Der Tod trägt dein Gesicht
Hormonschub?”
“Oh ja. Ich hatte nur die Vorhänge aufgemacht und gesagt, dass es ein schöner Tag sei, und schon brach sie in Tränen aus. Mann, und ich dachte, dass die ersten vier Monate mit der Morgenübelkeit schlimm wären.” Dennis holte Latexhandschuhe aus seiner Manteltasche und zog sie über. “Jedes Mal, wenn sie sich übergab, sah sie mich mit einem Blick an, als wollte sie mir sagen: ‘Das ist alles nur deine Schuld.’ Aber diese Stimmungsschwankungen, die sie hat, seitdem die Übelkeit weg ist, sind noch schlimmer. Wenn das so weitergeht, glaube ich nicht, dass ich das die nächsten zwei Monate noch länger durchstehe. Ich liebe diese Frau bis zum Wahnsinn, aber sie macht mich auch echt verrückt.”
“Armer Hase.” Casey sah zu ihrem Kollegen auf und grinste. “Von mir bekommst du kein Mitleid! Drei Kinder in drei Jahren Ehe, das macht jede Frau ein wenig bekloppt.”
“Woher sollte ich denn wissen, dass es beim zweiten Mal Zwillinge würden? Und außerdem, du bist meine Partnerin. Du solltest auf meiner Seite sein.”
“Pech gehabt. Mary Kate ist meine Cousine und schon viel länger meine beste Freundin, als wir beide zusammenarbeiten.”
Er verdrehte die Augen und murmelte vor sich hin: “Frauen! Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Sogar Tante Maureen. Als ich heute Morgen zur Arbeit ging, kümmerte sie sich um Mary Kate wie eine alte Glucke.”
“Gut.” Casey sagte das ohne die geringste Spur von Mitleid. “Mary Kate hat es verdient, dass man sie jetzt besonders verwöhnt.”
Die Schwangerschaft ihrer Cousine war schwierig, denn sie erwartete Zwillinge. In der Mitte des fünften Monats hatte der Gynäkologe ihr strikte Bettruhe verordnet – eine unmögliche Anweisung für die Mutter eines aufgeweckten zweijährigen Jungen. Es sei denn, sie hatte die Unterstützung ihrer Familie.
Die hatte Mary Kate allerdings in Hülle und Fülle. Kaum dass sie von der Anweisung des Arztes gehört hatte, war Caseys Mutter Maureen Collins zusammen mit Francis O’Toole in die Wohnung der Shannons eingefallen wie ein Sondereinsatzkommando. Francis war die Nachbarin und beste Freundin von Maureen und zufällig auch Caseys Schwiegermutter. Die beiden Frauen hatten das Hab und Gut der jungen Familie kurzerhand eingepackt und in das kleine Wochenendhaus befördert, das hinten auf dem Grundstück ihrer beiden Einfamilienhäuser stand. Caseys Vater, Patrick Collins, und ihr Schwiegervater, Joe O’Toole, hatten es vor mehr als fünfunddreißig Jahren gebaut; es war Caseys Hochzeitsgeschenk gewesen, als sie vor zehn Jahren Tim geheiratet hatte. Das Häuschen hatte leer gestanden, seit Casey vor fast einem Jahr nach Mears in ein Stadthaus gezogen war.
Jetzt brachte Dennis seine schwangere Frau und ihren kleinen Sohn fast täglich zu Tante und Onkel. Das passte allen Betroffenen ausgezeichnet. Jemand kümmerte sich um Mary Kate, und ihre Mutter und ihre Schwiegermutter genossen es, sich mit dem kleinen Roger zu beschäftigen, und Dennis konnte arbeiten gehen und wusste, dass seine Frau und der Sohn in guten Händen waren.
Dennis kam zu Casey und beugte sich über den Leichnam, um ihn sich genauer anzusehen. “Nicht schon wieder eine Frau!”
“Sieht ganz danach aus.” Casey benutzte das Ende ihres Bleistiftes, um vorsichtig das Haar der Frau anzuheben. So konnte sie besser die Wunden sehen, die sich auf ihrem Rücken befanden. “Zwei Schüsse in den Rücken.”
“Hm. Genau wie bei den beiden Fällen von Sheriff Crawford.”
Diese Opfer waren in den Wäldern von Spaziergängern entdeckt worden. Beide waren erschossen worden, bei beiden wurden Spuren von Fesseln an Handgelenken und Fußknöcheln gefunden. Da Casey sich Mühe gab, Sheriff Crawford, so gut es ging, aus dem Wege zu gehen, hatte sie keine detaillierten Informationen über die Fälle, aber nach dem zu urteilen, was sie gehört hatte, gab es nur wenige Hinweise auf den Täter. Dem Sheriff zufolge hatte der Täter die Frauen sexuell belästigt, sie dann im Wald ausgesetzt und sie schließlich wie Wild gejagt.
“Sieht so aus”, stimmte Casey zu. “Nur mit dem Unterschied, dass auf diese Opfer nur einmal geschossen worden ist. Es scheint so, dass diese Frau, anstatt kopflos durch den Wald zu fliehen, so klug war, einen Ausweg zu suchen. Ich nehme an, sie hat sich auf die Straße gerettet, um Hilfe zu suchen, oder weil sie hoffte, es in die Stadt zu schaffen. Gute Idee. Nur ein paar Sekunden später, und sie hätte in
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