Der Tod kommt in schwarz-lila
Bartels linker Hand fehlten, war ein schwaches Indiz. Doch weder wurde ein Taucheranzug noch irgendein Hinweis auf die Taucherei gefunden.
Trevisan fuhr zurück in die PI. Erschöpft ließ er sich auf seinen Stuhl fallen. Gedankenverloren blickte er auf die Karte an der Wand. Sie zeigte die einzelnen Tatorte. Die Morde waren mit roten Fähnchen markiert, der Einbruch in Norden und der Harpunendiebstahl mit einem blauen. Der Wangerland-Mörder stammte zweifellos aus dieser Gegend, doch wo hatte er sich verkrochen?
Bartel besaß eine Neun-Millimeter-Pistole. Warum hätte er bei den Morden an Gabler und Mijboer auf eine Harpune zurückgreifen sollen? Er hätte sie ganz einfach mit der Pistole erschießen können.
19
Horst Grevenstedt, der Familienvater aus Altgarmssiel, hatte sich für das Wochenende eine Menge vorgenommen. Das Boot musste gestrichen, die Türen des Schuppens geölt und gerichtet, das Dach abgedichtet und der Treppenzugang ausgebessert werden. Er bog mit seinem Wagen auf den Parkplatz des Baumarktes ab und suchte eine freie Lücke zwischen den Fahrzeugen. Als er eine Parkbucht unweit des Eingangs fand, war er froh, denn grauschwarze Wolken türmten sich am Himmel.
Es war Donnerstag, kurz vor sieben Uhr. Der Laden war gut besucht. Grevenstedt suchte nach Schrauben. Eine Verkäuferin beschrieb ihm den Weg. Horst Grevenstedt bedankte sich und steuerte mit seinem Einkaufswagen zielstrebig auf die angewiesenen Regale zu. Fast hätte er einen jungen, bleichen Mann umgefahren, der an einem Regal lehnte. Grevenstedt entschuldigte sich und ging weiter. Der junge Mann blickte schüchtern zu Boden. Grevenstedt überlegte. Der Mann kam ihm bekannt vor. Er wandte sich noch einmal um, doch der junge Mann war verschwunden.
Nachdem er die passenden Schrauben gefunden hatte, ging Grevenstedt zur Kasse. Als er draußen auf dem Parkplatz seine Einkäufe in den Kofferraum räumte, fuhr ein weißer PKW an ihm vorbei. Der junge Mann aus dem Baumarkt saß hinter dem Steuer. Fieberhaft überlegte Horst Grevenstedt, woher er ihn kannte. Er war sich sicher, ihn schon einmal gesehen zu haben. Doch es fiel ihm nicht ein.
*
Trevisan blickte in die müden Gesichter seiner Kollegen. Es war kurz nach acht Uhr abends. Wieder einmal hatte er den Weg ins Rechtsmedizinische Institut antreten müssen, doch diesmal war der Weg nicht umsonst. Henning Bartel war kein Taucher gewesen. Er hatte an einer schweren Lungenerkrankung gelitten. Dennoch galt es jetzt auch noch die letzten Zweifel auszuräumen, denn immerhin besaß Willemsen ein Flugblatt von Bartels rechtsradikaler Organisation.
»Ist diese sonderbare N.A.B, überhaupt schon irgendwann mal in Erscheinung getreten?«, fragte Alex Uhlenbruch.
Trevisan schüttelte den Kopf. »Wir haben Antrag auf Akteneinsicht gestellt, aber das wurde mit dem Hinweis auf das laufende Verfahren abgelehnt. Die Generalstaatsanwaltschaft mischt da mit. Da ist vorläufig nichts zu machen.«
»Wie kam Bartel eigentlich zu seiner Vorstrafe?«, fragte Monika Sander.
»Vor elf Jahren nahm er an einer Veranstaltung der Volksunion in Papenburg teil«, erzählte Trevisan. »Dort kam es zu einer Auseinandersetzung mit linken Gegendemonstranten. Dabei zog Bartel eine Pistole und erschoss einen Jugendlichen. Bartel kam in Untersuchungshaft. Der Psychiater stellte schwere Defizite in seiner Persönlichkeitsentwicklung fest. Bartel wurde in eine geschlossene Anstalt verlegt und nach sieben Jahren entlassen. Seit dieser Zeit wurde zumindest unseren Akten nach nichts mehr über ihn bekannt.«
»Aber das LKA hat doch gegen ihn ermittelt?«, fragte Till Schreier verwundert.
»Da ist Politik im Spiel. Ich weiß nicht, wie Ganter an seine Informationen kam. Aber ich weiß sicher, dass ich der Letzte wäre, dem er es auf die Nase binden würde.«
»Manchmal glaube ich, dass wir immer wieder auf den Nullpunkt absinken«, sagte Monika. »Kaum haben wir eine Spur, löst sie sich im Nichts auf.«
Alex nickte. »Manchmal glaube ich sogar, dass es ein Fehler war, das Phantombild zu veröffentlichen.«
»Zumindest hätte sich bei sauberen Vorermittlungen der ganze Einsatz in Sillenstede erübrigt«, bemerkte Trevisan. »Wenn ich überlege, was da noch hätte passieren können …«
»Und wie machen wir jetzt weiter?«, fragte Monika.
»Ich werde morgen noch mal nach Fedderwarden fahren und mich in der Nachbarschaft umhören«, sagte Trevisan entschlossen.
Dietmar Petermann horchte auf. Die ganze Zeit über
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