Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
sie hätten seine Stellung bei demjenigen gefestigt, dem sie nutzten. War Weilgunys Bemerkung Ursula Winkler gegenüber, nun wäre alles „mit einem Rutsch" erledigt, vielleicht auf die nunmehr unmöglich gewordene Testamentsänderung zu beziehen? Dann wären als Interessenten freilich nicht nur die Voigts, sondern alle von der Witwe mit größeren Legaten bedachten Personen zu berücksichtigen. Weilguny war den Voigts sehr verpflichtet. Wenn er jemanden einen Gefallen tun wollte, dann vor allem ihnen. Voigt hatte seinen eigenen Reichtum hervorgekehrt und geltend gemacht, daß er auf die Anteile der Verlegerin nicht angewiesen war. Sein starres Festhalten an der Wiederverheiratungsklausel blieb aber damit unverständlich.
Volkmar Weilguny hatte nach der Tat von der Wohnung seiner Freundin aus mit der Villa im Taunus, genauer gesagt, mit Henning Voigts Sekretärin, Gerda Carcia, telefoniert. Ursula Winkler, die in der Nähe stand, sagte aus, daß Weilguny davon sprach, es wäre etwas schiefgelaufen. Er sollte gesagt haben: „Ich mußte meine Pläne ändern, aber ich habe alles, was ich wollte." Die Ringe konnte Weilguny nicht gemeint haben, denn wäre es um sie gegangen, hätte er sie sorgfältiger verwahrt. Der Telefonanruf wurde von der Sekretärin bestätigt, Weilgunys Worte nicht. Angeblich war ihr der Wortlaut des Telefonats nicht mehr erinnerlich. Was auch immer in diesem Gespräch gesagt wurde, es steht fest, daß Weilguny kurz nach der Tat mit Henning Voigts Sekretärin telefoniert hat. Zufall oder Vollzugsmeldung? Eigenartig mutet auch an, daß Arndt Voigt kurz nach Bekanntwerden von Weilgunys Täterschaft auf der ersten Seite der „Braunschweiger Zeitung" den Lesern mitteilen ließ: „Wir haben mit dem Tod von Frau Eckensberger nicht das geringste zu tun."
Die Kriminalpolizei hatte gegen Henning Voigt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und ihn als Beschuldigten vernommen. Das Schwurgericht unter Vorsitz des Vizepräsidenten am Landgericht Braunschweig, Friedrich Linke, attestierte dagegen den Voigts ausdrücklich, sie hätten mit der Sache nichts zu tun, und speziell gegen Henning Voigt bestünde „keinerlei Tatverdacht". Dieses ungewöhnliche Unschuldsattest ist um so eigenartiger, als keiner der gegen Voigt vorliegenden Verdachtsmomente wirksam entkräftet wurde. Gerichtsvorsitzender Linke, der in der Beweisaufnahme lang und breit Nebensächlichkeiten erörterte wie etwa die Frage, ob Frau Eckensbergers Schoßhündchen, der Yorkshire-Terrier Püppelinchen, einen Zeugen von vorn oder von hinten angesprungen hat, wurde jedesmal dann sehr wortkarg, wenn die Sprache auf die Tathintergründe und die möglichen Auftraggeber kam.
Der ehemalige Diener der Witwe, der wenige Wochen vor der Tat von ihr wegen finanzieller Streitigkeiten entlassen wurde, wollte in seiner Aussage auf einige mysteriöse Vorfälle in Frau Eckenbergers Wohnung eingehen.
Der Gerichtsvorsitzende unterbrach ihn jedoch und herrschte ihn an: „Erzählen Sie das nicht alles!" - Eine eigenartige Methode der Wahrheitsfindung.
Die Kriminalpolizei stellte die Ermittlungen gegen Henning Voigt ein. Konnte sie nichts finden, oder sollte sie nichts finden? Sie hat überhaupt alle Ermittlungen zu den Motiven und Hintergründen dieses Mordes abgebrochen. Warum? Wer hatte sie zurückgepfiffen? Das Bundesamt für Verfassungsschutz oder ein anderer Geheimdienst? War die Witwe oder ihr Mörder in ein geheimdienstliches Fettnäpfchen getreten?
Neben Geheimdienstmann Meier wurde im Prozeß auch der Oberregierungsrat Schrepfer vom Bundesamt für Verfassungsschutz „als Sachverständiger" gehört. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit natürlich. Meier und Schrepfer bekundeten übereinstimmend, daß irgendwelche Geheimdienste mit dieser Sache nichts zu tun hätten. Was solche Bekundungen wert sind, weiß man.
Weilguny selbst schwieg. Er sagte im Prozeß weder etwas zu seiner Rechtfertigung noch zur Untermauerung seines mündlichen Geständnisses vom Dezember 1973. Als der Gerichtsvorsitzende ihn darauf hinwies, er riskiere durch sein Schweigen möglicherweise eine hohe Freiheitsstrafe, erwiderte er lakonisch, er wäre sich nicht sicher, was schlimmer sei, das Gefängnis oder das, was ihm „draußen" bevorstünde. Eine ähnliche Äußerung hatte er schon früher einmal getan, als er anläßlich eines der gesetzlich vorgeschriebenen Haftprüfungstermine den Richter bat, ihn in Haft zu behalten und nicht auf freien Fuß zu setzen. Damit tauchte die
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