Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Wohnungsdurchsuchungen und Verhaftungen. In der Presse und im Bayrischen Rundfunk riefen amerikanische Offiziere die Bevölkerung sogar auf, sich gegen das willkürliche Vorgehen der Polizei zur Wehr zu setzen. Kriminalbeamte, die im Namen des Gesetzes für die eigene Tasche beschlagnahmten, die Schiebern Waren abnahmen, um sie selbst zu verschieben, und die sich bestechen ließen oder Bürger erpreßten, waren nicht gerade Raritäten. Vom einfachen Diebstahl über bewaffnete Raubüberfälle bis hin zum Mord gibt es kaum ein Verbrechen, das in der BRD nicht auch schon von Kriminalbeamten begangen worden wäre.
Im Dezember 1950 mußte beispielsweise der Polizeipräsident Dr. Jess von Frankfurt am Main ein Dutzend Kriminalbeamte seiner Dienststelle verhaften lassen, weil sie teilweise seit Jahren schon von Schiebern und Schwarzhändlern bestochen worden waren. Unter diesen kriminellen Kriminalisten befanden sich nicht nur untere Chargen wie der Kriminalassistent Karl Henkel, sondern auch der Leiter des Schwarzhandelskommissariats, Kriminalkommissar Theo Deite.
Das Kommissariat K 6, damals noch „Schwarzmarktkommissariat", später Kommissariat „Spezialbetrug" der Düsseldorfer Kriminalpolizei, mußte im September 1950 nahezu vollzählig und mit dem Kripochef an der Spitze eingesperrt werden. Die kriminelle Aktivität dieser Dienststelle war nämlich größer als ihre kriminalistische. Zwölf Düsseldorfer Kriminalbeamte wurden auf einen Schlag ihre Dienstmarke los, als die 53jährige Stenotypistin Lily Quirin, solange im K 6 tätig, im März 1950 auszupacken begann.
Die wackeren Ganovenjäger hatten von 17 000 Paar Perlonstrümpfen, durch Kriminal Wachtmeister Otto Kalwa am 13. Oktober 1947 bei vier Düsseldorfer Schwarzhändlern beschlagnahmt. 1500 Paar für sich abgezweigt. Die restlichen Strümpfe wurden der Firma Koch zum Verkauf übergeben. Als diese den Erlös des Strumpfverkaufs dem K 6 auszahlte, verschwanden davon innerhalb weniger Tage 13 000 DM.
Am 14. August 1948 beschlagnahmte Kriminalmeister Dick-hörner vom K 6 beim Spediteur Nikolaus Hilger 9600 amerikanische Zigaretten und 2400 DM Bargeld und deponierte die Asservate in seinem Dienstzimmer. Am nächsten Tag waren Geld und Zigaretten spurlos verschwunden. Genau ein Jahr später verschwand gleich ein ganzer Lastzug mit 100 Zentnern Kaffee aus der Obhut dieser Dienststelle. Das kam so: Am Nachmittag des 13. August 1949, einem Samstag, hatte Kriminalinspektor Joachim Lüder Dienst im Düsseldorfer Polizeipräsidium am Jürgenplatz 3-7. Es war nicht allzuviel los, und Inspektor Lüder, ein Neffe des ehemaligen Chefs der Reichskriminalpolizei, Arthur Nebe, den die Gestapo nach dem 20. Juli 1944 erschossen hat, langweilte sich mächtig. Sein Kollege, der Kripowachtmeister Schäfer, in Ganovenkreisen als „de Näs" bekannt, leistete ihm Gesellschaft, obwohl er längst dienstfrei hatte. Gegen 16 Uhr kam ein anonymer telefonischer Hinweis, daß auf dem Autobahnzubringer bei Hilden ein Lastzug mit 100 Zentnern Kaffee stünde, der für den schwarzen Markt in Düsseldorf bestimmt wäre. Kriminalinspektor Lüder benachrichtigte nicht die Zollfahndung, die für Fälle von Kaffeeschmuggel zuständig war, sondern fuhr mit Schäfer selbst zur angegebenen Stelle. Dort fanden sie tatsächlich besagten Lastwagen mit einer dreiköpfigen Besatzung vor. Einer der drei gab sich nach einigem Zögern als Beamter des Zollfahndungsdienstes aus Lindau am Bodensee zu erkennen und erklärte, daß dieser Transport eine Falle für eine Düsseldorfer Kaffeeschieberbande wäre. In wochenlanger, mühsamer Ermittlungsarbeit hatte sich Zollinspektor Schneider an diese Bande herangepirscht und die Falle aufgebaut, um das letzte I-Tüpfelchen zur Überführung der Schieber zu liefern. Doch Lüder und Schäfer, die eifrigen Schmalspurkriminalisten vom K 6, erklärten kurzerhand alles - sogar die echten Ausweise der drei Zollfahnder - für ausgemachten Schwindel, nahmen die Zöllner fest und ließen den Lastwagen mit dem Kaffee vor das Polizeipräsidium fahren und dort abstellen. Und während Lüder sich redlich mühte, den Zöllnern ein Geständnis zu entlocken, sah ,,de Näs" ab und an aus dem Fenster nach dem Kaffeelastzug. So verging fast eine Stunde, da meldete Schäfer plötzlich: „Der Lastzug ist weg."
So war es tatsächlich. Am hellichten Tage hatte jemand den kaffeebeladenen Lkw direkt vor der Nase des Polizeipostens und unter Schäfers Augen abtransportiert. Den Lastwagen
Weitere Kostenlose Bücher