Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern. Daß er seinem alten Polizeigeist auch später als Düsseldorfer Kripochef treu blieb, hat er mehrfach bewiesen.
So beispielsweise im Januar 1959, als westdeutsche Alt- und Neonazis die jüdische Synagoge in Düsseldorf mit Hakenkreuzen und faschistischen Parolen beschmierten. Für Kripochef Wehner stand damals sofort fest, daß als Täter nur der Kommunist und Adenauergegner Klier in Frage kam. Als sich dann vor Gericht die Haltlosigkeit dieser Beschuldigung herausstellte und Wehners voreingenommener Fehlgriff ebenso bekannt wurde wie seine faschistische Vergangenheit, strengte er einen Prozeß gegen einen Journalisten der Zeitung „Die Tat" an, um sein Prestige zu retten. Die Zeitung hatte nämlich eine Leserzuschrift veröffentlicht, in der Wehner zutreffend als „Heydrichs rechte Hand" bezeichnet wurde. Wehner prozessierte und verlor. Das Gericht hatte nämlich, wie es in der Urteilsbegründung heißt, „erhebliche Bedenken, ob Kriminalrat Dr. Wehner angesichts seiner in der Beweisaufnahme festgestellten politischen Belastung noch Anspruch auf gerichtlichen Ehrenschutz hat". Auf Wehners Polizeikarriere indessen hatten die gerichtsamtlichen Zweifel keinen Einfluß. Er blieb im Amt und wurde später sogar verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift „Kriminalistik". Mit ihm drangen zahlreiche andere reaktivierte Polizeibüttel in Führungspositionen der BRD-Kripo vor. Diese Reaktivierung wurde bereits 1948 vom ehemaligen, Chef der Preußischen Landeskriminalpolizei, dem Sachbearbeiter der vor 1945 von Heydrich herausgegebenen Zeitschrift „Kriminalistik" und späteren ersten Präsidenten des Bundeskriminalamtes der BRD. Dr. Max Hagemann, ganz offen gerechtfertigt. In der Broschüre „Was wird aus der deutschen Kriminalpolizei?" schrieb er, daß beim Aufbau der neuen
Kriminalrat Dr. Wehner, dessen Anspruch auf Ebrenschutz vom Gericht bezweifelt wurde
(west)deutschen Kriminalpolizei bis „auf seltene Ausnahmen" nicht auf jüngere, das heißt also unbelastete oder gar antifaschistische Kräfte, zurückgegriffen werden kann, daß vielmehr die „älteren, im strengsten Gehorsam gegenüber einem unzweideutigen Gesetz erzogenen und erprobten Kräfte, die auch in den Jahren der Wirrnis ihrem inneren Rechtsempfinden und dem Gefühl der Menschlichkeit treu geblieben sind ..., die schwere Pflicht auf sich nehmen müssen, wieder anzutreten und die entblößten Stellungen zu beziehen ...". Und sie traten scharenweise wieder an, in alter Frische und im gewohnten Geist. Sie durchsetzten die Kriminalpolizei, eroberten nach und nach alle wichtigen Positionen und vermehrten sich so rasch und gründlich, daß am 9. Oktober 1959 die Zeitung des DGB-Bundesvorstandes „Welt der Arbeit" betroffen feststellte: „Die Kriminalpolizei der BRD ist völlig in der Hand ehemals hoher Führer der Hitler-SS." Und diese „erprobten Kräfte" machten schon sehr bald wieder von sich reden, nicht nur dort, wo gegen Verbrecher gekämpft wurde, sondern auch und vor allem, wenn es um die Verfolgung politischer Gegner, insbesondere von Kommunisten oder anderen progressiven Kreisen, ging.
II. Vom Kriminalpolizeiamt der Britischen Zone
zum Bundeskriminalamt
Der Tod kam mit der Post
Es ist Donnerstag, der 29. November 1951. Auf dem Postamt Eystrup in Niedersachsen herrscht Hochbetrieb. Am Schalter wird gerade die 19jährige Margret Grünklee, die als Postabholerin bei der Marmeladenfabrik Goebbert & Co. tätig ist, abgefertigt. Der Schalterbeamte reicht ihr die Firmenpost und macht sie extra auf ein röhrenförmiges Paket aufmerksam, das schon am Vorabend mit dem Schnellzug aus Bremen angekommen war. Es hätte eigentlich sofort zugestellt werden müssen, doch wegen der vorgerückten Stunde hatte man davon abgesehen. Der Adressat, Herr Mayntz, Mitinhaber der Marmeladenfabrik, würde bestimmt Verständnis dafür haben.
Margret Grünklee nimmt die Post entgegen, besieht sich neugierig das Paket und versichert, daß die kleine Verzögerung in der Auslieferung nichts zu bedeuten hätte.
„Geben Sie das Ding nur gleich dem Chef", drängte der Postbeamte.
Margret Grünklee konnte nicht mehr antworten. In diesem Moment zerriß nämlich eine gewaltige Detonation das Stimmengewirr im Schalterraum. Fensterscheiben zersprangen, eine Stichflamme schoß empor, ein unbeschreibliches Durcheinander setzte ein. Margret Grünklee war tot.
Zur gleichen Zeit, als im Postamt die Höllenmaschine explodierte,
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