Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
Schilderung nach war er ein geistloser älterer Mann, dem nur daran lag, sich seine Knechtschaft zu erhalten, und der nicht spürte, dass seine Verlobte gelangweilt und rastlos war. Überdies ist sie intelligent, was er nicht einmal dann zu schätzen gewusst hätte, wenn er verständig genug gewesen wäre, es zu erkennen. Ich gestehe, dass ich sie verführte, aber genötigt habe ich sie nicht. Ich hatte noch nie Anlass, ein weibliches Wesen zu entehren, und niemals war ich einer jungen Frau begegnet, die so begierig nach Liebe war.
Als sie bemerkte, dass sie sich in anderen Umständen befand, war das für uns beide eine Katastrophe. Verzweifelt erklärte sie, dass außer ihrer Mutter, vor der es sich kaum verbergen ließ, niemand davon erfahren dürfe. Louisa wollte die letzten Lebensmonate ihres Bruders nicht belasten, doch als ihm der Verdacht kam, gab sie es zu. Am wichtigsten war ihr, den Vater nicht zu betrüben. Das arme Ding wusste, dass die Aussicht, Schande über Pemberley zu bringen, für diesen Mann schlimmer war als alles, was ihr hätte zustoßen können. Ich sah nicht ein, warum ein Kind der Liebe etwas Schändliches sein sollte – immerhin trifft man dergleichen in großen Häusern oft genug an –, doch sie empfand nun einmal so. Es war ihre Idee, mit Billigung ihrer Mutter zur Schwester zu ziehen, ehe ihr Zustand sichtbar wurde, und das Kind dort zu gebären. Es sollte als das ihrer Schwester ausgegeben werden, und ich schlug vor, dass sie, sobald sie reisefähig sei, mit dem Säugling zurückkäme, um ihn der Großmutter zu zeigen. Ich musste sicherstellen, dass das Kind lebte und gesund war, ehe ich entscheiden konnte, wie ich weiter verfahren sollte. Wir vereinbarten, dass ich Geld aufbringen würde, um die Familie Simpkins überreden zu können, das Kind zu sich zu nehmen und als ihr eigenes großzuziehen. Daraufhin sandte ich Colonel Fitzwilliam ein Schreiben mit der flehentlichen Bitte, mir zu helfen, und als Georgie nach Birmingham zurückgebracht werden sollte, gab mir der Colonel dreißig Pfund. Doch all das wissen Sie sicherlich schon. Seinen Worten zufolge tat er es aus Mitleid mit einem Soldaten, der unter ihm gedient hatte, doch sein Beweggrund war zweifellos ein anderer. Louisa hatte von einigen Dienstboten erfahren, es gehe das Gerücht, der Colonel suche sich in Pemberley eine Frau. Ein stolzer, kluger Mann, obendrein reich und adelig, lässt sich nicht in einen Skandal verwickeln, ganz zu schweigen von einer so gewöhnlichen, schäbigen Sache. Er war ebenso wenig darauf erpicht, mein uneheliches Kind im Wald von Pemberley spielen zu sehen, wie es Darcy gewesen wäre.«
Alveston warf eine Frage ein. »Ihre wahre Identität haben Sie Louisa nie offenbart, nicht wahr?«
»Das wäre töricht gewesen und hätte ihre Verzweiflung nur vergrößert. Ich tat, was die meisten Männer in meiner Lage tun. Ich beglückwünsche mich selbst dazu, eine überzeugende Geschichte präsentiert zu haben, die wohl in jeder leicht beeindruckbaren jungen Frau Mitgefühl hervorgerufen hätte. Ich stellte mich ihr als Frederick Delancey vor, weil mir die Initialen dieses Namens schon immer gefallen hatten, und behauptete, bei der Niederschlagung der irischen Rebellion verwundet worden zu sein – was ja der Wahrheit entsprach. Nach meiner Heimkehr habe sich herausgestellt, dass meine geliebte Frau bei der Niederkunft gestorben sei und mit ihr mein Sohn. Dieses traurige Märchen vertiefte Louisas Liebe und Ergebenheit so sehr, dass ich mich gezwungen sah, die Geschichte auszuschmücken, indem ich erklärte, ich würde irgendwann nach London gehen, mir eine Stellung suchen, zurückkehren und sie heiraten, sobald unser Kind die Familie Simpkins verlassen könne, damit wir eine richtige Familie seien. Louisa bestand darauf, dass wir als Zeichen unserer gegenseitigen Liebe und Hingabe meine Initialen in Baumstämme schnitzten.«
»Sie haben ein leichtgläubiges, im Grunde völlig unschuldiges Mädchen auf niederträchtige Weise getäuscht, Sir«, sagte der Colonel. »Nach der Geburt des Kindes wären Sie bestimmt für immer verschwunden, und damit hätte die Sache für Sie ein Ende gehabt.«
»Ich gestehe die Täuschung ein, doch die Folge daraus erschien mir durchaus wünschenswert. Louisa, so dachte ich, würde mich bald vergessen und ihren Verlobten heiraten, und das Kind könnte bei Menschen großwerden, die seine Verwandten waren. Ich kenne weit schlimmere Beispiele dafür, wie mit Bastarden
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