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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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hektisch.
    »April Pinder?«
    Die Frau nickte.
    »Ich habe heute Morgen angerufen.« Slidell hielt seine Marke so tief, dass Pinder sie sehen konnte.

    Der Zwergspitz auf dem Boden pinkelte auf die Fliesen.
    »Moment.«
    Pinder stand auf und schloss die Tür.
    »Wie wär’s, wenn Sie die Köter einsperren?« Slidell versuchte erst gar nicht, seinen Abscheu zu verbergen.
    »Sie mögen wohl keine Hunde, was?«
    »Diese zwei scheinen mir ein wenig nervös zu sein.« Triefend vor Sarkasmus.
    Sekunden später saßen Slidell und ich auf einem zu üppig gepolsterten Sofa in einem zu üppig ausgestatteten Wohnzimmer. Pinder saß uns gegenüber auf einem Brentwood-Schaukelstuhl. Aus dem hinteren Teil des Hauses drang hektisches Kratzen und Kläffen zu uns, jetzt allerdings gedämpft durch Wände und Türen.
    Während Slidell die Befragung begann, betrachtete ich Pinder. Sie hatte eine blasse Haut, blond gefärbte Haare und merkwürdig asymmetrische Wangenknochen, der linke prägnanter als der rechte. Ohne das zu dick aufgetragene Make-up wären ihre aquamarinblauen Augen bemerkenswert gewesen. Ich schätzte sie auf Mitte zwanzig.
    Die Wohnung allerdings deutete eher auf eine über Achtzigjährige hin. Zierdeckchen. Nippes. Schnitzfiguren direkt aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise.
    Und Fotos. Unmengen davon. Die alle Menschen oder Haustiere zeigten. Anscheinend hatte es eine lange Ahnenreihe geben, die schließlich zu den gegenwärtigen Zwergspitzen führte.
    Die Luft war schwer von Gerüchen. Gebratenes Essen? Mottenkugeln? Besudelte Wäsche? Zigarettenrauch?
    Ich konzentrierte mich wieder auf Pinder. Sie erzählte eben von ihrem Job in einer Bar am Wilkinson Boulevard. Slidell machte sich Notizen. Oder tat so. Hin und wieder hielt Pinder inne, als würde sie auf die Geräusche der Hunde lauschen. Ich nahm an, dass wir nicht allein im Haus waren.
    »Reden wir über Vince Gunther.« Slidell kam zur Sache.

    »Er ist mein Geliebter. War mein Geliebter. Was hat er getan?«
    »Wie kommen Sie drauf, dass er etwas getan haben könnte?«
    »Warum wären Sie sonst hier?«
    »Wo ist er?«
    Pinder zuckte die Achseln. Sie trug eine Bluejeans und ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift Cheeky Girls. Freche Mädchen.
    Cheeky Girls? Ein Club? Eine Philosophie? Eine Rockband? Katy hatte recht. Allmählich wurde ich alt und verlor den Anschluss. Ich prägte mir ein, den Namen zu recherchieren. Vielleicht konnte ich sie beeindrucken, indem ich ihn beiläufig mal fallen ließ.
    »Falsche Antwort.«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht in Kalifornien.«
    Pinder fing an, den Fransenrand eines Schaukelstuhlkissens zu bearbeiten, wickelte sich einzelne Stränge um den Zeigefinger und löste sie dann wieder.
    »Kalifornien?«
    »Er redete davon, nach Westen zu gehen, um was für seinen Teint zu tun.«
    »Ich will Ihnen etwas erklären, Miss Pinder. Wenn Sie mich veräppeln, dann wird hier die Kacke unverzüglich mit dem Dampfen beginnen.«
    »Wir haben uns getrennt.«
    »Wann?«
    »Vor ein paar Wochen. Drei vielleicht.«
    »Warum?«
    »Weil Vince ein Spinner ist.«
    Krachen und Klirren erweiterte das hündische Konzert, was darauf hindeutete, dass die beiden sich jetzt gegen die Tür warfen.
    »Wenn Vince ein Spinner ist, warum haben Sie dann die Kaution für ihn gestellt?«
    »Er hat gesagt, er liebt mich. Ich bin eine Idiotin. Ich habe ihm geglaubt.«

    Pinder umklammerte die Armlehnen und rief über die Schulter: »Poppy! Peony! Lasst das!«
    »Erzählen Sie mir, wie das ablief«, sagte Slidell mit Ärger in der Stimme.
    Pinder lehnte sich zurück und seufzte theatralisch.
    »Vince hat mich gebeten, fünfhundert Dollar in ein Büro in der Nähe des Gerichtsgebäudes zu bringen. Hat gesagt, er würde es mir zurückzahlen, sobald er draußen ist.« Wieder spielte sie mit den Fransen.
    »Er hat Sie über den Tisch gezogen«, vermutete Slidell. »Und dann hat er Sie sitzenlassen.«
    Als Pinder den Kopf hob, waren ihren Augen verschleiert und rot vor Wut. »Vince ist eine schwulenfickende Hure.«
    Nun gut. Ein verschmähtes Weib.
    »Er hätte mich krank machen können.« Ihre Lippen zitterten, und Feuchtigkeit trat ihr in die Augen. »Wer weiß, vielleicht hat er es sogar.«
    Tränen quollen ihr aus den Augen, liefen ihr die Wangen hinunter und nahmen jede Menge Mascara mit.
    »Meine Oma hat Alzheimer. Sie hat niemanden mehr, nur noch mich. Wer soll sich denn um sie kümmern, wenn ich sterbe?«
    Oma war vermutlich oben und schlief. Deshalb achtete

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