Der Tod heilt alle Wunden: Kriminalroman (German Edition)
erinnern …«
Pascoe ließ sich von Feldenhammer aus dem Zimmer geleiten.
»Wie lautet die Prognose?«, fragte er, nunmehr versöhnlicher gestimmt.
»Überraschend gut. Wie Sie selbst sehen konnten, ist sie in der Lage, selbständig zu atmen, und wenngleich sie aufgrund der Frakturen und möglichen inneren Verletzungen noch eine Weile ans Bett gefesselt sein wird, scheinen die Gehirnfunktionen unbeeinträchtigt zu sein. Gedächtnislücken sind nichts Ungewöhnliches in solchen Fällen. Oft kehrt die Erinnerung zurück, zumindest in Teilen, aber Sie werden sich in Geduld üben müssen.«
»Einer meiner Beamten wird die ganze Zeit bei ihr oder in ihrer Nähe bleiben. Ich hätte von Ihnen gern die Zusicherung, dass alles, was sie sagt, unmittelbar an meine Mitarbeiter weitergegeben wird.«
»Das Gebot der ärztlichen Schweigepflicht, Mr. Pascoe …«
»Freut mich zu hören, dass Sie Ihre Pflichten gegenüber den Patienten so ernst nehmen, Doktor«, sagte Pascoe mit einem gewissen Unterton. »Ohne Ansehen von Hautfarbe oder Religion. Ein Gebot, über das ich mich mit Ihnen in naher Zukunft mal unterhalten möchte. Unterdessen hätte ich gern Ihre Zusicherung …«
Feldenhammer sah ihn nervös an, vielleicht erinnerte er sich an die Bemerkung, dass Pascoe sein Foto gesehen habe. Schließlich sagte er: »Ja, natürlich, wir kommen Ihrem Wunsch nach Kooperation gern nach. Und jetzt entschuldigen Sie mich.«
Er kehrte ins Krankenzimmer zurück.
»Dennis«, sagte Pascoe, »versauen Sie es nicht wieder. Das nächste Mal haben Sie vielleicht nicht so viel Glück.«
»Ja, Sir.«
»So, und wo ist Hat?«
Bowler saß in der Besucherlounge und trank Kaffee.
»Wollen Sie auch eine Tasse, Sir?«, fragte er. »Er ist wirklich gut.«
»Nein danke. Ihrem Benehmen nach zu urteilen, haben Sie einige Neuigkeiten für mich.«
»Ja, Sir. Die Dame auf dem Bild ist Miss Indira Bannerjee, eine ehemalige Patientin. Litt an psychischen Problemen, nähere Einzelheiten konnte meine Quelle nicht nennen, sie wollte sowieso kaum …«
»Jaja, ärztliche Schweigepflicht, ich weiß«, sagte Pascoe.
»Aber gegen Klatsch hatte sie nichts einzuwenden. Miss Bannerjee war anscheinend, was man ein superscharfes Gerät nennen könnte …«
Pascoe bemerkte die Bemühungen des jungen Mannes, ein Idiom zu finden, das er vielleicht verstand.
»Sie meinen, sie war sexuell ein wenig zu aktiv?«
»Ja«, grinste Bowler. »Fing jung an, was man so weiß. Sie war erst siebzehn, als sie hier eingeliefert wurde. Die Krankenschwestern sprechen seitdem anscheinend vom Bannerjee-Jumping.«
»Sehr witzig. Und sie und Feldenhammer?«
»Ach ja. Es gab Gerüchte. Nichts Bestimmtes, aber man war sich im Allgemeinen darin einig, dass Indira auch bekam, was Indira wollte.«
»Was war mit der Familie? Falls die befürchtete …«
»Die Befürchtungen waren wohl schon da, aber es hat vermutlich niemanden überrascht«, sagte Bowler. »Allerdings wollten sie auf keinen Fall, dass die Sache weiter verfolgt und die Boulevardpresse damit auf die anderen Fälle aufmerksam wurde. Also haben sie sie einfach mitgenommen.«
»Großartig. Gut gemacht, Hat. Ein weiterer Job für Sie. Sie scheinen doch ganz gut mit Sidney Parker auszukommen? Also, schaffen Sie sich ins Hotel und reden noch mal mit ihm.«
»Ja, Sir. Sir, stimmt es, was man sagt, dass er schwul ist?«
»Das stört Sie doch nicht, oder?«
»Nein, Sir«, kam es ungehalten von Hat.
»Ach, jetzt verstehe ich. Sie meinten, er mag Sie wegen Ihrer Kultiviertheit und geistreichen Konversation! Machen Sie sich mal darüber keinen Kopf, Hat – setzen Sie es ein! Lösen Sie, wenn es hilft, noch einen Knopf an Ihrem Hemd. Ich möchte den genauen Zeitpunkt, wann er und Ted Denham mit ihrem Treiben im kleinen Liebesnest am Kliff fertig waren. Vielleicht führt Sid ja Buch darüber, wie lange es jeweils dauert. Er ist doch Buchhalter. Okay?«
»Ja, Sir«, kam es nicht sonderlich glücklich von Hat.
»Wenn er sich nicht kooperativ erweisen sollte, dann stellen Sie sich laut die Frage, warum er nicht die Behörden informierte, als seine Nichte Minnie ihm erzählte, sie wäre zufällig über Dr. Feldenhammer gestolpert, der mit einem minderjährigen Mädchen, das noch dazu seine Patientin war, unsittlichen Umgang pflegte.«
»Aber Miss Bannerjee war siebzehn, Sir«, warf Hat ein.
»Das wissen Sie, und das weiß ich, aber es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es auch Sidney Parker weiß«, sagte Pascoe.
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