Der Tod kommt in schwarz-lila
handeln, dann war man ihr immer einen Schritt voraus.
Er war schon ein ordentliches Stück vorangekommen. Schweiß rann über seine Stirn. Er kämpfte gegen die Strömung. Der Rückweg würde einfacher. Hinter der nächsten Biegung tauchte der kleine Schuppen auf. Er wirkte grotesk. Das Bootshaus war halb auf Land und halb in den Priel hinaus gebaut, der vor Jahren zu einem Kanal vertieft worden war und stetig vom Wasser des Jadebusens gespeist wurde. Stämmige Pfosten ragten aus dem Wasser. Die Pfeiler sorgten für eine Art Gleichgewicht, so wie auch er für die Balance sorgen musste. Langsam ruderte er auf das Haus zu. Er wusste genau, was ihn erwartete. Er würde aus dem Wasser kommen. Wie der Tod selbst. Auch nach ihm hatte damals der kalte und nasse Tod gegriffen. Doch ihn hatte er wieder ausgespuckt.
Vorsichtig ruderte er weiter, bis seine Hände das kalte und glitschige Holz des Pfeilers zu greifen bekamen. Beinahe wäre er abgerutscht. Er musste nachfassen. Er machte das Boot fest und steckte das Metallrohr in seinen Gürtel. Lautlos glitt er in das stinkende Wasser. Er schwamm auf das Tor zu. Die Bootslandungsanlage verbarg sich dahinter.
Ein paar Möwenschreie hallten durch die Einsamkeit, ansonsten herrschte Stille. Das Tor endete wie der restliche Überbau einen halben Meter über dem Wasser. Er war dankbar dafür, dass er in dieser Kloake nicht untertauchen musste. Lautlos schlich er sich die Schräge hinauf. An dem Geländer zog er sich voran. Er roch seine Beute. Ein leises Plätschern ließ ihn bewegungslos verharren. Noch verwehrte ihm die schräge Ebene einen Blick in das Bootshaus. Es stank nach frischer Farbe und ein rhythmisches Schleifen verriet ihm, dass seine Beute bei der Arbeit war. Lautlos schlich er voran. Dann sah er ihn. Grevenstedt kniete mit dem Rücken zu ihm am Boden. Das war seine Chance. Unhörbar stieg er aus dem Wasser und huschte auf sein Opfer zu. Er zog das Metallrohr aus seinem Gürtel. Als er nahe genug war, holte er zum Schlag aus. Der Mann schien ihn nicht zu bemerken. Wie einfach es doch war, dachte er. Plötzlich knackte es laut. Er war auf einen Holzpinsel getreten. Grevenstedt fuhr herum.
Erschrockene Augen starrten ihn an.
»Hey, was soll …!«
Der Schlag stoppte Grevenstedts Worte. Doch er verfehlte den Kopf und traf lediglich Grevenstedts Schulter. Grevenstedt sprang auf und stürzte auf ihn zu. Er versuchte auszuweichen, doch Grevenstedt war schneller. Beide gingen sie zu Boden. Er verlor das Metallrohr. Grevenstedt umfasste seinen Hals und drückte zu. Er wehrte sich verbissen. Es gelang ihm, Grevenstedt abzuschütteln. Er sprang auf und versuchte, das Metallrohr zu ergreifen, doch auch Grevenstedt kam wieder auf die Beine. Wo waren nur die Schutzengel?
Ihm blieb keine Zeit zum Nachdenken. Grevenstedt war wieder heran und schlug ihm kräftig gegen die Schulter. Er taumelte zurück und stolperte über einen Schemel. Der Eimer mit Farbe stürzte um und das fröhliche Hellblau verteilte sich auf dem traurigen Boden.
Grevenstedt setzte nach, doch er wirbelte bereits am Boden herum. Grevenstedts Angriff ging ins Leere. Er trat nach Grevenstedt, doch der Tritt ging fehl. Trotz seines Taucheranzuges sprang er auf wie ein Raubtier. Sein Blick erfasste das Regal vor ihm. Ein Hammer lag dort. Indessen drehte sich Grevenstedt wieder um. In seiner Hand hielt er ein Taschenmesser.
»Verschwinde hier … sonst erlebst du was …!«, stieß Grevenstedt atemlos hervor.
Er stürmte wieder auf ihn zu.
Grevenstedt wehrte den Angriff mit dem Taschenmesser ab. Die kurze Schneide drang in weiches Fleisch.
Er schrie auf. Der Schmerz war höllisch. Durch die Wucht des Stiches wurde er mit dem Rücken gegen das Regal geworfen. Eine Angelrute fiel herab.
Grevenstedt war heran. Doch bevor Grevenstedt ein zweites Mal zustechen konnte, hielt er den Hammer in der Hand. Er schlug zu. Wild und unkontrolliert. Der laute Aufschrei Grevenstedts verriet ihm, dass er getroffen hatte. Ein zweiter Schlag. Grevenstedts Gegenwehr erlahmte. Mit dem dritten Schlag stürzte Grevenstedt zu Boden.
Erschöpft blieb er stehen. Der Schmerz in der Nierengegend war infernalisch. Er griff sich an die Seite. Seine Hand war voller Blut.
»Du erbärmlicher Hund!«, stieß er hervor und trat mit dem Fuß gegen den regungslosen Leib.
Grevenstedt stöhnte. Sein Gesicht war blutüberströmt.
Rechts neben dem Regal hingen die Netze. Er schleifte den benommenen Grevenstedt ans Wasser und wickelte ihn in
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