Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Personen und stürmten auf die Autos zu. Schüsse zerrissen den Straßenlärm. Schleyer wurde gepackt, aus seinem Wagen gezerrt und in den VW-Bus geschleift, der davonraste. Ein Taxifahrer, der die Szene beobachtet hatte, nahm die Verfolgung auf, brach sie jedoch bereits an der nächsten Kreuzung ab, weil die Ampel gerade rot zeigte.
Um 17 Uhr 36 trafen, von Zeugen alarmiert, zwei Funkwagen am Tatort ein. Eine Minute später wurde Ringalarm 20, das heißt die Absperrung aller Straßen im Umkreis von 20 Kilometern, veranlaßt.
Die drei Sicherheitsbeamten und der Kraftfahrer waren tot.
Die Polizisten sicherten den Tatort und warteten auf die Kriminalpolizei. Mit der Schleyer-Entführung hatten militante Anarchisten, die sich Rote Armee-Fraktion (RAF) nennen und Anfang der siebziger Jahre als Baader-Meinhof-Gruppe bekannt wurden, innerhalb von sechs Monaten bereits ihren vierten spektakulären Coup gestartet.
Am 7. April 1977 erschoß das RAF-Kommando Ulrike Meinhof in Karlsruhe den Generalbundesanwalt Siegfried Buback, seinen Kraftfahrer und einen Sicherheitsbeamten. Buback leitete als oberster Staatsanwalt der BRD die Untersuchungen gegen die Führer der RAF und war für seine Härte und Unnachsichtig-keit in Strafverfahren wegen „Staatsschutzanglegenheiten" bekannt.
Am 30. Juli 1977 erschossen Terroristen den Vorstandsvor-sitzenden der Dresdner Bank, Jürgen Ponto.
Am 25. August 1977 sollen RAF-Angehörige beabsichtigt haben, das Gebäude der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe von einer gegenüberliegenden Wohnung aus mit Sprengsätzen zu beschießen. Dieser Anschlag konnte vereitelt werden.
Nach der Ermordung Bubacks war der Fahndungs- und Überwachungsapparat der BRD-Sicherheitsorgane ein weiteres Mal verstärkt worden. Bereits davor, im Sommer 1972, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Billigung des damaligen Innenministers Genscher eine Spezialtruppe von Geheimagenten aufgestellt, die als Agents provocateurs, also Lockspitzel, in die sogenannte Anarcho-Szene eingeschleust wurden. Diese eigens ausgesuchten Leute haben nicht nur - wie die anderen Spitzel des Verfassungsschutzes - Zuträgerdienste zu leisten, sondern gegebenenfalls selbst terroristische Aktionen zu inspirieren, um so den Vorwand für Polizeiaktionen zu liefern. Nach dem verhinderten Anschlag auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erschien in der westdeutschen Presse eine Meldung, wonach angeblich eine Gruppe Roter Morgen die Verantwortung für dieses Attentat übernommen hätte. Die illegale RAF dementierte jedoch sofort und erklärte, daß eine solche Organisation in internationalen Anarchistenkreisen völlig unbekannt, das Ganze folglich nichts anderes wäre als ein „dreckiges" Geheimdienstmanöver und „eine Erfindung des Staatsschutzes", darauf abgezielt, die authentischen Erklärungen von RAF-Kommandos zu „neutralisieren".
Die Entführung des BDA-Präsidenten Schleyer erregte großes Aufsehen, und sie sollte längst nicht die letzte Terroraktion dieser anarchistischen Wirrköpfe sein, die sich zumeist aus dem Kleinbürgertum und aus Intellektuellenkreisen rekrutieren, den organisierten Kampf der Arbeiterklasse ablehnen und irrealen Vorstellungen von der Freiheit des Individuums und dem Kampf gegen den Imperialismus anhängen. Westlichen Agenturmeldungen zufolge wurden in der BRD von 1971 bis Anfang Oktober 1977 30 Menschen, darunter zehn Terroristen, bei terroristischen Aktionen getötet, 105 Personen verletzt und 14 als Geisel genommen. Die Abteilung Terrorismus des BKA lastet für diese Zeit 36 Mordversuche und 45 Sprengstoffanschläge terroristischen Gruppen aller Schattierungen an. Alle diese sinnlosen Aktionen haben dem Kampf der antiimperialistischen und demokratischen Kräfte in der BRD allein schon deshalb großen Schaden zugefügt, weil sie den reaktionären Kreisen den Vorwand für eine immer stärkere Einschränkung der demokratischen Bürgerrechte und -freiheiten und für den enormen Ausbau der autoritären Staatsgewalt und ihrer Sicherheitsinstrumente boten. Auch die Entführung vom 5. September hatte im Endergebnis lediglich diesen Effekt. Und sie verschaffte außerdem einem Mann, der alles andere als ein. Märtyrer war, die Aureole des Märtyrers.
Der entführte und später erschossene Hanns-Martin Schleyer war 62 Jahre alt und Sohn eines Landgerichtsdirektors. Bereits zwei Jahre vor dem Machtantritt der Faschisten, 1931, wurde er Mitglied der HJ, später der SS (Mitgliedsnummer 227 014) und der
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