Der Tod kommt wie gerufen
Ecke sehen konnte.
Ein CMPD-Streifenwagen stand schräg vor meiner Wohnung, die Türen offen, das Funkgerät knisternd, im Licht der beiden Scheinwerfer zwei Uniformierte und ein Mann.
Obwohl mein Blick durch Büsche und die Ecke der Remise behindert war, sah ich, dass der Mann mit erhobenen Armen dastand, die Hände flach an der Wand des Annex. Während ein Uniformierter ihn durchsuchte, befragte ihn der andere.
Der Mann war groß und schlank und trug eine Lederjacke zu Jeans. Obwohl er mir den Rücken zuwandte, kam er mir irgendwie bekannt vor.
Ich sah, wie der durchsuchende Polizist eine Brieftasche fand und sie öffnete. Der Mann sagte etwas. Der Polizist zog etwas aus der inneren Jackentasche des Mannes.
Ich hielt es nicht mehr aus. Obwohl ich wusste, dass ich zurückbleiben sollte, bog ich um die Kurve und rollte vorwärts.
Die Außenbeleuchtung legte einen Lichtkranz um die Haare des Mannes. Sandfarben. Nicht lang, nicht kurz.
Etwas kribbelte in meiner Brust.
Unmöglich.
Der durchsuchende Polizist gab dem befragenden einen Gegenstand. Worte wurden gewechselt. Die Körpersprache wurde entspannter. Offensichtlich klärte sich hier eine prekäre Situation.
Beide Polizisten traten einen Schritt zurück.
Der Mann ließ die Arme sinken und drehte sich um. Der durchsuchende Polizist gab ihm den Gegenstand zurück. Der Mann steckte ihn wieder in seine Jacke und hob das Kinn. Das Licht fiel auf seine Gesichtszüge.
Das Trio sah zu, wie ich auf meine Einfahrt rollte und ausstieg. Der durchsuchende Polizist sprach mich an.
»Gutes Timing, Ma’am. Wir wurden informiert, dass die brennende Außenbeleuchtung ein Alarmsignal ist. Als wir es sahen, näherten wir uns dem Grundstück und fanden diesen Gentleman hier, der in Ihre Fenster schaute. Er sagte, dass Sie beide sich kennen. «
»Detective Ryan ist ein alter Freund«, sagte ich und starrte in ein Paar arktisch-blauer Augen.
»Dann ist hier alles in Ordnung?«
»Alles in Ordnung.« Ich riss den Blick los und wandte mich den beiden Beamten zu. »Vielen Dank für Ihre Wachsamkeit.«
Die Polizisten fuhren davon. Ich ging zu meinem Auto und fing an, mit unsicheren Händen die Vorräte aus dem Kofferraum zu holen. Ryan half mir wortlos dabei.
In der Küche bot ich Ryan dann eines der Biere an, die Katy im Kühlschrank stehen gelassen hatte. Er nahm es. Ich nahm mir ein Diet Coke.
Trank einen großen Schluck. Stellte die Dose auf die Anrichte. Behutsam. Sprach, ohne mich umzudrehen.
»Wie geht’s?«
»Gut. Und dir?«
»Gut.«
»Katy?«
»Auch gut.« Ich sagte ihm nicht, dass sie eine Weile nicht in der Stadt war.
»Freut mich. Sie ist ein klasse Mädchen.«
»Das ist eine Überraschung.« Ich fragte ihn nicht nach seiner Tochter. Gemein, ich weiß, aber der Schmerz lässt einen die Höflichkeit vergessen.
»Ja.« Ich hörte Bewegung, das Kratzen eines Stuhls, wieder Bewegung.
»Du hast dir eine schlechte Zeit ausgesucht, Ryan.«
»Ich bin wegen Rinaldis Begräbnis hier. Er war ein guter Mann.«
Das hatte ich ganz vergessen. Wie viele Jahre war das her? Drei? Vier? Ryan lernte Rinaldi und Slidell kennen, weil er mir in einem Fall half, bei dem es um Schwarzmarkthandel mit gefährdeten Tierarten ging.
»Und um dich zu sehen.«
Tentakeln schlangen sich um mein Herz.
Mein Blick fiel auf das Weinglas vom Montag, das noch immer umgedreht auf dem Holzgestell neben dem Spülbecken stand. Die neu erwachte Bestie regte sich wieder. Wie willkommen das jetzt wäre. Glühend rote Wärme, dann Zuversicht und Selbstvertrauen. Schließlich Vergessen.
Gefolgt von Selbstekel.
Ich schloss die Augen und kämpfte die Gier nieder.
»Wo wohnst du?«
»In einem Sheraton am Flughafen.«
»Wie bist du hierhergekommen?«
»Ein paar Uniformierte haben mich an der Ecke Queens und irgendwas abgesetzt. Von dort bin ich zu Fuß gegangen. Habe die Außenbeleuchtung angemacht und mich ein bisschen umgeschaut. «
»Und wurdest als Spanner verhaftet.«
»So was in der Richtung.«
»Ich hätte dich ins Gefängnis wandern lassen können.«
»Danke für das Leumundszeugnis.«
Ich sagte nichts.
»Wir müssen reden.« Ryans Ton war sanft, doch beharrlich.
Nein, Cowboy. Das müssen wir nicht.
»Ich habe Fehler gemacht.«
»Tatsächlich?« Ich konnte kaum sprechen.
»Ja.«
Der Kühlschrank summte. Die Uhr auf dem Kaminsims im Wohnzimmer tickte.
Ich versuchte, mir etwas Ablenkendes einfallen zu lassen oder wenigstens etwas Unbeschwertes und Intelligentes. Es kam
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