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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Herz nicht? Es schlägt doch sonst immer, wenn ich nervös werde.
    Barnabas zog mich wieder hinter den Baum. »Glaube ich nicht«, erwiderte er und ich sah zu ihm hoch. Seine Augen waren silbern. »Wir müssen gehen.«
    Alles wird blau, dachte ich. Ich fühlte mich wie betäubt, als würde ich selbst immer unschärfer.
    Shoe hatte es endlich geschafft, das Fliegengitter abzumontieren, und schob es nach draußen. Die Vorhänge flatterten im Wind, als er sie zuzog, um das offene Fenster zu verbergen.
    »Wir müssen hier weg«, entschied Barnabas und rannte auch schon los über den Rasen.
    Ich holte tief Luft und zwang mich, ihm zu folgen. Wäre da nicht der Wind in meinem Gesicht gewesen, hätte ich noch nicht mal sagen können, ob ich mich von der Stelle bewegte oder nicht. Ich fühlte mich wie m einem von diesen Träumen, in denen man rennt und rennt und nie irgendwo ankommt.
    »Madison!«, rief Barnabas vom Bürgersteig aus und ich blieb stehen. Blinzelnd sah ich auf den Boden. Ich stand noch immer neben dem Baum. Moment mal. Ich wusste, dass ich gerannt war … irgendwohin.
    »Mach schon, Madison!«, rief Barnabas wieder und ich schwankte kurz. »Er kommt jeden Moment raus!« »Mir geht's nicht so gut«, murmelte ich und blinzelte in seine Richtung.
    Und mit einem Mal wurde das Licht auf der Straße komplett blau. Wie ein Tropfen Tinte, der in ein Glas Wasser fällt, sickerte das Blau in der Mitte nach unten und breitete sich dann zu den Seiten des Lichtstrahls aus. Weiß und Blau wirbelten durcheinander, bis es nur noch eine Farbe war.
    Oje, das kann nicht gut sein.
    »Äh«, keuchte ich, als Barnabas zu mir zurückgejoggt kam und mich beim Arm griff. »Ich glaub, ich hab ein Problem.« Dann gaben meine Knie nach und ich brach zusammen.
    »Madison!«
    Mein Kopf kippte schlaff zur Seite und ich spürte, wie Barnabas mich auffing. »Bei Gabriels lackierten Nägeln «, murmelte er und ich schlug die Augen wieder auf. Sein Gesicht schimmerte wie in einer Traumsequenz im Film, als wäre es mit etwas Weißem überzogen. Und ich konnte seine Flügel sehen. Ich streckte die Hand aus und wollte sie berühren. Dann merkte ich, dass sie gar nicht da waren, ich hatte sie mir nur eingebildet. Er sah aus wie der Engel, der er war - wenn auch ein gefallener. Er war das einzig Wirkliche, was geblieben war. Alles andere war blau und floss zu einem einzigen, eintönigen Farbklecks zusammen.
    »Barnabas«, flüsterte ich mit einiger Mühe, nachdem ich tief Luft geholt hatte. »Irgendwas stimmt hier nicht.«
    »Ach, ehrlich?«, erwiderte er und in seiner Stimme lag Panik, als er mich auf seine Arme hob. »Was ist denn los? Tut dir was weh?«
    Mein Blick fiel auf mein Amulett und blieb daran hängen. Es war tiefschwarz. Nein, es war lila, aber so dunkel, dass es wie schwarz wirkte. Und plötzlich traf mich die Erkenntnis wie ein Blitzschlag und ich begriff, dass es ultraviolett geworden war und die Farbe nicht mehr zum sichtbaren Spektrum gehörte.
    Mein Kopf schnellte hoch und ich keuchte auf, als ich die Sterne sah. Sie waren wie farblose Regenbögen. Ich konnte jede einzelne Wellenlänge sehen, die sie ausströmten, und fing an zu weinen. Es war zu viel. Ich war doch nur ein Mensch. Ich sollte das alles nicht sehen, noch nicht einmal wissen, dass so etwas existierte. »Madison!«
    Barnabas drehte mein Gesicht vom Himmel weg und ich klammerte mich schluchzend an ihn, als könnte er mich vor alldem beschützen. »Irgendwas … stimmt hier nicht«, stammelte ich. Ich wollte wieder nach oben sehen, aber ich brachte es nicht über mich.
    »Ich hole Ron«, sagte Barnabas. Seine Stimme klang entschlossen, und obwohl mich eine Welle von Schwindel durchfuhr, blickte ich ihn an.
    »Nein«, hauchte ich, dann lauter: »Nein! Lass mich nur nicht zu den Sternen raufsehen.« Ich weinte und bemerkte, dass ich Wogen von Blau aussandte, die sich an ihm brachen wie Meereswogen am Strand. »Lass mich nicht zu den Sternen raufsehen …«, flüsterte ich, und während Barnabas kurz davor war, in Panik auszubrechen, dehnte sich plötzlich mein Bewusstsein.
    Als hätte jemand eine Flamme ausgepustet, löste er sich in einer blauen Rauchwolke auf und verschwand. Ich war allein. Und alles, was mich jetzt noch bei Verstand hielt, war das Schimmern seiner Aura neben meiner, als ich vollends in das Zeitgewebe eintauchte.

8
    Wo zum Teufel bin ich?, dachte ich und betrachtete meine Finger, die sich wie durch einen blauen Nebel bewegten, als ich nach der Lehne

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