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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Position als Botenengel, die ich ihr verschafft hatte, indem ich ihr einen Namen gab. Eigentlich hatte ich gar nicht vorgehabt, sie zu befördern. Mir war damals bloß noch nicht klar gewesen, dass Namen im Reich der Engel eine so große Bedeutung haben. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die Seraphim sie mir nur zur Strafe geschickt hatten, aber mittlerweile war ich verdammt froh, sie zu haben. Egal, wie viele dumme Reime sie vom Stapel ließ.
    »Was machen die Engel denn da?«, fragte sie und wurde unsichtbar, als sie sich auf einem Mülleimer neben mir niederließ. Sobald sie die Flügel stillhielt, hörte sie auf zu glühen.
    »Versuch du mal, einen schwarzen und einen ehemals weißen Todesengel zur Zusammenarbeit zu zwingen, ohne dass es dabei Zoff gibt«, erwiderte ich und lehnte mich seufzend gegen den Infobildschirm. Meine Hand schloss sich um mein Amulett und in Gedanken griff ich nach dem Göttlichen und wickelte das Licht um den schwarzen Stein. Wie durch Zauberei - was es ja auch irgendwie war - verschwand der glatte Stein, obwohl ich sein Gewicht noch immer in der Hand spürte.
    Mein Amulett verschwinden zu lassen war das Erste, was Nakita mir beigebracht hatte. Eines Tages würde ich den Stein in irgendetwas anderes verwandeln können. Im Augenblick aber war das hier alles, was ich zustande brachte.
    Grace' Flügel glühten schwach auf, als ich mit meinem »Können« angab, dann verschwanden sie wieder.
    »Na, wenigstens reden sie inzwischen miteinander.« »Sie reden nicht, sie streiten«, stellte ich richtig. Es würde die Sache jedenfalls nicht einfacher machen, wenn sie jede Kleinigkeit totdiskutierten. Jetzt waren wir schon mal hier, da sollten wir doch vielleicht langsam mal anfangen, nach dem Zielobjekt zu suchen.
    »Du hast doch nicht etwa gedacht, Himmel und Erde auf den Kopf zu stellen würde ein Kinderspiel werden, oder?«, fragte Grace und ich runzelte die Stirn.
    »Es wäre jedenfalls viel leichter, wenn ich einen kleinen Sprung durch die Zeit machen und in die Zukunft sehen könnte«, schmollte ich.
    »Bitte, dann versuch's doch«, sagte Grace gleichgültig. »Letztes Mal war dein Amulett jedenfalls fast schrottreif, nachdem du die Verbindung gekappt hattest.«
    Ihr vorwurfsvoller Ton traf mich. Sie hatte mich damals noch davor gewarnt, es zu tun, und ich hatte nicht auf sie gehört. Das hatte mir zwar das Leben gerettet, aber mein Amulett hatte sich noch immer nicht so ganz davon erholt. Und solange es nicht völlig wiederhergestellt war, lasen eben die Seraphim in der Zeit und schickten die schwarzen Engel zu Vollstreckungen auf die Erde.
    Seraphim, die in der Zeit lasen, waren eigentlich ein Widerspruch in sich. Sie waren zwar theoretisch dazu in der Lage, hatten in der Praxis aber ziemliche Schwierigkeiten damit, Vergangenheit und Zukunft auseinanderzuhalten. Darum waren Zeitwächter auch immer Menschen. Menschliche Zeitwächter - zu denen dann wohl auch ich zählte - hatten sich über die Jahrhunderte als erstaunlich praktisch erwiesen. Auf diese Weise konnte das Himmelreich sozusagen mit der Mode gehen, denn die vollkommen unvollkommene Menschheit änderte ihr Verhältnis zum Leben und zum ganzen Universum und überhaupt allem anderen ständig.
    Wie auch immer, es fanden also Vollstreckungen statt, die ich gar nicht angeordnet hatte, und das ärgerte mich. Die Seraphim wussten, dass ich gern ein paar grundlegende Dinge ändern wollte. Und genau aus diesem Grund wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie mich nur zu dieser Vollstreckung schickten, um zu testen, wie ich klarkommen würde. Und wenn ich diesen Typen mit meiner Theorie vom freien Willen nicht von seinem Vorhaben abbringen konnte, wie sollte ich dann noch meine Todesengel davon überzeugen, dass so etwas möglich war?
    Grace sah, wie niedergeschlagen ich war, und schwebte zu mir herüber. »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte sie mich. »Es dauert sicher nicht mehr lange, bis du selbst Zeitsprünge machen kannst. Ich glaube, unbewusst machst du es sogar schon. Dein Instinkt, in diesem Einkaufszentrum zu suchen, war jedenfalls schon mal ziemlich gut. Ich wusste nicht, dass er hier sein würde.« »Ist er das denn?«, fragte ich, doch in dem Moment glühte Grace ein wenig heller und stieg ein Stück nach oben. Endlich kamen Barnabas und Nakita, die sich offenbar irgendwie geeinigt hatten, auf uns zu. Vielleicht hatte sie ja recht. Ich hatte wirklich ein leichtes Kribbeln in meinem Bewusstsein gespürt, als wir über das

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