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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zugeworfen zu haben, den er willig annahm.
    »Das ist die Meinung von Herrn Wildermuth?« fragte sie stockend.
    »Ja, das ist eine Hypothese, die er sich wahrscheinlich auf die Behauptung der alten Frau Empfenzeder hin zurechtgebogen hat, sie habe euren Wagen zur fraglichen Zeit in Achenreuth gesehen und habe auch deine Mutter erkannt.«
    Hansi schöpfte tief Atem, aber ehe sie dazu kam, etwas zu äußern, hob ich abwehrend die Hand und schnitt ihr das Wort ab: »Sage jetzt nichts! Ich bin nicht hergekommen, um Wildermuth die Arbeit abzunehmen und zu hören, ob seine Hypothesen Bestätigung finden oder nicht!«
    »Ich wollte auch gar nichts sagen«, rief sie ein wenig irritiert, »ich weiß ja nichts! Aber mir ist Vimmys Verstörtheit genauso aufgefallen wie dir, Onkel Paul. Und ich habe die ganze Zeit gerätselt, was dahinter stecken mag.« Sie brach unvermittelt ab und errötete ein wenig, Stirn und Wangen färbten sich um eine Schattierung dunkler, als verteile sich ein Blutstropfen rasch unter der rosigbräunlichen Haut. Natürlich hatte ihr etwas ganz anderes auf der Zunge gelegen, das Eingeständnis vielleicht, daß Wildermuths Theorie ihrer Meinung nach an die tatsächlichen Ereignisse dicht herankomme oder Victoria Textor einen glaubwürdigen Vorwand liefere, um ihre Fahrt nach Achenreuth zu erklären.
    »Die Geschichte hat leider einen Haken. Deine Mutter hat bis zum heutigen Tag in allen Vernehmungen mit Entschiedenheit abgestritten, in Achenreuth gewesen zu sein; ihr beide, Sofie und du selber, habt erklärt, sie habe das Haus nicht verlassen. Wenn die Behauptung der alten Empfenzederin dem Untersuchungsrichter absolut glaubwürdig erschiene, dann hätte man deiner Mutter längst auf den Kopf zugesagt, daß sie in Achenreuth beobachtet worden sei. Erschiene sie nun heute oder morgen vor dem Staatsanwalt in Altenbruck, um eine neue Aussage zu Protokoll zu geben, dann müßte sie sich den Grund, weswegen sie Manueli noch am späten Abend aufsuchen wollte, sehr genau überlegen. Es wäre zum mindesten merkwürdig, wenn Herr Wildermuth mit seiner Vermutung so genau ins Schwarze getroffen hätte, daß nun auch deine Mutter behaupten kann, sie habe Manueli aufsuchen wollen, um mit ihm noch einmal über den Kaufpreis des von Erbsmehl signierten Deckelkruges zu verhandeln. Aber einen stichhaltigen Grund könnte man schließlich konstruieren. So oder so wäre aber deine Mutter — um es ganz grob und klar auszudrücken — dann mit einem Bein zwischen jene Mühlsteine geraten, aus denen sie sich bisher herausgehalten hat. Ich will nicht sagen, daß dieses späte Eingeständnis für sie böse Folgen haben könnte, denn auch der Staatsanwalt könnte ihr nicht mehr vorwerfen, als daß sie kopflos und fahrlässig gehandelt hat. Unangenehmer wäre, daß ihre Aussage zunächst mit größtem und — vom Standpunkt der Kriminalpolizei aus gesehen-berechtigtem Mißtrauen aufgenommen würde.«
    Hansi hatte mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört, und fast sichtbar nahm von Satz zu Satz der Druck zu, der sie belastete.
    »Und nun stelle dir noch vor«, fuhr ich fort und beobachtete eine Fliege, die sich an einem Honigtröpfchen auf dem Rand meines Tellers delektierte, »es gäbe irgendeinen Grund für deine Mutter, Manueli lieber tot als lebendig zu wissen...«
    Ich sah im Winkel des Auges, daß Hansi die Fäuste vor die Augen preßte, und hörte einen Laut, als würde sie erdrosselt. »Hör auf! Hör um Gottes willen auf! Das ist ja furchtbar...«
    »Nimm dich zusammen, Hansi!« sagte ich eindringlich und versuchte, mir die lähmende Furcht nicht anmerken zu lassen, die mir Hansis Reaktion auf meine tastende Äußerung einflößte. Gab es irgendeine Verbindung zwischen Victoria Textor und Manueli, die Hansi bekannt war? Und hatte Wildermuth bereits eine Spur entdeckt oder mit seiner Frage nur einen Versuchsballon gestartet?
    »Was wir hier besprechen, bleibt zwischen uns. Und unser Gespräch hat keinen anderen Zweck, als alle Möglichkeiten zu erschöpfen und allen Zufällen vorzubeugen. Du weißt genausogut wie ich, daß deine Mutter mit dem Tod Manuelis nichts zu tun hat. Auch dann nicht, wenn Manueli ihr schon einmal begegnet wäre und wenn sie Grund dazu hätte, seinen Namen mit unangenehmen Erinnerungen zu verknüpfen.«
    Ich stand auf und trat zu ihr hin. Sie hob das Gesicht zu mir empor, und ihre Lippen zuckten. Ich nahm ihre Hände und zog sie einen Augenblick an mich heran.
    »So, und jetzt wollen wir damit Schluß

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