Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
vorerst nur wenig. Die Kriminalpolizei verfügte über keinerlei stichhaltige Beweise, und die Verdächtigen dachten gar nicht daran, ein Geständnis abzulegen. Wochenlang mühten sich die Vernehmer vergeblich, bedienten sich sogar allerlei Tricks und Versprechungen. Als die Kriminalpolizei schließlich einsehen mußte, auf diesem Wege käme sie nicht voran, griff sie auf die Aussagen der Spaziergänger zurück, die den gestohlenen Chevrolet im Wald bei Viernheim und in seiner Nähe ein paar Burschen gesehen hatten. Obwohl seither viel Zeit verstrichen, die Aussicht, Spuren zu finden, also gering war, wurden mehrere Beamte in den Hüttendorfer Wald beordert. So unglaubhaft es auch klingen mag, sie fanden tatsächlich etwas, nämlich Radspuren der Zündapp und in deren Nähe eine ältere Tankstellenquittung, die für hygienische Zwecke benutzt worden war. Neben diesen Spuren wies das Papier den Stempel einer Tankstelle und eine fünfstellige Telefonnummer auf, bei der eine der Ziffern kaum zu lesen war.
In der Tankstelle ließ sich der Quittungsempfänger nicht mehr feststellen. Die entsprechenden Unterlagen waren mittlerweile in den Reißwolf gewandert. Die Telefonnummer auf der Quittung hingegen, deren vorletzte Zahl ebensogut eine ,,8" wie eine verkrakelte „2" darstellen konnte, führte weiter. In der Version der „2" stellte sie den Anschluß einer Hebamme dar, die sich als Tante der Brüder Stuck entpuppte. Doch weniger sie als vielmehr ihre Tochter war für die Kripo interessant. Das Hebammentöch-terlein war nämlich eine von Knabenschuhs Geliebten.
Die Kripo nahm das Quintett erneut in die Verhörmangel und verwickelte es diesmal so sehr in Widersprüche, daß Franz Stuck schließlich die Nerven verlor und den Diebstahl des grauen Ford eingestand. Seinem Geständnis schlossen sich nun auch die anderen vier an. Den Überfall auf den Postwagen allerdings bestritten alle fünf nach wie vor. Der Autodiebstahl wäre bestellte Arbeit gewesen. Den Auftrag dazu hätten ihnen ein gewisser „Ruddel", ein „Dicker" und ein „Langer" gegeben. Sie beschrieben ihre Auftraggeber so detailliert, daß die Kriminalpolizei ein gutes halbes Dutzend Unschuldiger festnahm.
Des Mißerfolgs müde, entschloß sich Kripochef Riester zu einem weiteren gewagten Trick. Er ging zum Schein auf Knabenschuhs Aussage ein, gab sich väterlich und schlug ihm sogar vor, der Kripo bei der Fahndung nach den Posträubern „Ruddel", „Dicker" und „Langer" zu helfen. Dazu sollte der schöne Robert, begleitet von seiner Freundin Anita und einer Kriminalassistentin namens Inge Lothmann, Mannheims Kneipen durchwandern und nach den Gesuchten ausspähen.
So geschah denn tatsächlich im Jahre 1950 in Mannheim, was im Zeitalter Vidocqs als Spitzenleistung kriminalistischer Schlauheit galt, mittlerweile jedoch längst fragwürdig geworden war: Robby, der Schöne, zog, beurlaubt von Knast und Malzkaffee, flankiert von zwei jungen, attraktiven Damen, vergnügt durch Mannheims Halbweltkneipen und pichelte sich unter kriminalpolizeilicher Aufsicht auf Staatskosten einen gewaltigen Kognakrausch an. Doch die Spesen lohnten sich. Voll und ganz mit dem Kognak und Anitas Oberweite beschäftigt, übersah Knabenschuh, daß die Kriminalassistentin kaum ein Gläschen trank, während er selbst wie ein Gulli schluckte. Als sich die Assistentin zu vorgerückter Stunde dann betrunken stellte und gekonnt ein Schnapsnickerchen markierte, schöpfte er keinen Verdacht.
Im Gegenteil, er kam sich mächtig clever vor, amüsierte sich über das „schlafende Bullenmädchen" und begann aus der
gesetzten öffentlich der Bestechlichkeit beschuldigt. Die Bestechung sollte mit einer Stoffpuppe erfolgt sein. Im Ermittlungsverfahren stellte sich heraus, daß auch Milsch kein Jurist und niemals Staatsanwalt, sondern Insasse einer Irrenanstalt war. Mit Hilfe des Hessischen Justizamtes durfte er in der BRD endlich die Rolle spielen, die er so lange immer nur im Irrenhaus gespielt hatte.
Der dritte, ein gewisser Dr. Otto Grüning, war allerdings tatsächlich Vollblutjurist. Er mußte Robe und Barett an den Nagel hängen und Einzug ins Gefängnis halten, weil er. anstatt den Schwarzhandel zu bekämpfen, selbst eifrig schwarzgehandelt hatte.
Und auch bei der Kriminalpolizei hatte und hat man bis heute immer wieder Sorgen mit dem Personal. Ende 1948 erhob die amerikanische Besatzungsmacht schwere Vorwürfe gegen die westdeutsche Kriminalpolizei wegen illegaler
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