen Zeit nicht ein einziges Mal verlassen. Und schließlich, als es zehn und halb elf wurde und Manueli immer noch nicht kam, da hat sie ein Butterbrot gegessen und ein Glas Milch getrunken und ist zu Bett gegangen.«
    »Aber Manueli ist, wie Sie sagten, zwischen zehn und Mitternacht erschossen worden!«
    »Geben Sie sich keine Mühe, lieber Herr«, sagte Veitl und beleckte das Deckblatt seiner Zigarre, das dicht unter dem Aschenkegel aufgeplatzt war, mit einer auffallend roten Zungenspitze, »um halb elf hat die Kathi die Gaststube zugesperrt, weil die letzten Gäste längst gegangen waren, und hat dem Fräulein noch ein wenig beim Essen zugeschaut und ist dann mit ihr, weil sie sich über das Ausbleiben von Manueli beunruhigt hat und überhaupt eine furchtsame und nervöse Person gewesen ist, auf ihr Zimmer mitgegangen. Und da haben die beiden Weiberleut noch eine ganze Weile beieinander gehockt, die Kathi hat an ihrem Pulli weitergestrickt, und die andere hat Karten gelegt. Aber Sie können ja die Kathi selber fragen, sie spitzt eh schon her...«
    Tatsächlich hatte die Kathi ihr Strickzeug beiseite gelegt und brannte sichtlich darauf, ins Gespräch gezogen zu werden. Ich winkte sie heran, und es war, als hätte ich einen Wasserhahn aufgedreht. Ja, genauso sei es gewesen, wie der Herr Oberwachtmeister Veitl erzählt hätte. Daß das Fräulein nie im Leben die Ehefrau von Herrn Manueli gewesen sei, das hätte sie gleich auf den ersten Blick gespannt. Für so etwas bekäme man im Verlauf der Jahre im Gaststättengewerbe einen Riecher, und da könnten manche Paare noch so sehr mit den Eheringen blitzen. Aber eine sehr fesche und hübsche Person sei das Fräulein gewesen, und erzählen habe sie können, daß einem sozusagen das Maul offen geblieben sei. Von ihrem Auftreten in Wien und Stuttgart, Hamburg und Köln, wo sie einfach großartige Erfolge gehabt hätten. Und der Herr Manueli hätte es weder sich noch ihr leicht gemacht und immer an neuen Tricks gearbeitet, an denen sie manchmal wochenlang

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