Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Gefängnis. Als Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende: „Was ist Wahrheit? Was ist Gerechtigkeit? Möglicherweise hat das Gericht nicht die Wahrheit gefunden. Aber ein Urteil, das vor den Augen des ewigen Richters ein unvollkommenes Urteil sein mag, kann doch auf dieser Erde ein gerechtes sein."
Staatsanwalt und Verteidiger waren anderer Ansicht. Schon 40 Minuten nach der Urteilsverkündung legte der Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof Revision ein. Er meinte, Dr. Müller hätte entweder wegen Mordes verurteilt oder mangels Beweises freigesprochen werden müssen. Rechtsanwalt Kuntz schloß sich der Revision an, weil das Gericht nach seiner Ansicht den Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo", im Zweifel zugunsten des Angeklagten, verletzt hätte.
Am 7. Februar 1957 verhandelte der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) und verwarf beide Revisionsanträge. Damit wurde das Urteil rechtskräftig.
Dr. Müller kam in die Strafvollzugsanstalt Zweibrücken und wurde dort in der Bibliothek beschäftigt. Kurz vor Weihnachten 1959, ein halbes Jahr vor Ablauf seiner Strafe, wurde er vom rheinland-pfälzischen Justizminister begnadigt und aus der Haft entlassen. Die Zweifel aber, die diesen Fall von Anfang an umgaben, konnten bis heute nicht ausgeräumt werden.
Wölfe im Schafpelz
Mitte der fünfziger Jahre hatte sich die Polizeilandschaft der BRD gewaltig geändert. Die Impulse dafür waren mit der Gründung des westdeutschen Separatstaates und der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 gegeben worden. Drei Wochen zuvor.
am 2. Mai, hatten die drei westlichen Militärgouverneure dem sogenannten Parlamentarischen Rat in Bonn bescheinigt, die künftige Bundesregierung dürfe wieder zentrale Polizeibehörden und -organe schaffen, die zwar keine „Befehlsgewalt" über die Orts- und Landespolizei haben, doch ausdrücklich ermächtigt sein sollten, die Überwachung des Personen- und Güterverkehrs an den Grenzen, die Sammlung und Verbreitung polizeilicher Nachrichten und Auskünfte und die Untersuchung der Verletzung von Bundesgesetzen, d. h. die Aufgaben des sogenannten Verfassungsschutzes, wahrzunehmen. Das war das offizielle Signal der Westmächte für die reaktionären Kreise Westdeutschlands. die dem separaten Staat in Charakter und Zielsetzung entsprechende Polizeimacht zu rekrutieren. Eine Polizei, die, angefangen bei der Ortsgendarmerie und Ordnungspolizei, über militärisch formierte Bereitschaftspolizei- und Grenzschutzeinheiten bis zur Kriminal- und geheimen Politischen Polizei alles umfaßt, was die herrschende Klasse zu ihrem Schutz und zur Unterdrückung ihrer Gegner benötigt.
Damit das Ganze nach außen hin einen gutbürgerlichen und bieder-demokratischen Anstrich bekam, wurden mit den Artikeln 73, 87 und 91 alle notwendigen Vollmachten für die Regierung in das Grundgesetz aufgenommen. Das Grundgesetz, das den Ländern zwar ausdrücklich die Polizeihoheit zusprach, räumte der Regierung zugleich das Recht ein, die Polizei der Länder in bestimmten Fällen ihrer eigenen Befehlsgewalt zu unterstellen.
Einmal dazu ermächtigt, ließ die Regierung die entsprechenden Gesetze Schlag auf Schlag folgen.
Den Anfang machte am 27. September 1950 bezeichnenderweise das Gesetz über das Bundesamt für Verfassungsschutz, mit dem die Politische Geheimpolizei der BRD offiziell ins Leben gerufen wurde. Existiert hat diese Einrichtung, mit Wissen der Besatzungsmächte als „Dienststelle Köln" getarnt, schon lange. Laut Gesetz sollten die Ämter für Verfassungsschutz zwar keine polizeilichen Zwangsmittel anwenden oder andere Eingriffe in die Bürgerrechte vornehmen dürfen, aber die Wirklichkeit sah schon immer und nicht etwa erst seit dem sogenannten Radikalenerlaß und der Berufsverbotspraxis anders aus. Offiziell ist das Bundesamt für Verfassungsschutz (BAfV) mit der „Abwehr verfassungsfeindlicher politischer Bestrebungen", der Spionageab-
Trotz Reaktivierung der „altbewährten" Fachleute Kadermangel bei der BRD-Kripo. Annonce aus der „Kriminalistik"
wehr, dem Geheimnisschutz und der Sicherheitsüberprüfung der Staatsangestellten beschäftigt. Tatsächlich aber geht seine Tätigkeit weit über die Bespitzelung politischer Gegner im Inland hinaus. Das BAfV betreibt seit jeher auch eine ausgedehnte Spionage-, Sabotage- und Wühltätigkeit gegen die DDR und andere sozialistische Länder. Der damalige bayrische Innenminister Höcherl nannte die Verfassungsschützer „Frontkämpfer bei der Bekämpfung
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