Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
erreicht, wäre seine Schaluppe nicht vor der Insel Tobi gesunken. Ein amerikanischer Hilfskreuzer fischte ihn am 13. September 1961 auf und setzte ihn fest. Im Januar 1962 konnten ihn dann westdeutsche Kriminalbeamte auf Grund einer alten, aus dem Jahre 1930 stammenden Auslieferungsvereinbarung zwischen Deutschland und den USA in New York abholen.
Zu dieser Zeit warteten Kimmel und seine Freunde bereits auf ihren Prozeß. Der AI Capone aus der Pfalz machte der Kripo keine Schwierigkeiten mehr. Nachdem er sich freiwillig gestellt hatte, legte er, ohne zu zögern, ein umfassendes Geständnis ab.
Da er den größten Teil seiner Straftaten noch als Jugendlicher begangen hatte, mußte er sich zunächst im Oktober 1962 vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Frankenthal verantworten. Vier Monate später verhandelte dann das Frankenthaler Schwurgericht gegen die Bande wegen des Mordes an Karl Wertz und anderer Straftaten. Unter Einbeziehung der von der Jugendstrafkammer ausgeworfenen Strafen kam das Schwurgericht am 8. Februar 1962 zu folgendem Ergebnis: Der Bandenchef Bernhard Kimmel wurde als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher zu vierzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Lutz Cetto, der die tödlichen Schüsse auf Wertz abgegeben hatte, erhielt lebenslängliches Zuchthaus. Das Gericht glaubte nicht, daß er nur auf Wertz' Beine schießen wollte, sondern unterstellte ihm zumindest bedingten Tötungsvorsatz. Genau zwei Jahre nach seinen Schüssen auf Karl Wertz, in der Silvesternacht 1962/63, hat sich Lutz Cetto in seiner Zuchthauszelle vergiftet. Hartmann wurde zu neun Jahren und acht Monaten, Kraatz zu neun Jahren und sechs Monaten und Bartsch zu vier Jahren und zehn Monaten Zuchthaus verurteilt. Bruno Veit und Tilly Dohn kamen mit Gefängnisstrafen von drei bzw. zwei Jahren davon.
„Die Russen kommen"
In der Nacht vom Samstag, dem 18., zum Sonntag, dem 19. Januar 1958, wurden die Bewohner eines kleinen hessischen Dorfes von mehreren Detonationen geweckt. Der Zimmermann B. und seine Frau sprangen erschrocken aus dem Bett und stürzten ans Fenster.
Etwas mehr als hundert Meter entfernt, nur durch eine Viehweide von ihrem Haus getrennt, lag das des 64jährigen Rentners Herrmann G. Von dort kam der Lärm.
Der Zimmermann knipste das Licht an, sofort peitschten Gewehrschüsse durch die regnerische Nacht. B. rief seiner Frau zu, sie solle in Deckung gehen. Es war zu spät! Scheiben splitterten, Frau B. riß die Hände zum Hals und brach blutüberströmt zusammen. Eine Gewehrkugel hatte ihr die Halsschlagader zerfetzt.
Als Landpolizei und Feuerwehr ausrückten und sich dem Hause des Rentners G. näherten, gerieten auch sie unter Beschuß. Ein Polizist wurde schwer verletzt. Dann öffnete sich plötzlich die Haustür, und der Rentner trat zögernd mit erhobenen Händen ins Freie. „Nix schießen", rief er. Radebrechend erzählte er, er sei kein Feigling und hätte tapfer weitergekämpft, wenn ihm die Munition nicht ausgegangen wäre. Rentner G. hatte die hessische Landpolizei und die Feuerwehr, die ihn nun festnahmen, für eine sowjetische Fallschirmjägereinheit gehalten.
In der Gemeinde war man ratlos. G. war allgemein als gutmütig bekannt, wenn auch seit seiner Verschüttung im ersten Weltkrieg als nicht mehr ganz richtig im Kopf. Niemand hätte ihm derartiges zugetraut. Im zweiten Weltkrieg hatte er als Soldat an der Ostfront gedient, er konnte demnach so schwachsinnig nicht sein, wie man das jetzt bei einigen Behörden sehr gern gesehen hätte. Herrmann G. war eifriger Leser bundesdeutscher Zeitungen und verfolgte seit langem die Berichte über die „aggressiven Absichten der Sowjets". Deshalb hatte er auch vier jungen Dorf burschen geglaubt, die ihm einredeten, „russische Fallschirmspringer" würden in der Nacht vom Samstag zu Sonntag dicht am Dorf abspringen.
Im Gerichtsverfahren gegen ihn wollte die Staatsanwaltschaft die Angelegenheit als bedauerliches Mißgeschick, als die nicht voraussehbare Wahnsinnstat eines Schwachsinnigen darstellen. Die eigentlichen Schuldigen wären die vier jungen Männer, die G. angestiftet hätten. Für drei von ihnen lieferte die Anklage allerdings gleich auch die Milderungsgründe. Sie hätten nur deshalb so unbedacht und leichtfertig dieses gefährliche Spiel mit einem Irren getrieben, weil der vierte, ein bereits vorbestrafter Rowdy, sie dazu verführt hatte. Herrmann G. wurde vorsorglich in eine Irrenanstalt gesteckt. Kein Wort verlor der Staatsanwalt über das
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