Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens
als wäre er in den 70erJahren mal modisch gewesen, und ein paar Turnschuhe. Mir wurde ein Zimmer zugewiesen, in das ich schließlich meine Sachen brachte.
Ich war der Zweite, der an diesem Tag das Zimmer betrat und nicht wusste, was ihn erwarten würde. Der Erste war Stephan Remmler, dessen Name zu seinem Leidwesen identisch mit dem des Schlagersängers war, den er allein aufgrund der Tatsache nicht leiden konnte, dass er „Turaluraluralu – Ich mach BuBu, was machst du“ geschrieben und gesungen hatte. Er war zwar größer als ich, machte aber einen schmächtigen und vor allem unbeholfenen Eindruck, so als wüsste sein Körper noch nicht, wohin mit den Extremitäten. Er rückte seine dicke Brille zurecht und streckte mir seine Hand unsicher entgegen. Ich erkannte in ihm einen ähnlichen Außenseiter wie in mir, so dass er mir von Anfang an sympathisch war.
Der Dritte in unserer illustren Runde war Markus Damm, ein sportlicher Typ, dessen blondes Haar stets so aussah, als wäre er gerade aufgestanden. Nachdem ich ihn etwas näher kennengelernt hatte, war ich überzeugt davon, dass meine Vermutung voll ins Schwarze getroffen hatte: Er war buchstäblich aus dem Bett gefallen und nur deshalb so früh in der Kaserne erschienen, weil er ernsthaft befürchtete, in den Knast zu kommen, wenn er nicht rechtzeitig da wäre.
Der vierte Zimmergenosse war Pascal Kruppa, ähnlich sportlich wie Markus und auch ungefähr von derselben Größe, dafür machte er aber schon beim Eintreten den Eindruck, als könne er es gar nicht erwarten, ins Habtacht gestellt zu werden. Seine schwarzen Haare hatte er sich in vorauseilendem Gehorsam bereits auf zwei Millimeter heruntergetrimmt. Ansonsten waren seine auffälligsten Merkmale wohl eine dicke Brille und die Augen mit dem Silberblick dahinter.
Wir stellten uns gegenseitig vor und verstauten unsere Sachen in den Schränken, nachdem wir uns abgesprochen hatten, wer welchen Schrank und welches Bett bekommen würde. Stephan schlief über mir, Pascal und Markus teilten sich das andere Etagenbett. Bis wir zum ersten Antreten herausgerufen wurden, wollte Markus schon wissen, ob wir mit ihm einen Joint rauchen würden. Wir gaben ihm zu bedenken, dass der erste Tag in der Kaserne, direkt bevor wir unsere Vorgesetzten das erste Mal treffen würden, nicht der ideale Zeitpunkt wäre, um sich zuzudröhnen. Er starrte für ungefähr eine Minute mit offenem Mund in die Luft, bis sein Gehirn die Information verarbeitet hatte. Dann nickte er nur und baute weiter an seinem Joint, den er für später aufheben wollte.
Irgendwann wurden wir herausgerufen und sollten uns in einer Reihe auf dem Flur aufstellen. Für einige der Leute war der Terminus „in einer Reihe“ offensichtlich schon zu viel des Guten. Das Ganze war ein einziger Hühnerhaufen. Immerhin hatte ich so eine Gelegenheit, mir die anderen Typen genauer anzusehen. Im Gegensatz zu meiner Stube, in der alle praktisch frisch von der Schule kamen, waren bei den anderen auch Leute dabei, die schon Mitte 20 waren und offenbar für den Wehrdienst ihre Karriere unterbrechen mussten. Einer von ihnen liebte es, laut zu proklamieren, dass dies hier alles Zeitverschwendung sei. Wie ich später hörte, hatte er eigentlich verweigert, war aber aufgrund irgendeiner Formalität doch eingezogen worden. Sein zuständiger Unteroffizier schloss ihn sofort ins Herz. Immerhin schoss er ihm nicht in selbiges, auch wenn einige seiner Kollegen den Eindruck vermittelten, dass es nur eine Frage der Zeit war.
Unser Hauptmann stellte sich vor. Er war ein relativ kleiner Mann mit Adlernase und wachen Augen, die jeden in der Reihe auf Potenzial abzusuchen schienen. Er hielt eine kurze Rede, während der ich nur dachte, dass es bei der Bundeswehr definitiv nicht wie bei „Full Metal Jacket“ zugehen würde. Im Anschluss stellten sich die anderen wichtigen Personen der Batterie vor.
So richtig habe ich nie verstanden, weshalb bei der Artillerie eine Kompanie als Batterie bezeichnet wird. Vielleicht, weil die Worte so schön ähnlich klingen. Jedenfalls erklärte uns der Oberleutnant Landvogt, der ein wenig so aussah, als würde er eine Windel tragen, dass wir zum zweiten Zug der vierten Batterie gehören würden. Dann wurden die Gruppen eingeteilt und unser Zimmer, zusammen mit dem daneben, der dritten Gruppe unter dem Gruppenführer Stabsunteroffizier Anselm zugewiesen. Das war übrigens sein Nach- und nicht sein Vorname. Von nun an war ich also Mitglied im
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