Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
gewannen uns sehr schnell lieb, vielleicht weil wir uns in so vielem ähnelten. Sie war klug. Sie erklärte mir, meine größten und vielleicht einzigen Vorzüge seien mein Schlag bei den Frauen und meine Fähigkeit, mich bei ihnen beliebt zu machen. Ich solle, um der Armut zu entgehen, am besten eine wohlhabende Frau heiraten – sie traue mir das durchaus zu. Doch wie Sie wissen, zerstoben meine größten und frühesten Hoffnungen, als Darcy in Ramsgate auftauchte und den entrüsteten Bruder mimte.«
Der Colonel war auf den Beinen, noch ehe sich Darcy auch nur bewegen konnte. »Es gibt einen Namen, der Ihnen weder in diesem Raum noch an einem anderen Ort über die Lippen kommen wird, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, Sir.«
Wickham sah ihn mit einem Blick an, aus dem sein früheres Selbstvertrauen sprach. »Ich bin lange genug auf der Welt, um zu wissen, wann eine Dame einen unantastbaren Ruf besitzt und einen Namen trägt, den kein Skandal jemals beschmutzen kann. Und ich weiß, dass es Frauen gibt, deren Lebensweise dazu beiträgt, diese Lauterkeit zu bewahren. Meine Schwester war eine solche Frau. Doch kehren wir zum Thema zurück! Gottlob stellte der Wunsch meiner Schwester die Lösung unseres Problems dar, denn nachdem sich Louisas Schwester geweigert hatte, das Kind zu behalten, musste ein anderes Zuhause gefunden werden. Eleanor beeindruckte Louisa, indem sie ihr erzählte, welches Leben Georgie bei ihr haben werde, und Louisa erklärte sich damit einverstanden, dass Eleanor das Kind am Morgen des Balls von Pemberley gemeinsam mit mir im Cottage abholen und nach London bringen würde, wo ich mich nach Arbeit umsehen wollte, während Georgie so lange in Eleanors Obhut bliebe, bis Louisa und ich heiraten könnten. Wir hatten selbstverständlich nicht die Absicht, ihr die Adresse meiner Schwester zu verraten.
Doch der Plan schlug fehl, und ich muss zugeben, dass daran größtenteils Eleanor schuld war. Sie hatte es sich zum Grundsatz gemacht, nicht mit Frauen zu verkehren, und war den Umgang mit ihnen nicht gewöhnt. Mit Männern ließ es sich offen und direkt verhandeln, bei Männern wusste sie zu überzeugen und sich einzuschmeicheln. Männer betrachteten sie nicht einmal dann als ihre Feindin, wenn sie ihr beträchtliche Summen bezahlt hatten. Für Louisas Empfindsamkeit und ihren Wankelmut brachte sie dagegen keine Geduld auf. In ihren Augen war hier der gesunde Menschenverstand gefragt: Für Georgie musste dringend eine Unterkunft gefunden werden, und sie bot eine solche, die obendrein wesentlich besser war als das Leben bei Louisas Schwester. Louisa konnte Eleanor schlicht nicht ausstehen und begann ihr zu misstrauen, weil Eleanor für ihre Begriffe viel zu oft davon sprach, dass sie die dreißig Pfund brauche, die der Familie Simpkins in Aussicht gestellt waren. Letztlich erklärte sich Louisa zwar damit einverstanden, Georgie wie geplant zu übergeben, aber es bestand nach wie vor die Gefahr, dass sie sich, wenn es Abschied zu nehmen galt, wieder verstockt zeigen würde. Deshalb wollte ich Denny bei der Abholung des Kindes dabeihaben. Bidwell würde sich in Pemberley aufhalten, und alle Dienstboten würden beschäftigt sein, so dass man der Kutsche meiner Schwester problemlos Durchfahrt durch das Nordwesttor gewähren würde. Erstaunlich, wie sich derartige kleinere Schwierigkeiten mit ein, zwei Schillingen aus der Welt schaffen lassen! Eleanor hatte sich bereits für den Vorabend mit dem Colonel im King’s Arms in Lambton verabredet, um ihn von der Änderung des Plans zu unterrichten.«
»Ich war Mrs. Younge nicht mehr begegnet, seit sie sich bei uns als Gouvernante vorgestellt hatte«, warf der Colonel ein. »Nun umschmeichelte sie mich genauso wie damals. Sie schilderte mir in allen Einzelheiten ihre finanzielle Situation. Ich habe Darcy bereits erzählt, dass mir ihr Vorhaben das Beste für das Kind zu sein schien, und ich bin immer noch der Ansicht, dass es das Beste gewesen wäre, wenn Mrs. Younge Georgie adoptiert hätte. Nachdem ich die Aufgabe übernommen hatte, im Zuge unserer Suche nach Wickham und Denny zum Waldcottage zu gehen, hielt ich es für richtig, Louisa darüber aufzuklären, dass es sich bei ihrem Liebhaber um Wickham handelte, dass er verheiratet war und gemeinsam mit einem Freund im Wald vermisst wurde. Danach war natürlich nicht mehr daran zu denken, dass sie das Kind jemals in die Obhut von Mrs. Younge, Wickhams Freundin und Vertrauter, geben würde.«
»In Wahrheit
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