Der Tod kommt wie gerufen
gewalttätige Stecher ist, den Vince beschrieb?«
Slidell stand auf und kam um den Tisch herum. Er blätterte in Rinaldis Aufzeichnungen.
RN. NAR. CTK. TV.
»Eddie sagte, Rick Nelson mit Narben. Aknenarben. O Mann.«
»Vielleicht.« So recht überzeugt war ich noch nicht.
»Was? Das beschreibt doch Finney bis aufs i-Tüpfelchen. Vielleicht
bringt uns das genug, um den Wichser wegen Klapec festzuhalten. «
»Ich würde trotzdem dem Akron-Aspekt nachgehen.« Ich bog Slidells Einwand ab. »Rausfinden, ob er einen Flug gebucht oder Verbindungen dorthin hat.«
»Ja, ja.«
Wir verstummten und starrten Rinaldis rätselhaften Code an.
Nach ein paar Sekunden merkte ich eine Veränderung in Slidells Aufmerksamkeit, spürte, wie sein Blick über mein Gesicht kroch. Ich schaute nicht hoch. Wollte die Unterhaltung nicht führen, die jetzt zu drohen schien.
Doch anstatt etwas zu sagen, zog Slidell einen Spiralblock aus seiner Tasche, schrieb etwas auf, riss das Blatt heraus und legte es mir auf den Schreibtisch.
»Meine Freundin fängt sich auch immer diese Bazillen ein. Wenn Sie wollen, rufen Sie sie einfach an.«
Ich hörte Schritte. Dann war es still in meinem Büro.
Wieder brannte die Scham auf meinem Gesicht. Larabee wusste Bescheid. Slidell wusste Bescheid. Wer hatte meine armselige Erkältungsausrede sonst noch alles durchschaut?
Ich las eben Slidells Gekritzel, als der ME den Kopf zu meiner Tür hereinstreckte.
»Kommen Sie, schnell-«. Als er meinen Blick sah, brach er ab. »Was ist?«
»Slidell hat eine Freundin.«
»Unmöglich.«
»Verlene irgendwas mit einem W.« Der Name buchstabierte sich Wryznyk.
»Ich werd verrückt.« Larabee erinnerte sich, warum er gekommen war. »Lingo hat schon wieder Schaum vor dem Mund.«
»O Gott!«
Ich folgte Larabee in den Aufenthaltsraum. Jeder Sender berichtete über den Mordanschlag auf Rinaldi. Im Fernseher lief einer davon.
Lingo schwadronierte vor einem Friedhof. Um ihn herum auf der Straße wurden Polizeiabsperrungen errichtet.
»– nicht mehr heilig? Wenn Verbrecher diejenigen abschlachten, die ihr Leben riskieren, um unsere Stadt sicher zu machen? Diese mutigen Beamten, die unsere Häuser und unsere Kinder vor Schaden bewahren? Ich sage Ihnen, was das ist. Das ist der Anfang des Endes der anständigen Gesellschaft.
Ich stehe hier vor dem Eingang zum Sharon Memorial Park. Detective Rinaldi wird morgen hier begraben. Er war sechsundfünfzig, seit dreißig Jahren Polizist, ein beliebtes Mitglied dieser Gemeinde, ein gottesfürchtiger Mann. Detective Rinaldi ist nicht alleine.«
Lingo las von einer Liste in seiner Hand ab.
»Officer Sean Clark, vierunddreißig. Officer Jeffrey Shelton, fünfunddreißig. Officer John Burnette, fünfundzwanzig. Officer Andy Nobles, sechsundzwanzig.«
Lingo hob den Blick.
»Ich nenne nur einige wenige der Gefallenen.« Sorgenfalten legten sich über das Schweinsgesicht. »Liegt die Schuld ausschließlich bei den Übeltätern?« Ein feierliches Kopfschütteln. »Ich glaube nicht. Die Schuld liegt in einem Rechtssystem, das darauf ausgerichtet ist, die Schuldigen zu schützen. Bei libertären Wissenschaftlern, die die Bemühungen unserer Brüder und Schwestern in Uniform untergraben.«
Meine Eingeweide zogen sich zusammen.
»Viele von Ihnen wurden Zeugen des Angriffs auf meine Person am letzten Freitag. Dr. Temperance Brennan, eine Angestellte Ihrer Universität, Ihres Leichenbeschauers, Institutionen also, die von Ihren Steuergeldern finanziert werden. Dr. Brennan hat das Blutbad gesehen. Sie kennt den Krieg, der in unseren Straßen wütet. Arbeitet sie dafür, dass solche wie Asa Finney verurteilt werden? Solche, die den Pfad der Schlange gewählt haben? Ganz im Gegenteil. Sie entschuldigt diese Kriminellen. Verteidigt ihre heidnischen Praktiken.«
Lingo fixierte die Kamera mit einem Blick umwerfender Ernsthaftigkeit.
»Es ist Zeit für eine Veränderung. Und als Ihr gewählter Vertreter werde ich dafür sorgen, dass diese Veränderung eintritt.«
Es folgte eine Luftaufnahme der Szene, dann ein Schnitt zu einer Moderatorin. Hinter ihrer linken Schulter zeigte eine Karte die Route des Leichenzugs des morgigen Tages.
»Die Zeremonie beginnt um elf Uhr mit einer Messe in St. Ann’s Catholic Church. Der Trauerzug bewegt sich dann entlang Park, Woodlawn, Wendover, Providence und Sharon Amity. Diese Straßen werden bis Mitte des Nachmittags für den Verkehr gesperrt bleiben.
Seit Sonntag treffen Mitglieder der
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