Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
Pascoe, »aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie darauf einen Blick werfen könnten, Mr. Beard.«
Der Anwalt nahm den Testamentsvordruck zur Hand und las ihn sorgfältig durch. Nach einem Fingerschnippen seinerseits reichte ihm Miss Gay ein Vergrößerungsglas, worauf er einzelne Teile noch eingehender studierte. Schließlich zufrieden, legte er das Glas weg und lehnte sich auf dem Sofa zurück.
»Was wir hier haben«, sagte er, »ist ein Testament, einfach in seinem Zweck, unzweideutig in seiner Sprache, das alle vorhergehenden Testamente aufhebt, mich als alleinigen Testamentsvollstrecker bestimmt und sämtliche Vermögenswerte der kürzlich verschiedenen Lady Denham der Yorkshire-Pferdestiftung vermacht. Es ist handschriftlich verfasst, und ich kann nach billiger Maßgabe bestätigen, dass es sich dabei um Lady Denhams Handschrift handelt, was ebenfalls auf ihre Unterschrift zutrifft. Es ist auf vorgestern datiert und damit jünger als das Testament in meinem Besitz, über dessen Verfügungen wir vorhin gesprochen haben.«
Er hielt inne.
»So, um jeglichen Zweifel zu vermeiden«, sagte Pascoe, »Sie können also bestätigten, dass das Testament, dessen Inhalt Sie uns vorgetragen haben, nicht mehr gültig ist und wir hier – es sei denn, es taucht ein weiteres, noch jüngeres Testament auf – das derzeit gültige Testament der verschiedenen Lady Denham vor uns haben?«
»Ich glaube nicht, dass ich das gesagt habe, Chief Inspector«, sagte Mr. Beard.
»Wie bitte? Ich dachte, Sie sagten, Sie seien überzeugt, dass die Unterschrift echt ist?«
»Das war ich, und das bin ich, in der Tat. Lady Denhams Unterschrift ist sicherlich echt. Aber jetzt kommen wir zu den beiden Zeugen, die als Mr. Oliver Hollis und Miss Clara Brereton angegeben werden. Ich hatte nur einmal zuvor Gelegenheit, Miss Breretons Unterschrift zu Gesicht zu bekommen, daher bin ich mir nicht absolut sicher, aber sie stimmt nicht mit der in meiner Erinnerung überein. Was Mr. Oliver Hollis betrifft, so war er zufällig oder vielleicht auch bedeutsamerweise neben Miss Gay« – die Sekretärin nickte dazu, ohne die Miene zu verziehen – »Zeuge des Testaments, das sich in meiner Aktentasche befindet. Wenn Sie wünschen, können Sie die Unterschrift dort mit der Unterschrift hier vergleichen. Ich meinerseits bedarf dessen nicht. Ich kann ohne jeden Zweifel bestätigen, dass sie nicht von seiner Hand stammt.«
Beard und Wieldy hatten recht getan, sich über Gilbert und Sullivan zu unterhalten, dachte Pascoe. Sie waren hier in Titipu!
»Was wollen Sie uns also damit sagen, Mr. Beard?«, fragte er.
Zum ersten Mal zeigte der Anwalt ein Lächeln, weiße Zähne, die durch seinen schwarzen Vollbart durchschimmerten, als hätten sie ihr Leben lang auf diesen großen Moment gewartet.
»Ich sage damit, dass Lady Denham anscheinend ihr eigenes Testament gefälscht hat!«
9
D ennis Seymour konnte nicht mit Krankenhäusern. Als seine Zwillingstöchter geboren wurden, schaffte er es noch, die Ankunft der ersten mitzuerleben, als jedoch die zweite erschien, lag er flach auf dem Boden und musste selbst behandelt werden. So machte er sich ohne großen Enthusiasmus auf den Weg zum Avalon und bat, zur Intensivstation gebracht zu werden.
Shirley Novello ließ sich widerstandslos ablösen. Die einzige Hoffnung, die sie ihm anbieten konnte, um die Langeweile etwas zu mindern, war die Warnung, dass Gordon Godley aufgetaucht sei und darum gebeten habe, ein paar Minuten mit der Patientin allein zu sein.
»Klang harmlos, aber das ist bei Durchgeknallten immer so«, sagte Novello. »Hab ihn auf der Stelle rausgeschmissen, aber halt die Augen offen. Trau nie einem Typen mit Bart, die haben meistens was zu verbergen.«
»Dann hab ich ja noch eine Chance«, grinste Seymour und strich sich über das Kinn.
»Nein, nein. Glattrasierte sind noch schlimmer. Die haben nämlich nichts zu verbergen. Cheers, Dennis.«
Seitdem hatte er auf einem harten Stuhl im Gang gesessen und zur Ablenkung nichts anderes gehabt als das Piepen der Herz-Lungen-Maschine, an die die reglose Gestalt auf dem Bett angeschlossen war. Die Ankunft der Schwester, die zum Nachsehen kam, ob alles in Ordnung wäre, stellte – so wie es sein sollte – eine angenehme Abwechslung dar. Sie war sehr hübsch, und er versuchte mit ihr zu flirten, leider war sie auch jung genug, um einen Mann jenseits der dreißig als verlorene Sache anzusehen, so dass ihr das alles nur peinlich war. Als sie eine
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