Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Briefverkehr und Verhältnis allmählich einschlafen zu lassen. Zu Weihnachten hatte er seiner Tilly allerdings noch in „unendlicher Sehnsucht viele herzinnige, unendlich viele Küsse in Treue immer zu dir, immer dein Richard" geschickt.
In dieser unendlichen und herzinnigen Sehnsucht sah der Staatsanwalt später das Mordmotiv, denn in Otterberg, diesem knapp 4000 Seelen zählenden Dorf, so meinte er. könnte man nur als Witwer, niemals aber als geschiedener Mann wieder heiraten. Daß Dr. Müller aber seine Tilly heiraten wollte, das stand für den Staatsanwalt fest.
Dr. Müller indessen beteuerte, er hätte sich weder von seiner Frau trennen noch Tilly heiraten wollen. Letztere bestätigte das sogar, aber weder Staatsanwalt noch Kriminalpolizei noch Gericht glaubten es.
Anfangs hatte Müller dieses Verhältnis überhaupt in Abrede gestellt und alles getan, um es zu verheimlichen.
So ließ er sich einen Tag nach dem Autobrand von seinem Bruder nach Mannheim fahren, um die Höbel durch einen Kollegen anrufen und bitten zu lassen, sofort alle Briefe von ihm zu vernichten. Einen Tag später bat er einen ihm bekannten Oberförster, nachzuprüfen, ob sein Kollege den Anruf erledigt hat. Müller entschuldigte sein Verhalten damit, daß er das Gerede der Leute verhindern wollte. Zum Brandablauf selbst blieb auch vieles unklar. Der Zahnarzt wollte alles getan haben, um seine Frau zu retten, sei dabei jedoch ohnmächtig geworden. Sein Mantel wies tatsächlich Sengspuren auf, die durch Berührung mit heißem Material entstanden sein konnten. Ungeklärt blieb aber, ob sie verursacht wurden, als Müller, wie er selbst behauptete, den Mantel gegen die geöffnete Autoscheibe preßte, um die Luftzufuhr zu unterbinden und die Flammen zu ersticken, oder ob die Spuren von anderen Verrichtungen am brennenden Wagen herrührten.
Für die Kriminalpolizei von Kaiserslautern war das eine rein theoretische Frage. Sie war davon überzeugt, daß Dr. Müller seine Frau ermordet und danach den Pkw angezündet hatte, um die Spuren des Mordes zu vernichten. Ihre Annahme erhielt durch die Gutachten der Sachverständigen gewichtige Stützen.
Der Brandsachverständige Dr. Leszczynski vom Bundeskriminalamt hatte am 26. November 1954 mit zwei gleichartigen Pkw einen aufwendigen Rekonstruktionsversuch am Brandort durchgeführt. Es sollte geklärt werden, wieviel Katalyt auf der von Dr. Müller in der Brandnacht befahrenen Strecke aus einem schlecht verschlossenen Kanister ausfließen kann und ob diese Menge ausreicht, die vorgefundene Zerstörung herbeizuführen. Eine Puppe, in Größe und Gewicht der Verstorbenen gleich, stellte das Brandopfer dar. Nach diversen Komplex- und Detailversuchen kam der Sachverständige zu dem Schluß, daß Müllers Schilderung keinesfalls stimmen konnte. Denn erst als man zehn Liter Katalyt ausgoß - so viel, wie der Zahnarzt insgesamt im Fond seines Wagens mitgeführt haben wollte -, kam es zu einem so starken Feuer, daß nach 70 Sekunden die erste Scheibe platzte. Die Puppe, aus Pappmache hergestellt und mit Wasserglas abgehärtet, begann nach 2 Minuten und 15 Sekunden zu brennen. Nach 45 Minuten erlosch der Brand von selbst. Der Pkw war restlos ausgebrannt. Innerhalb der ersten 25 Brandminuten wäre es dem Gutachten zufolge möglich gewesen, an den Brandherd heranzutreten, eine Tür des Wagens zu öffnen und die Puppe aus dem Auto zu ziehen.
Die an der Brandstelle im Wald aufgefundene Flasche mit 19 Kubikzentimetern Katalytbenzin wollte Dr. Müller aus dem brennenden Wagen gerissen und weggeworfen haben, um eine Brandausdehnung zu verhindern. Der Sachverständige fand aber keinerlei Rußablagerungen an ihr. Sie mußte folglich vor dem Brand aus dem Wagen genommen worden sein. Ein zweiter Kfz-Sachverständiger kam im wesentlichen zu gleichen Ergebnissen.
Für eine weitere Sensation sorgte der Gerichtsmediziner Professor Dr. Dr. Wagner, derselbe, dem im Fall Wolsiffer ein geringelter Mäuseschwanz imponierte und der im Wormser Giftmord nicht an das E 605 glauben wollte. Wagner hatte die verkohlten Reste der Leiche untersucht und mit gewohnter Bestimmtheit festgestellt, daß der Tod durch eine Fettembolie verursacht wurde. Frau Müller hätte bereits bei Brandausbruch nicht mehr geatmet. Eine Fettembolie hätte stets eine gewaltsame Einwirkung auf den lebenden Körper zur Voraussetzung, im vorliegenden Falle könnte das eine erhebliche Mißhandlung gewesen sein. Hätte Frau Müller beim Ausbruch des Brandes noch
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